Berlins einzige Sprachschule mit eigenem Campus befindet sich seit 2005 in der Berliner Kastanienallee 82. Das GLS*-Sprachen-Zentrum, 1983 gegründet und seitdem mehrfach als Star School Germany ausgezeichnet, besteht heute aus fünf Gebäuden der ehemaligen Gustave-Eiffel-Oberschule. Rundum schmückt den Campus – moderne Seminar- und Tagungsräume, eine Cafeteria, das Hotel „Die Schule“ – eine gepflegte Grünanlage.
Von hier aus schaute Barbara Jaeschke, Inhaberin und Direktorin des ganzen Komplexes, täglich auf die heruntergekommene Volksbadeanstalt gleich ums Eck in der Oderberger Straße 57, 1902 im Neorenaissance-Stil erbaut. Das einst attraktive Gebäude, 1898 von Ludwig Hoffmann konzipiert, hatte den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden. 1986 jedoch musste die Schwimmhalle wegen Risse im Beckenboden schließen. Zu DDR-Zeiten gab es Pläne, die alte Schwimmhalle zu renovieren, aber dann kam die Wende und diese Pläne waren Geschichte. Umtriebige Künstler um den Galeristen Wolfgang Krause nutzen das Schwimmhallen-Gebäude indes für Ausstellungen.
Barbara Jaeschke, die einst Slawistik und Anglistik auf Lehramt studiert hatte, hat aus ihrem Sprachenzentrum, das in ihrem Göttinger Wohnzimmer seinen Anfang nahm, eine international etablierte Sprachenschule mit jährlich mehr als 6 000 Kursteilnehmern aus dem In- und Ausland gemacht. Und bei ihrem wiedermaligen Blick auf das vor sich hingammelnde Gebäude mit der einst attraktiven Badeanstalt kam ihr da 2008 so eine Idee… Acht Jahre und 18 Millionen Euro später war aus dieser Idee das Hotel „Oderberger“ (vier Stockwerke mit neu eingebautem Lift) geworden: mit wiedereröffneter Schwimmhalle, wunderbar restauriert; sogar die alten Fresken wurden erhalten.
Wie gut für ein solches Projekt, wenn der Ehemann, Dr. Hans-Dieter Jaeschke, von Beruf Architekt und die Tochter Verena Historikerin ist. Kurzum: 2011 wurde das alte Stadtbad an das GSL-Sprachenzentrum verkauft (Die Konzepte zweier anderer Interessenten wurden abgelehnt.), 2013 erhielt die Sprachenschule die Baugenehmigung, danach begann die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes, und im Oktober 2016 wurde das Schwimmbad wiedereröffnet. Da gab es aber im Schwimmhallen-Gebäude schon seit Januar 2016 das Hotel „Oderberger“, das über 70 Zimmer verfügt. Die Preise reichen von 135 bis 165 Euro; es kommt darauf an, ob man sich in das Box-Springbett eines Comfort-, eines Premium-, eines Maisonette- oder eines Apartment- Zimmers bzw. in die Junior-Suite zur wohlverdienten Ruhe betten möchte.
Die Hotelzimmer waren einst 200 kleine Kammern mit Badewannen – um die Jahrhundertwende begehrte Orte für die Körperhygiene, eigene Bäder waren da noch keine Selbstverständlichkeit. Die heutigen individuell eingerichteten Zimmer (zum Teil mit Flachbild-TV, Kühlschrank, Tee- und Kaffeezubehör sowie mit Bad und Regendusche) in elegantem und historisch einzigartigem Ambiente sind 22 bis 38 Quadratmeter groß.
Natürlich hatte der Denkmalschutz überall ein Wörtchen mitzureden – soviel wie möglich sollte in dem heutigen Gebäude an die historische Badeanstalt erinnern. Und so wurde aus dem alten Kassenhäuschen das Vorzimmer zur Bibliothek, die Bibliothek entstand aus dem einstigen Bade-Warteraum für die Männer; aus dem einstigen Bade-Warteraum für die Frauen wurde eine anheimelnde Kamin-Bar mit phantasiereichen Cocktails, zum Beispiel Willy’s Brand, einen Birnenbrand mit Jasmintee, Zitrone, Honig und Rosmarin. Geistreiche Bücher – Männersache? Geistige Getränke hingegen – Frauensache? Warum auch nicht?
