Der bekannte Schifffahrts- und Reisejournalist, Film- und Buchautor, Kapitänleutnant der Reserve, FH-Dozent für Seetouristik, Dr. Peer Schmidt-Walther – Kürzel PSW – hat am19.Juli – mitten im finnisch-karelischen Wald- und Seengebiet – seinen, man glaubt es kaum, 70. Geburtstag gefeiert. Fernab jeglichen Trubels. Ganz nach seinem Geschmack: mitten in der Natur, ohne Handy, Internet oder Strom. So wie sein Stralsunder Freund Marinemaler Thomas-Michael Quatsling gratuliert ihm natürlich auch die Reisejournalisten-Vereinigung Berlin/Brandenburg (CTOUR), der er seit vielen Jahren als maritimer Experte angehört, ganz herzlich.
1991 promovierte PSW nach zahlreichen Reisen, u. a. auf Forschungsschiffen und Eisbrechern, zum Dr. rer. nat. an der Universität Greifswald (bei dem Stralsunder Prof. Dr. Hans-Dietrich Birr) über die Küsten der russischen Arktis. Über seine zahlreichen weltweiten Seereisen auf Frachtern, Großseglern und Kreuzfahrtschiffen berichtet er – mit einer jährlichen Zeit von rund sechs Monaten an Bord – in Text und Bild als freier Journalist seit über 30 Jahren für Reise- und Special-Interest-Magazine sowie Tages-, Wochen- und Fachzeitschriften. Als Berichterstatter hat es ihn sogar schon drei Mal zum Nordpol und in die Antarktis verschlagen. Zukünftige Touristik-Manager führt er an der FH Stralsund in den maritimen Tourismus ein.
Durch sein Engagement um die Rückholaktion der „Gorch Fock“ (I), die seine Frau am 29.11.2003 taufte, Anläufe von Kreuzfahrtschiffen und zahlreiche Veröffentlichungen hat er sich auch nachhaltig für die Stärkung der maritimen Rolle der Hansestadt Stralsund eingesetzt und verdient gemacht.
Im Juni war er gemeinsam mit dem renommierten Berliner Yachtcharter Rainer Löber und CTOUR-Vorstandssprecher Hans-Peter Gaul rund um die Müggelberge on Tour. Dabei gab’s auch ein Wiedersehen mit den neuen Fährschiffen aus seiner Wahlheimat Stralsund. Hier nun die PSW-Berichte über die neue Fähre auf der Dahme und die Tour rund um die Müggelberge sowie ein Interview mit Rainer Löber.
Zu Besuch bei den FÄHR BÄRen in Berlin
Wer im Berliner Bezirk Köpenick von Grünau über den Fluss Dahme nach Wendenschloss übersetzt, staunt nicht schlecht: Am Bug weht die Stralsunder Flagge, im Mast die der Weißen Flotte vom Sund. „Unser rotes Tuch in der Hauptstadt, das hebt doch ganz erheblich“, wie ein Mitfahrer nicht ohne Stolz bemerkt.
Seit Mai diesen Jahres sind vier Solarschiffe auf den Berliner Gewässern im Osten der Stadt im Einsatz. Im Auftrag der Berliner Verkehrs Gesellschaft (BVG), bereedert von der Weißen Flotte Stralsund, aber Betrieb durch die Berliner Traditions-Reederei Stern und Kreisschifffahrt. Auch das, ebenso wie der Hiddenseeer Heimathafen am Heck, eine Besonderheit.
Getauft wurden sie auf den Namen FÄHR BÄR mit den Ziffern 1 bis 4. Es sind deutschlandweit die ersten solarbetriebenen Wasserfahrzeuge, die im öffentlichen Nahverkehr im Einsatz sind, entwickelt und gebaut für drei Millionen Euro von der Stralsunder Firma Formstaal am Frankenhafen. Berlin ist damit – dank innovativer Technik vom Sund – Vorreiter für den CO2-freien Transport auf dem Wasser.
Kapitän Bernd Stoewhase ist voll des Lobes über den 18-Meter-Katamaran, mit dem er im Minutentakt über den Fluss setzt: „Nüscht zu riechen, kaum wat zu hören und jut zu fahren“, bringt er die Eigenschaften „seines“ BÄHRen berlinisch knapp auf den Punkt.
Ist ein Tagesausflug in die Köpenicker Müggelberge geplant, sollte man sich den Stralsunder Fähr-Spaß über die hauptstädtische Dahme gönnen.
