Hausboot-Pionier Harald Kuhnle

CTOUR präsentiert: Mit Harald Kuhnle im Gespräch

Hausboot-Pionier und Geschäftsführer von Kuhnle-Tours GmbH


PSW: Seit wann sind Sie schon im Chartergeschäft?

Harald Kuhnle: Seit über 30 Jahren. Angefangen habe ich im Winter 1980/1981 mit einer Atlantiküberführung und dem Versprechen, dem Eigner zahlende Mitsegler zu vermitteln. Im Januar 1982 hatte ich meinen ersten Stand auf der boot in Düsseldorf. Hier bekam ich schnell mit, dass niemand in Deutschland die Hausboote professionell direkt anbietet, das ging immer nur über Reisebüros. Eine Marktlücke, dachte ich mir und sagte den Hausbootvermietern „Okay, ich bring euch Kunden“.

PSW: Wie viele Boote umfasst Ihre Flotte?

Harald Kuhnle: In Deutschland sind es etwas über 100 Hausboote, 130 insgesamt mit Frankreich und Polen. Dazu kommen noch Sportboote, Segelyachten und -jollen.

Hausboot-Pionier Harald Kuhnle
Hausboot-Pionier Harald Kuhnle


PSW: Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?

Harald Kuhnle: Auf der Kuhnle Werft GmbH in Rechlin an der Müritz arbeiten 33 Mitarbeiter. Die Kuhnle-Tours GmbH beschäftigt 40 Mitarbeiter, davon sind über 30 in Mecklenburg-Vorpommern angestellt, die meisten davon am Firmensitz im Hafendorf Müritz, einige davon aber auch an unseren Standorten Stralsund, Schwerin und Granzow.

PSW: Welche Bedeutung hat eigentlich Zeit für Sie?

Harald Kuhnle: Bevor ich Familie hatte, waren meine Arbeitszeiten von morgens nicht ganz so früh bis spät nachts. Damals lebte ich in Stuttgart und fuhr häufig nachts noch nach M-V hoch. Mit Frau und Kindern und dem Umzug an die Müritz hat sich das dann schnell geändert. Eine gemeinsame Mahlzeit am Tag ist uns wichtig, auch das Wochenende darf nur im Notfall geopfert werden. Bei den Mitarbeitern fällt es mir aber trotzdem schwer einzusehen, dass ein Schwätzchen mit Zigarettenpause auch produktiv sein kann.

PSW: Wie gestalten Sie persönlich Ihre Auszeiten?

Harald Kuhnle: Viel Zeit verbringen wir natürlich im Sommer miteinander auf dem Hausboot – selbst wenn wir nur zum Ankern und Baden um die Ecke fahren. Im Winter baue ich mit meinem Sohn stundenlang an unserer Modelleisenbahn. So ein gemeinsames Projekt, auch das Reisen oder abends gemeinsam zu kochen, das bringt uns dazu, die wenige Zeit, die wir miteinander haben, intensiver zu erleben. Urlaub wird mit der Familie verbracht, nicht immer auf dem Hausboot, denn wir segeln alle gerne und fahren Ski. Aber auch Ferienwohnungen und Wohnmobile haben wir schon gemietet. Ansonsten bin ich Anhänger der Slow-Food-Bewegung, ziehe meinen eigenen Salat und koche ein. Meine tägliche Mini-Auszeit ist die knappe Viertelstunde, die ich von zu Hause in den Hafen radele.

PSW: Worin liegt Ihrer Meinung nach der Reiz von Hausbootfahrten?

Harald Kuhnle: Nachmittags fällt unser Anker auf Grund, die Taucherflossen kommen aus dem Staufach unter der Koje und alle springen ins Wasser. Nach der Badepause faulenzen wir auf unserer einsamen Badeinsel in der Müritz und das Modellboot zieht Kreise um meine Luftmatratze. Zwischendurch versuche ich die Bedienungsanleitung meiner neuen Kamera zu verstehen, bis ich ein Bier brauche. Das Tolle an der Zeit auf dem Boot ist, dass jeder tun und lassen kann, was er will, man gleichzeitig zu Hause und unterwegs ist und jeder genug Freiheiten hat und sich auch mal zurückziehen kann. Kombinieren lässt sich das Bootfahren auch noch mit Radtouren, mit Angelversuchen, mit Museumsbesuchen und vielem mehr.

PSW: Wie fördern Ihrer Meinung nach Natur und Landschaft dies?

Harald Kuhnle: Nur mit intakter Natur und schöner Landschaft wird Bootfahren zu dem, was es ist. Wir waren die ersten, die konsequent in alle unsere Boote Fäkalientanks eingebaut haben. Erst kürzlich war die Wasserschutzpolizei bei uns zu Besuch und hat uns und unsere Boote gelobt: Die Tanks sind so dimensioniert, dass man auch mehrere Tage unterwegs sein kann, ohne ständig abzupumpen. Aber ich schweife ab. Fakt ist, dass alles in MV deshalb so viel Spaß macht, weil Natur und Landschaft einmalig sind – auch wenn ich als im Schwabe durchaus auch Berge gerne sehe.

PSW: Was ist Ihrer Meinung nach das Einmalige an der Region Schweriner See?

Harald Kuhnle: Die Kombination aus einer tollen Seenlandschaft und einer wirklich attraktiven Stadt mit viel Kultur, Kunst, Museen und Events. Hier kann ich tagsüber vor Anker liegen baden und schnorcheln und abends bei den Schlossfestspielen ein Open-Air-Spektakel genießen und danach noch in einer guten Weinbar einkehren. Auch die Gastronomie in Schwerin zieht Gäste an den See. Und unsere Hausboot-Basis mit Blick aufs Schloss ist eine der schönsten im Land. Das kann man alles mit dem Hausboot – ohne Führerschein – erleben und entdecken. Ist doch eigentlich ein Traum, oder?

PSW: Als Fan dieser Wasserlust kann ich das nur uneingeschränkt bejahen.
Vielen Dank für Das Gespräch!

Mit Dipl-Ing. Harald Kuhnle sprach SeereisenMagazin-Chefreporter und CTOUR-Mitglied Dr. Peer Schmidt-Walther (PSW) Mitte März 2012.

Foto: Kuhnle-Tours