Lückenschluss bei der Berliner U5
Für Touristen und Berliner unübersehbar – Baustellen in der Stadt-Mitte.
Dazu die ewige leidige Diskussion um die Kosten. Und damit hat die Hauptstadt Erfahrung: BER, Staatsoper, Humboldt-Forum, Staatsbibliothek – überall dauerte es länger und wurde teurer. Warum ist das so? Und warum war auch das U-Bahn-Bauvorhaben “Lückenschluss U5“ davon nicht ausgeschlossen?
Ein Blick in den „Abgrund“ lohnt sich.
Eine Stadt schöpft ihre Anziehungskraft auch daher, wie gut ihre Infrastruktur ist. Berlin ist da vergleichsweise gut dran: mit S-Bahn, Bus, U-Bahn, Straßenbahn. Und doch ruckelt das alles immer wieder (mit Ausstattung, mit Pünktlichkeit, mit Service usw.) – und Bauarbeiten dauern elendig lange.
Eine über 30 Mitglieder starke CTOUR-Gruppe wollte sich vor Ort an der InfoStation Rotes Rathaus ein eigenes Bild machen. Kommunikationschefin Stephanie Niehoff von der BVG Projekt GmbH war unsere charmante, auf alle Fragen auskunftsbereite, auch in englisch antwortende, alle Details wissende und immer noch U5-begeisterte Begleiterin.
Die Planungen der U5 vom Alexanderplatz zum Hauptbahnhof begannen schon in den 1990er Jahren. Doch zunächst wurde „nur“ die U55 realisiert, vom Hauptbahnhof bis zum Brandenburger Tor (2009 eröffnet). Das „übrig gebliebene“ Budget für den Lückenschluss betrug 433 Mio. Euro. Nachdem klar war, wie die drei neuen Bahnhöfe Rotes Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden aussehen sollen, ergab die neue Kalkulation im Jahre 2013 die Summe von 525 Millionen Euro.
Zu einem „moderaten Kostenanstieg“ wird es schlussendlich kommen, und das halten die Verantwortlichen für durchaus „im Rahmen“.
„Wir stehen gut da, bei den Kosten und bei der Fertigstellung.“
Stephanie Niehoff
Was die Baustelle so besonders machte, zeigt eine Ausstellung auf der Zwischenebene der InfoStation mit vielen Fotos, Zahlen und Grafiken,
den Architektenmodellen, Materialproben und natürlich der „Heiligen Barbara“ – der Schutzpatronin aller Bergleute.
Jeder der drei neuen Bahnhöfe hat seinen eigenen Architekten, seine eigene Baugeschichte und die einzelnen Leistungen der Beteiligten.
„Wir haben formale Schönheiten“,
sagt Stephanie Niehoff zu den Bahnhofs-Neuzugängen.
Und das sind ihre „Steckbriefe“.
Bahnhof Rotes Rathaus: Architektenbüro Collignon, Besonderheit – Stützköpfe in Trichterform, die wie Pilze aussehen, Farben Schwarz und Weiß dominieren, handgeschliffene Terrazzofliesen an der Wand, Herausforderung – architektonische Funde.
Bahnhof Museumsinsel: Architektenbüro Professor Max Dudler, Besonderheit – Sternenhimmel in der gewölbten Bahnhofsdecke mit 7200 Lichtpunkten, gilt als „Kulturbahnhof“, Herausforderung – Bahnhof liegt unter dem Spreekanal, Bodenvereisung für die bergmännische Bauweise mit Tunnelvortriebsmaschine „Bärlinde“, Bauverzögerungen durch Wassereinbruch.
Bahnhof Unter den Linden: Architekten Ingrid Hentschel und Professor Axel Oestreich, Besonderheit – Kreuzungsbahnhof zur U6 mit drei Ebenen – 50.000 Fahrgäste pro Tag werden erwartet, Herausforderung – alter U6-Tunnel wurde abgerissen und ein neuer gebaut, 54 Linden wurden gefällt, die nach Eröffnung wieder neu gepflanzt werden.
Bis zur Eröffnung (Rathaus und Unter den Linden Ende 2020, Museumsinsel 2021) geht der Innenausbau voran.
„Viele denken, Ausbau, das ist ein bisschen Tapete und fertig. Aber das ist es eben nicht.“
Stephanie Niehoff
Am Bahnhof Rotes Rathaus werden 3.000 Terrazzoplatten verarbeitet, alle in Handarbeit in einer Babelsberger Firma hergestellt, etwa die Hälfte sind Einzelstücke. Das heißt, sie passen nur an einer Stelle, und die Abfolge der Montage folgt einem punktgenauen Plan.
Noch eine Ebene tiefer befindet sich die sogenannte Kehr- und Aufstellanlage, die an den alten Alextunnel (90 Jahre alt) anschließt. Der Blick in den Tunnel ist nur noch jetzt möglich. Nach der Inbetriebnahme werden hier U-Bahnzüge „geparkt“.
Seit Anfang 2020 heißt das Projektteam „Lückenschluss U5“ nun „BVG Projekt GmbH“. Und wird sich auch in den kommenden Jahren mit besonderen Aufgaben beschäftigen. So zum Beispiel die Instandsetzung des Waisentunnels zwischen der U5 und der U8 am Alexanderplatz. Dort wird derzeitig auch Bodenmaterial in Größenordnung ausgehoben und durch leichteres Material ersetzt, damit die Tunneldecke der darunter liegenden U-Bahn nicht zu sehr belastet wird.
Immer wieder standen alle U5-Beteiligten vor enormen technischen Herausforderungen, Preissteigerungen bei den Baukosten und nicht vorhersehbaren Verzögerungen. Wenn die U5 fertig ist, wird ein besonderes Bauprojekt zu Ende sein, das diesen Namen tatsächlich verdient.
Und aus 10 U-Bahnlinien mit der U55 und der U5 werden wieder neun U-Bahnlinien, denn die U5 fährt dann von Hönow bis zum Hauptbahnhof durch.
www.projekt-u5.de
Fotos: Sylvia Acksteiner, Frank Pfuhl, BVG Projekt GmbH