Ägypten – Land der Pharaonen, Pyramiden und Tempel
Es ist nicht mehr das, was Touristen seit Jahrzehnten zu kennen glauben Das Land am Nil erlebt seit dem Sturz des fossilen Machthabers Mubarak einen gesellschaftlichen Umbruch. „Revolution“ nennen es die Enthusiasten – „arabischer Frühling“ die Realisten.
Ob Revolution oder demokratischer Umbruch, jede gesellschaftliche Veränderung, insbesondere wenn sich keinerlei Modelle kopieren lassen, birgt Gefahren der Fehlentwicklungen oder gar des Scheiterns. Ausgetragen werden die Widersprüche meist auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung. In einem auf income-Tourismus stark ausgeprägtem Land macht sich das Fernbleiben vor allem der Nil-Reisenden besonders schmerzlich bemerkbar. Klarer Verstand, Mut und Hoffnung sind ideelle Voraussetzungen und Begleiter für das, was sich derzeit am Nil politisch und wirtschaftlich tut.
Als Reise- und Fotojournalist nahm ich an einem außergewöhnlichen Auftrag teil. Eine Recherche- und Erlebnisreise entlang des Nils nach dem Sturz des deutlich muslimisch orientierten Präsidenten Mursi durch den Generalstab. Die Reise schien mit Risiken verschiedenster Art verbunden: Reisebeschränkungen auf Grund politischer und damit verbundener persönlicher Sicherheit, mögliche informelle Manipulation, Gruppenzwang, hygienische Mängel. Nichts dergleichen, wie sich zeigte!
Ich erlebte Destinationen und intakte Infrastrukturen am Nil, die gegenwärtig jedem Touristen sicher zur Verfügung stehen, der sich nicht auf einseitige Informationen verlässt.
Gemessen an europäischen Normen nahm ich durchaus Widersprüche wahr. Doch als Reisender erfuhr ich ein afrikanisches Land mit besten klimatischen und touristischen Voraussetzungen, mit flexiblen Reiseveranstaltern, professionellen Logistikern und Guides, First-Class-Hotellerie, sicheren und luxuriösen Kreuzfahrtschiffen, vorzüglicher Gastronomie, spannender authentischer Kultur, temporär präsenter aber unaufdringlicher Security und offenen medizinischen Einrichtungen.
Vor allem beeindruckte mich die Begegnung mit Menschen, die – egal wo man sie trifft – willkommen ihre Arme öffnen. Menschen, die mit freundlicher Gelassenheit jeden noch so ausgefallenen Gästewunsch erfüllen. Und eine befreite Jugend, die mit ihrer Fröhlichkeit – die keine „Militärregierung“ je erzwingen kann – mich den „Rest der Welt“ vergessen ließ.
Es bedurfte nicht Tage, nicht Stunden, sondern nur weniger Augenblicke und ich war am Nil angekommen.
Neben einem Mammutprogramm an politischen, touristischen und medialen Veranstaltungen gab es für mich auch Momente des besinnlichen Rückzugs. Momente, in denen ich die Schönheiten und den Reichtum des Landes, das Leben am Nil und in den Städten, die lebendigen Traditionen der Fellachen, Nubier und der Kopten und schließlich die jedem Umbruch immanenten und jedem interessiertem Beobachter wahrnehmbaren Kontraste des Alltags spüren konnte.
Für mich als publizistischen Fotografen waren diese Begegnungen Eldorado und Herausforderung zugleich. Die Kamera wurde Teil meines Körpers. Aus der Fülle unzähliger Tag- und Nachtaufnahmen eine stringente Auswahl zu treffen, ist selbst für einen Profi schwierig. Sie wird den Erlebnissen und Eindrücken, die sich meinem Herzen und meinen Augen boten, nicht im Geringsten gerecht. Dennoch muss ich mich entscheiden.
Kontraste in Form, Licht und Farben, die sich teils mystisch, teils melodisch zu einem ästhetischen Bild komponieren, erzählen antike Geschichten in der Moderne. Es ist ein Versuch, die kulturellen Schätze Ägyptens vom Staub der Jahrtausende zu befreien, um sie dem Reisenden von heute in neuem Glanz zu präsentieren.
Gesichter des Nil in der nordafrikanischen Kultur, die man als Reisender am besten versteht, indem man sich nicht als abendländischer Missionar gibt, sondern sich als bescheidener Gast integriert. Hier, in Berlins Straßen, am Ufer der Spree und auf manchen heimischen Volksfesten vermisse ich das, was sich mir entlang des Nils für ein Lächeln bot.
Ich stelle zwei Bilderserien neben einander. Nur so lassen sich meiner Meinung nach Kontraste und Gesichter des Nil im neuen Ägyptens verstehen. Dem Rezipienten ist es überlassen, zusammenzufügen was ihm passt.
Weitere visuelle Impressionen unter: www.fotac.de
Fotos: Wolf-Georg Kirst, FOTAC PresseBild