CTOUR vor Ort: Von Sturzflügen und toten Fischen auf der Start- und Landebahn

Kuriositäten aus der Welt der Luftfahrt
Luftfahrtenthusiasten können sich für vieles begeistern:  für ungewöhnliche oder seltene Flugzeugtypen, für ausgefallene Bemalungen von Flugzeugen, für besondere Innenausstattungen, aber auch für schöne Flughäfen mit besonderer Architektur. Einen besonderen Reiz jedoch machen Flughäfen aus, die ein Superlativ „im Titel“ tragen.


So gibt es den höchstgelegenen Flughafen der Welt. Aktuell ist das der  Daocheng Yading Airport in der chinesischen Provinz Sichuan. Er liegt auf 4411 Metern über dem Meeresspiegel und ist damit aktuell der höchste Flughafen der Welt. In der Fertigstellung befindet sich seit einiger Zeit der  Nagqu Dagring Airport in China. Dieser liegt auf 4436 Metern und wird nach seiner Inbetriebnahme neuer Rekordhalter.
Dann haben wir noch die kürzeste kommerziell genutzte Start- und Landebahn. Diese befindet sich auf Saba/Niederländische Antillen. Die kleine Insel hat kaum Platz und noch dazu viele Berge. So blieb nur mühsam erschlossener Raum für eine gerade einmal 400 Meter lange Piste. Diese befindet sich auch noch direkt hinter einem Berg, nach dessen Überflug sich die Maschine quasi im Sturzflug auf die Landebahnschwelle hinab bewegt, um nach dem Aufsetzen mit maximaler Bremsleistung das Flugzeug zum Stehen zu bringen.

Die Runway von Saba: Links der Berg, rechts das Meer.
Über den Berg und im Sturzflug auf die Piste.

Nächster Superlativ: Start- und Landebahn mit der stärksten Neigung (oder Gefälle, je nach Betrachtungsweise): hier kommt Europa ins Spiel und punktet mit dem Flugplatz von Courchevel. Dieser befindet sich in der Mitte eines Skigebietes in den französischen Alpen. Die Landebahn,  in 2000 Meter Höhe gelegen, misst exakt 540 Meter und liegt auf einem Bergrücken. Mit einer Steigung von 18,5 Prozent schaffte sie es ins Guinness Buch der Rekorde. Die Piloten landen „gegen den Berg“ und starten, wie auf einer Rampe, bergab.

Eine weitere europäische Kuriosität ist der Flughafen von Gibraltar. Wenn hier Flugzeuge starten oder landen, kommt der gesamte Straßenverkehr zum Erliegen: die einzige Straße in die Enklave führt direkt über die Landebahn des internationalen Flughafens und wird mit einer Schrankenanlage geregelt.

Der Flughafen von Gibraltar, an beiden Runway-Enden das Meer.
Die einzige Straße auf die Enklave führt direkt über die Landebahn.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bevor wir jetzt zum absoluten Higlight kommen, soll noch der Flughafen von St. Maarten mit dem weltberühmten Mao Beach Erwähnung finden. Der Princess Juliana International Airport,  auf dem niederländischen Teil der Insel St. Martin in der Karibik gelegen, ist schon seit langer Zeit ein Eldorado für Luftfahrtfreaks .

Knapp über die Köpfe der Strandbesucher schweben die Flugzeuge zur Landung ein.

Wo sonst kann man, direkt am Strand liegend, von Jumbo Jets in geringer Höhe überflogen werden. Wenige Meter hinter dem Strand befindet sich der Airport und unmittelbar der Aufsetzpunkt der Landebahn. Hartgesottene halten sich am Zaun fest und lassen sich in die Waagerechte „blasen“, wenn die startenden Flugzeuge vollen Schub geben. Nicht selten kommt es dabei zu Verletzungen.

Auf einem Surfboard vermerkt die Bar am Mao Beach die kommenden Landungen.

Und nun zum Highlight eines jeden Luftfahrtfans, dem exotischsten Flughafen der Welt. Eigentlich ist die Bezeichnung Flughafen im herkömmlichen Sinne irreführend. Wie bezeichnet man etwas, was nicht wirklich als solches sichtbar und erkennbar ist, was drei Start- und Landebahnen hat, deren Richtung variiert, etwas, wo auch schon mal tote Fische auf der Piste liegen können, wo nach der Landung die Gischt meterhoch spritzt und wo Muschelsucher bei anstehenden Landungen eiligst durch Flughafenfahrzeuge aus dem Watt geholt werden müssen?

Die Runway von Barra, im Hintergrund der Tower und das Terminal.

Die Rede ist von Barra auf den Äußeren Hebriden (Schottland). Hier bestimmen Ebbe und Flut den Flugplan, hier erfolgt die weltweit einzige Landung von Linienflügen auf einem Strand! Das funktioniert nur bei Ebbe, also in einem recht kurzen, sich regelmäßig ändernden Zeitfenster. Diesen nutzt die kleine Airline Loganair, um im Auftrag des schottischen Auftraggebers Highland & Islands Airports LTD. (HIAL) auf zwei von der Regierung subventionierten Linienflügen am Tag Passagiere und teilweise auch kleinere Fracht (Lebensmittel, Post etc.) zwischen Glasgow und der Insel zu befördern.

Die Maschine von Loganair auf ihrer Abstellposition, dem Strand von Barra.
Fertig zum Rückflug nach Glasgow. Beobachter werden vor aufgewirbeltem Sand beim Start im Watt eindrücklich gewarnt.
Im Cafe, gleichzeitig Abflugbereich, warten die Passagiere auf ihren Flug.

Und auch für den Flughafenbetreiber ergeben sich hier sehr spezielle Herausforderungen. So besteht eine ihrer Hauptaufgaben – die „Start- und Landebahn“ einsatzbereit zu halten – darin, nach jeder Flut bei Ebbe die Festigkeit des Wattbodens zu prüfen und ggf. zu verdichten; und es kommt auch schon einmal vor, das neben zurückgebliebenem Treibgut auch tote Fische zu entfernen sind. Größter „Fang“: ein toter Delphin!. Im August 2016 feierte der Airport bereits seinen 80. Geburtstag, von seiner Exotik für die Enthusiasten hat er nichts eingebüßt.

Fotos: Lutz Schönfeld