Ein „unentdecktes“ Reiseziel setzt auf Tourismus
Von Lutz Schönfeld
Pünktlich um 6 Uhr am frühen Morgen setzt der Airbus A330-200 der staatlichen Rwand Air, aus Paris kommend, am Hauptstadtflughafen von Ruanda in Kigali auf. Die Maschine ist, wie eigentlich fast immer, nahezu komplett in allen Klassen ausgebucht. Geschäftsleute, Einheimische sowie Touristen nutzen den Flug ebenso wie regionale Umsteigepassagiere. Der Flughafen fertigte im vergangenen Jahr 1,5 Mio. Passagiere ab und ist inzwischen deutlich zu klein. Ein neuer ist geplant.

Ruanda hat sich, speziell in den vergangenen Jahren, deutlich entwickelt und sowohl als Kongress- und Messedestination (Kigali) als auch als aufstrebendes Tourismusziel inzwischen einen guten Ruf erarbeitet.

Auch Geschäftsleute und Investoren zieht es mehr und mehr in das Land zwischen Uganda, der Demokratischen Republik Kongo, Burundi und Tansania. Haben sich speziell Tansania und inzwischen auch Uganda als touristische Destination über den Kontinent hinaus bereits einen Ruf erarbeitet, so will auch Ruanda hier seinen Weg finden. Umfangreiche Werbekampagnen wie „Visit Ruanda“ und Sportsponsoring blieben auch in Europa nicht unbemerkt.
RDB-Tourismuschefin Irène Murerwa (RDB: Official Rwanda Development Board) erläuterte im Interview (siehe weiter unten), welche Anstrengungen das Land in den vergangenen Jahren in die Verbesserung der touristischen Infrastruktur investierte und warum es dem Land nicht um Massentourismus geht sondern um selektiven Tourismus zum Schutz des fragilen Ökosystems.


Auch die deutschen Reiseveranstalter, die Ruanda im Portfolio haben, sind sich dieser Bedeutung, aber auch der Einzigartigkeit des Landes bewusst und helfen mit, dieses Konzept erfolgreich umzusetzen.
„Man sollte das Land der tausend Hügel einfach nur genießen, das grüne, bergige Landschaftsbild, die Gastfreundlichkeit der Menschen und das Wildlife inklusive Big Five im Akagera Nationalpark, den Schimpansen im Nyungwe Forest Nationalpark und natürlich den Berggorillas im Volcanoes Nationalpark. Am Ende vielleicht noch ein paar Tage Zeit zum Entspannen am Lake Kivu. Ein traumhafter See, der einem wirklich das Gefühl eines Strandurlaubs im Paradis geben kann.“, zieht Matthias Ruch, Geschäftsführer Colibri Travel ein begeistertes Fazit.



Und auch Jeanette Buller von G-Adventures sieht ein großes Potenzial: „In den Städten begegnet man freundlichen Menschen, einem ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl und Museen, die Ruandas Geschichte dokumentieren. Die natürliche Landschaft ist überwältigend: Üppige, neblige Berge durchziehen das Land, während Gorillas und Goldmeerkatzen in den Wäldern leben. Ruanda gilt immer noch als „unentdecktes“ Reiseziel und bietet eine großartige Gelegenheit, mit lokalen Gemeinschaften in Kontakt zu treten und mehr über ihr Leben zu erfahren.“


Marlen Domagk von DIAMIR wiederum hat noch einige Insidertipps parat: „….eine Wanderung auf einem Teil des Congo Nile Trails. Den haben viele Ruanda-Reisende gar nicht auf dem Schirm. Man kann wandern, mit dem (E-)Bike fahren oder auch verschiedene Abschnitte des Congo Nile Trails per Boot miteinander verbinden. Es entstehen viele Kontakte zu den Einheimischen, weil die Wanderungen durch kleine Dörfer und Plantagen führen. Außerdem haben wir als Geheimtipp den Mount Bisoke im Programm. Aufgrund der Virunga-Vulkankette kann man dort hervorragend wandern. Auch das ist vielen Reisenden nicht bekannt.“


Allen Veranstaltern gemeinsam ist das Bewusstsein, das fragile Ökosystem durch begrenzten Tourismus zu schützen und nicht zu überfordern.
Interview mit
RDB-Tourismuschefin Irène Murerwa
Frau Murerwa, was macht Ruanda als Reiseziel so einzigartig?
Ruanda bietet eine unvergleichliche Mischung aus atemberaubenden Landschaften, reicher Artenvielfalt und einem lebendigen kulturellen Erbe. Ruanda ist auch bekannt als „Land der tausend Hügel“. Besondere Attraktionen sind die gefährdeten Berggorillas im Volcanoes-Nationalpark und natürlich die Big Five-Safari in Akagera herausstreichen.

Wie hat sich der Tourismus im Land in den vergangenen Jahren entwickelt und welche Länder sind am stärksten vertreten?
Ruandas Tourismussektor hat in den letzten drei Jahrzehnten ein bemerkenswertes Wachstum erlebt und sich zu einem führenden Motor der Wirtschaft entwickelt. Die Einnahmen aus dem Tourismus stiegen im Jahr 2023 auf 620 Millionen US-Dollar. Im Jahr 2023 wurden über 1,4 Millionen Besucher verzeichnet, was einen deutlichen Anstieg der internationalen Ankünfte darstellt. Zu den wichtigsten Ländern für Touristenankünfte zählen die Vereinigten Staaten, Deutschland, das Vereinigte Königreich und Frankreich.
Wer ist Ihre Hauptzielgruppe und wie erreichen Sie diese?
Wir zielen auf Besucher ab, die nach einzigartigen, erstklassigen Erlebnissen suchen, wie Gorilla-Trekking, luxuriösen Öko-Lodges und personalisierten Abenteuern.

