CTOUR-Buchtipp: Norwegen – Ein Länderporträt

Ein Reiseführer ist es nicht und will es auch nicht sein und macht doch mehr bekannt mit Land und Leuten als manches reich bebildertes Kartenwerk – das Länderporträt „Norwegen“ von CTOUR-Mitglied Rasso Knoller. Er stellte es im Rahmen des „Buches des Monats“ des Ch. Links Verlages Anfang Juni in den Skandinavischen Botschaften vor.

Unter den Zuhörern Neugierige, Reiselustige und „Exil“-Norweger, wie der Journalist Dag Yngland, der seit 20 Jahren aus Berlin für norwegische Zeitungen berichtet.
Als Jugendlicher vom „Skandinavien-Virus“ infiziert, bereiste Rasso Knoller jeden Sommer die nordischen Länder, studierte Skandinavistik und arbeite als Redakteur in Finnland und Übersetzer bei den Olympischen Spielen in Lillehammer. Auch heute noch ist er mindestens einmal im Jahr zwischen Nordkap und Öresund unterwegs. Er könne sich eben nicht für ein Land entscheiden, meinte der gebürtige Bayer verschmitzt, und so schreibt er eben Bücher über alle nordischen Länder.
Trotzdem schafft er es, dem Naturell der Skandinavier sehr nahezukommen, was bedeutet, dass er sich zumindest als „Halb-Norweger“, „Halb-Schwede“ usw. von den Einheimischen akzeptiert wird und das ist schon eine Leistung. Er habe sogar als Norweger noch Überraschendes über seine Landsleute erfahren, meinte auch Dag Yngland.

Titel NorwegenGleich im ersten Kapitel beschäftigt sich Rasso Knoller mit der in Deutschland so unverständlichen „Duz“-Manie. Jeder duzt jeden sofort und permanent in Norwegen, mit leichten Abstufungen wie „Du, Peter“ oder „Du, Müller“. Einzige Ausnahme ist die königliche Familie. Norwegen ist eben ein Land mit extrem flachen Hierarchien. Es gibt zwar auch arm und reich, oben und unten, aber die Schere ist nicht so weit auseinander wie beispielsweise in Deutschland. Und so kann es passieren, dass einem beim Handschuhkauf im Supermarkt plötzlich die Ministerpräsidentin auf die Schulter tippt: „Hallo, Rasso“. Dabei hatten sie sich erst am Abend zuvor bei einem Journalistenempfang kennengelernt. Man stelle sich das mal bei Kaiser’s an der Fleischtheke mit Frau Merkel vor…

Eine andere norwegische Eigenheit ist die „Diktatur des Durchschnitts“. Bloß nicht aus der Menge herausheben, keiner soll denken, er sei besser als der Andere. Ein Klick und schon weiß man, was der Nachbar verdient, in Norwegen können alle Steuerdateien im Internet abgerufen werden. Da wird wohl so mancher deutscher Steuerfahnder neidisch.
Trotzdem strotzen die Norweger vor Nationalstolz und halten sich für besser als der Rest der Welt, zumindest als ihre schwedischen und finnischen Nachbarn, was übrigens auf Gegenseitigkeit beruht. Deshalb können zum Beispiel Schweden niemals „Halb-Norweger“ werden! Hingegen aber war Kultfigur Horst „Derrick“ Tappert „Halb-Norweger“, weil er eine Fischerhütte am Meer besaß.

Etwas ungläubig staunten dann die Zuhörer, als Rasso Knoller von den ausgedehnten, feucht-fröhlichen Abiturfeiern erzählte, die in Norwegen v o r den Prüfungen stattfinden und sich inzwischen zu einer ganze Feierindustrie entwickelt haben. Eine offensichtlich schlaue Taktik, wie das Pisa-Ranking beweist.

Ein Kapitel des Buches beschäftigt sich auch mit dem Verhältnis der Norweger zu den Deutschen. Im Allgemeinen sind Deutsche willkommen, es sei denn, sie machen Urlaub mit einem Wohnmobil! Wer das demnächst vorhat, sollte sich unbedingt dieses Buch kaufen. Aber auch für alle anderen Interessierten bietet es viel Wissenswertes – kurzweilig und pointiert geschrieben.
Norwegen
Rasso Knoller
Ch. Links Verlag GmbH
ISBN: 978-3-86153-646-8
16,90 EUR