Immer den Denkmalschutz im Auge, erhielt der neue Tresen der Hotelrezeption gerettete weiße Kacheln, wurde die Kofferablage aus Hölzern des Stadtbades gefertigt, sind das Holzparkett im rechten Treppenhaus und das aufwändig restaurierte, schmiedeeiserne Geländer in der Schwimmhalle geschichtsträchtig, sind in den Zimmern – sozusagen als Schmuckelemente – die alten Seifenschalen in die Wände eingelassen. Mich hat außergewöhnlich beeindruckt, mit wie viel Sachverstand und Liebe zum historischen Detail (Da soll Tochter Verena sich ausgetobt haben…) auf jede Kleinigkeit geachtet wurde. Nichts ins Auge fallende Alte habe ich als störend empfunden, nichts als deplaciert, nichts als aufdringlich.
Auch nicht die alte Messanlage des ehemaligen Heizungskellers und ein Stück altes Mauerwerk – durchaus Schmuckelemente im neu eröffneten Drei-Ebenen-Restaurant mit einer Raumhöhe von 15 Metern. Serviert wird hier regionale, feine Küche, der Fokus liegt auf ausgewählten deutschen Weinen. Lecker – ich kann´s bezeugen! Allerdings rauben die vielen kleinen bis mannsgroßen Kerzen dem Raum den Sauerstoff; eine Klimaanlage scheint es nicht zu geben…
Wer mehr der vielen historischen Details entdecken will, kann sich, ohne Anmeldung, jeweils am Dienstag um 17 Uhr zu einer kostenlosen Führung durch das Stadtbad einfinden, Treffpunkt ist die Rezeption des Hotels „Oderberger“.
Als Herzstück des ganzen gilt aber wohl doch die aufwändig sanierte Schwimmhalle, die als Freizeitbereich in die Sprachenschule integriert und auch öffentlich zugänglich ist (Eintrittspreis: 6 Euro). Als die ersten Badegäste 22 Wärmegrade Wassertemperatur als zu kalt empfanden, wurde die Temperatur auf 27 Grad erhöht – obwohl nach Frau Jaeschke 2012/2013 „Berliner Unternehmerin des Jahres“ mit jedem Grad plus mehr Geld „verbrannt“ wird…
Mit einigen Handgriffen wird die kathedralenartige Schwimmhalle zur faszinierenden Bühne für Galas, Konzerte, Partys, Konferenzen, Fotoshootings, Firmenfeiern, Hochzeiten… Dann nämlich wird durch die fünf Luken im Schwimmbecken das Wasser abgelassen und mit Hydrauliktechnik der Hubboden nach oben gefahren. Zusätzlich zum rekonstruierten Schwimmbecken (20 m lang, 12 m breit, 1,35 m tief) gibt es einen kleinen Spa-Bereich mit Sauna, Liegen, Duschen und Ruhefläche.
Insgesamt verfügt Barbara Jaeschke, die zu den Finalisten um den Titel „Entrepreneur of the Year 2016“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young gehörte, nun über einen Campus von rund 18 000 Quadratmetern in bester Lage. Das ist fast ein eigener kleiner Kiez. Inzwischen arbeiten rund 120 Festangestellte und etwa 350 Honorarkräfte für die Mittelständlerin. Außerdem wird sie von ihren beiden Töchtern, sie sind 30 und 33 Jahre alt, und dem 27-jährigen Sohn unterstützt.
Wie schaffte all das eine Ex-Lehrerin? Keine Kredit gebende Bank hatte auf sie gewartet. Doch Barbara Jaeschke scheint einen langen Atem zu haben. Sie joggt frühmorgens regelmäßig, außerdem ist sie bei rund 30 Marathons gestartet. Zwar war sie jedes Mal als eine der letzten über die Ziellinie gekommen, aufgegeben aber hat sie nie.
Mit Bewertungen bietet das Hotel „Oderberger“ – so ist in der Webseite des Hotels zu lesen das beste Preis-Leistungsverhältnis in Berlin. Im Vergleich zu anderen Unterkünften soll man im „Oderberger“ mehr für sein Geld bekommen. Und wer möchte das nicht? Vielleicht Silvester 2017? Da könnte man das Silvesterwochenende im Hotel „Oderberger“ verbringen und zur Silvester-Gala auf dem Wasser tanzen…
* GLS = Göttingen Language School. Aus dem Göttingen-G wurde nach dem Umzug nach Berlin Germany – und „fertig war die Laube“ (sagt der Berliner, wenn etwas ganz leicht zu schaffen ist).
Hotel Oderberger Berlin
Oderberger Straße 57
10435 Berlin
Telefon: +49 30 780 089 760
info@hotel-oderberger.de
www.hotel-oderberger.de
Fotos: Udo Rößling