Darüber hinaus richten wir unseren Fokus auf Geschäftsreisende, die an Meetings, Incentives, Konferenzen und Ausstellungen (MICE) teilnehmen. Unsere erstklassigen Veranstaltungsorte wie das Kigali Convention Centre und die BK Arena sind hier bereits sehr erfolgreich.

Mit Ruandas „Visit Rwanda“-Kampagne haben wir dazu beigetragen, unser internationales Profil zu schärfen und Reisende anzuziehen, die nach einzigartiger Tierwelt, Kultur und hochwertigen Erlebnissen suchen.
Wie ist Ihre Hotelinfrastruktur auf die zunehmenden Touristenzahlen abgestimmt, welche Kooperationen gibt es hier und woher beziehen Sie qualifiziertes Personal?
Unsere Hotelinfrastruktur hat sich erheblich erweitert. Wir verfügen inzwischen bereits über 20.000 Hotelbetten von luxuriösen Ökolo-Lodges bis zu Fünf-Sterne-Hotels landesweit. Weitere Hotels werden in der Nähe von Attraktionen wie dem Nyungwe-Nationalpark und dem Akagera-Nationalpark gebaut. Der Hotelsektor wird von einer Mischung aus internationalen Hotelketten wie Marriott, Radisson Blu und Serena Hotels sowie lokalen Unternehmern verwaltet, die von qualifizierten Fachkräften unterstützt werden, die in Ruandas Hotelfachschulen ausgebildet wurden. Partner aus dem privaten Sektor, darunter große Hotelketten, ergänzen dies mit internen Schulungen, um globale Servicestandards sicherzustellen.



Reisen nach Ruanda sind nicht preiswert, speziell das Gorilla-Trekking. Warum?
Ruanda hat 2017 eine Tourismusstrategie mit geringem Volumen und hohem Wert eingeführt, um Naturschutz, Nachhaltigkeit und das einzigartige Besuchererlebnis in den Vordergrund zu rücken. Die höheren Kosten spiegeln diesen Ansatz wider. Mit kontrollierten und begrenzten Besucherzahlen minimieren wir die Umweltbelastung und schützen das fragile Ökosystem der gefährdeten Berggorillas. Weniger Besucher pro Tag bedeuten auch exklusivere und intimere Begegnungen mit Gorillas, was ein unvergleichliches Naturerlebnis gewährleistet. 10 % der Einnahmen der Nationalparks werden in lokale Gemeinden investiert. Mit dem Erlös werden Schulen, Gesundheitszentren und andere sozioökonomische Projekte finanziert.


© Richard Terborg, Visit Rwanda
INFOS
Das Land
Zentral im Süd-Osten Afrikas gelegen, umgeben von Uganda, Tansania, Burundi und der Dem. Republik Kongo. 13 Mio. Einwohner. Ruanda bezeichnet sich als sicherstes Land in Afrika. Seine Nationalparks beherbergen u.a. 14 Primatenarten sowie 700 Vogelarten. Fläche: 26.338 km² (etwa Mecklenburg-Vorpommern)
Anreise
Rwand Air (mehrmals wöchentlich) aus Paris-CDG, Brüssel-BRU sowie London-LHR), darüber hinaus u.a. Air France aus CDG, Brussels Airlines aus BRU sowie KLM aus AMS jeweils mit Anbindung an das europäische Netz, Kenya Airways, Qatar Airways und Ethiopian Airlines
Visum
Reisepass, gültig sechs Monate über Rückreisedatum hinaus. Vereinfachtes Visaverfahren durch Visa on Arrival. An jedem Grenzübergangspunkt für 50 USD oder E-Visum vorab online über die Webseite der Generaldirektion für Einwanderung.
Zusätzliche Option: gemeinsames Ostafrika-Touristenvisum für Reisen nach Ruanda, Uganda und Kenia.
Änderungen jederzeit möglich, aktuelle Informationen beim Auswärtigen Amt oder den Botschaften und Konsulaten von Ruanda.
Gesundheit
Das Land wurde am 20. Dezember 2024 für frei von der Marburg-Virus-Krankheit erklärt. Empfohlen werden Standardimpfungen sowie Gelbfieber bei Einreise aus einem endemischen Gebiet. Ggf., je nach Reiseregion, Malariaprophylaxe oder Mitführung von Malariamitteln. Ärztliche Vorabberatung ratsam. Ruandas Gesundheitsinfrastruktur ist robust, mit gut verfügbaren medizinischen Dienstleistungen im ganzen Land. Sonnen- und Moskitoschutz nicht vergessen.
Unterkünfte
Gut ausgebaute Hotel- und Lodgeinfrastruktur in allen Kategorien und an allen touristischen Hotspots. Qualifiziertes und gut geschultes Personal, hervorragende Gastronomie.
Kleidung
Den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen je nach zu besuchender Region angepasste, zweckmäßige Kleidung im Zwiebelprinzip; körperbedeckt speziell bei intensiver Sonneneinstrahlung oder als Moskitoschutz (je nach Region) in den Abendstunden. Kopfbedeckung. Geeignetes Schuhwerk für Outdoor-Aktivitäten.
Zeitverschiebung zu Mitteleuropa
Plus eine Stunde im Winter (GMT: +2), im Sommer kein Unterschied
Telefonnetz
Sehr gut ausgebaut, nahezu flächendeckend 4G-Standard
Straßennetz
Hauptstraßen, speziell zwischen den touristischen Regionen, in ausgezeichnetem Zustand, jedoch ausschließlich zweispurig und stark genutzt. In Nationalparks oder zu abgelegeneren Lodges Schotterpisten möglich.
Fotos: Bryan Haveman-Visit Rwanda, Richard Terborg-Visit Rwanda Lutz Schönfeld