Rund um die Müggelberge
Am Anfang stand die Fähre: mit dem solargetriebenen FÄHR BÄR ging´s umweltfreundlich von Grünau über die Dahme nach Wendenschloss.
Gleich neben dem Anleger am historischen Fährhaus eine Marina mit Yachten vom Feinsten. Die weiße AMELYA startet an diesem Juni-Abend zu einer Sonderfahrt rund um die Müggelberge. Schiffig und maritim – so könnte man den Stil des edlen Wasser-Gefährts bezeichnen. Dafür zeichnet Rainer Löber verantwortlich. Der Dipl.-Ing. mit Heiligendammer Innenarchitektur-Ausbildung ist nicht nur Besitzer von Yachtcharter Löber (www.charter-berlin.de), sondern er entwirft auch das Design seiner Schiffe, inzwischen auf zehn angewachsen, die in Holland gebaut werden.
Der „hauseigene“ Skipper Uwe Hacker, der sonst seine Gäste in die Boote einweist, hat an diesem Tag das Ruder in der Hand. Der Kurs führt bei schönstem Sommerwetter einmal rund um die Müggelberge: die Dahme abwärts, an Köpenicks Altstadtinsel und dem USE Event-Schiff „ars viventi“ an der Freiheit 15 vorbei quer über den Müggelsee durch Klein-Venedig bis zum Dämeritz-See. Stilechte Pause mit Boulette, Fisch und Kartoffelsalat in der urigen „Kelling’s Schifferstube“, dessen Besitzer sie komplett maritim gestaltet hat.
Beim Ablegen bricht die Sonne unter den Wolken hervor und taucht den Dämeritz-See in ein goldenes Licht. Passend zu den Schönen und Reichen, die in ihren Villen am Seeufer logieren. Durch den stillen Gosener Kanal und über den idyllischen Seddinsee – fast wie in Finnland – steuert „uns Uwe“, wie er inzwischen seemännisch kurz genannt wird, an der traditionsreichen Grünauer Regattastrecke entlang wieder den Heimathafen an. Die Positionslaternen kontrastieren zum pastellfarbenen Himmel über Berlin, der die kurzen Nächte ankündigt, denn Mittsommernacht ist nicht mehr fern.
Beseligt zieht die Crew von dannen, nur der Berichterstatter darf zum Übernachten an Bord bleiben und dem Gluckern der Wellen an der Bordwand lauschen.
Gespräch mit Rainer Löber von Yachtcharter Löber, Berlin-Köpenick
Dr. Peer Schmidt-Walther (PSW): Welche Ausbildung verbirgt sich hinter dem Dipl.-Ing?
Löber: Dipl. Ing. Innenarchitektur
PSW: Wie kommt man dann dazu, sich mit Yachtcharter zu befassen?
Löber: Ein klassischer Fall: vom Hobby zum Beruf. Herangeführt an dieses Hobby hat mich 1989 während meines Studiums der neue Gründungsdekan unserer Fachhochschule: Prof. Klaus-P.Görge (damals auch Vorsitzender des Bundes der Innenarchitekten in Deutschland). Damals half er nicht nur in den Wirren der Nachwendezeit unsere Fachhochschule für angewandte Kunst Heiligendamm neu zu strukturieren und vor der Schließung zu bewahren, sondern er nahm sich seiner neuen Studenten aus der ehemaligen DDR mit sehr großer Fürsorge und viel Idealismus an. Wir waren sein erstes Semester an dieser Fachhochschule, was uns das Glück bescherte, mit seinem Segelboot, einer in Kiel liegenden X-Yacht, mitsegeln zu dürfen. Dies taten wir dann gleich zehn Jahre in Folge. Wir sind heute noch befreundet und meinen Drang zum Wasser habe ich ihm zu verdanken. Dafür bin ich ihm natürlich sehr dankbar.
PSW: Worauf ist die Standortwahl an der Dahme in Wendenschloss zurückzuführen?
Löber: Berlin-Köpenick und dort wiederum der Ortsteil Wendenschloss gehört zu den landschaftlich schönsten Gegenden Berlins. Zudem ist man von unserem Charterstützpunkt innerhalb sehr kurzer Zeit in der City Berlins oder aber auch in allerkürzester Zeit in einem wunderbaren Wassersportrevier, dem vermutlich schönsten und größten Wassersportrevier Europas.
PSW: Der Start ins Geschäft war sicher nicht leicht. Worin bestanden die Schwierigkeiten?
Löber: Es machte natürlich einige Arbeit, die Unternehmensgruppe aufzubauen, aber es war leichter als vermutet. Meine Nachwendegeneration hatte sehr viel Glück. Mit ein wenig Kreativität und Willen, seine Träume umzusetzen, hatte man plötzlich ungeahnte Möglichkeiten. Heute ist dies vielleicht nicht mehr so einfach. Meine vor 18 Jahren neugewonnene Selbstständigkeit hatte mir zudem von Beginn an sehr viel Freude bereitet und macht es heute noch. Zudem haben mein Team und ich mehrere touristisch orientierte Standbeine, welche sich gegenseitig befruchten und das Geschäftsrisiko verringern. So zum Beispiel den Yachthafen, einen Wohnmobilstellplatz, mehrere Gästezimmer und ein Handelsunternehmen für schmiedeeiserne Zaunanlagen, die Zaunkönig-Wendenschloss GmbH. Letzteres ist zwar weniger touristisch orientiert, aber wir gelten als einer der Trendsetter. Dieser Erfolg kommt auch den anderen Betätigungsfeldern zu Gute.
PSW: Sie entwerfen das Design Ihrer Boote selbst und lassen sie in Holland bauen. Was hat das für Vorteile?
Löber: Vielleicht besser so: Ich bringe sehr viele prägnante Ideen und Gestaltungswünsche mit ein. Nicht nur die Ästhetik und das Design sind mir wichtig, sondern auch das die Schiffe speziell auf unsere Charterkunden „zugeschnitten“ sind. Dies gelingt durch unsere 17-jährige Erfahrung auf dem Chartersektor. Das Wohlfühlen unserer Kunden liegt uns sehr am Herzen. Holland ist in diesem speziellen Sektor, dem Stahlyachtbau, mit Abstand der Marktführer in Europa. Viele der großen Werften haben jedoch leider die Zeit der Krise in den vergangenen Jahren nicht überstanden. Sie waren meines Erachtens auf Grund ihrer Größe zu unflexibel. Viele kleinere Familienunternehmen haben diese Zeit aber mit sehr viel Arrangement, Flexibilität und natürlich auch Idealismus überlebt. Mit ihnen zu arbeiten und ein Schiff gemeinsam zu entwickeln, zu gestalten, seine eigenen Ideen und Vorstellungen mit einbringen zu können, macht mir – als eigentlicher Gestalter – natürlich besonders viel Spaß.
PSW: Welche Voraussetzungen braucht man, um eins Ihrer Boote zu chartern?
Löber: Den Bootsführerschein Motor-Binnen.
PSW: Was macht den Reiz von Hausboot-Ferien aus?
Löber: Zurück zur Langsamkeit oder Neudeutsch: Entschleunigung. Dies hören und sehen wir bei unseren Kunden immer wieder. Sie kommen von der Autobahn voller Hektik, beladen in Windeseile ihr Urlaubsdomizil und ab geht es mit Vollgas aus dem Hafen. Wenn sie zurückkommen, geht plötzlich alles ganz ruhig und langsam von statten. Sie sind dann sichtlich „entschleunigt“.
PSW: Welche wichtigen Tipps geben Sie Einsteigern?
Löber: Nicht zu viel auf einmal vornehmen. „Treiben“ lassen. Sich Zeit nehmen um die Natur und Tierwelt zu entdecken und bewusst zu erleben. Vielleicht zum ersten Mal nicht gleich in das „lebendige“ Berlin fahren. Sofern man sich unsicher fühlt, vielleicht noch eine Stunde Skipper-Training buchen. Dies kann man auch kurzfristig vor Ort bei einer angegliederten Bootsfahrschule. Auch wenn es in unserem Revier zum Glück nicht viele Schleusen gibt, welches langes Warten erspart, sollte man sich schon Zuhause mit der Theorie des Schleusens vertraut machen.
PSW: Haben Sie ein Lieblings-Revier?
Löber: Ja, für einen Tagesausflug den fünfstündigen Rundtörn um unsere Müggelberge, einem beliebten Naherholungsgebiet der stadtmüden Berliner. Und für einen Wochentörn eine Tour von Berlin Richtung Scharmützelsee und Prominenten-Villenvorort Bad Saarow oder auch eine Tour von Berlin zur Potsdamer Schlösserwelt und den Havelgewässern. Hier lässt sich beides, Natur und Kultur, hervorragend miteinander erleben. Für beide Törns stellen wir wasserbegeisterten Berlin-Urlaubern Törn-DVDs für ihre Planung zur Verfügung. Diese kann man auf unserer Webseite oder per Telefon anfordern.
PSW: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Fotos: CTOUR/Hans-Peter Gaul (4), Dr. Peer Schmidt-Walther, privat