Eine Reise hinter den „Eisernen Vorhang“
Trotz der Bedenken und Vorbehalte in Anbetracht der aktuell angespannten Situation auf der koreanischen Halbinsel machten sich Mitte Mai 40 Deutsche, Schweizer und Österreicher auf den Weg nach Peking, um von dort eine Reise ins Unbekannte zu starten. Sie alle einte die Liebe und Begeisterung zur Luftfahrt, speziell zu (möglichst alten) russischen Flugzeugtypen und die Neugier auf ein Land, von dem bis auf das politische Säbelrasseln nahezu nichts bekannt ist.
Dass Nordkorea den Tourismus, speziell die Devisen der Touristen benötigt, war während der Reise stets spürbar. Die Einreise verlief problemloser und freundlicher, als dies oft in anderen Ländern dieser Welt der Fall ist. Seit Neuestem verfügt Nordkorea durch den
Dienstleister Koryolink sogar über ein Mobilfunknetz, welches auch ausländischen Gästen zur Verfügung steht. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, wo Mobiltelefone noch bei der Einreise bis zur Ausreise abgegeben werden mussten, kann man jetzt bereits am Flughafen Prepaidkarten erwerben. Ebenso können Accounts zur Nutzung von WLAN gekauft werden; alles Zeichen einer vorsichtigen Öffnung. Internationalen Gästen stehen in Pjöngjang zwei 5* Hotels (nach unserem Verständnis gute 4* Kategorie) zur Verfügung, die sehr sauber und komfortabel sind und sogar über (in Nordkorea ungewöhnlich) internationale Direktwahltelefone auf den Zimmern verfügen.
Während seiner Reise durch das Land konnte der Verfasser dieser Zeilen spürbare Veränderungen im Vergleich zu seiner Vorjahresreise feststellen: die Einheimischen waren offener, freundlicher und weniger scheu und ängstlich Ausländern gegenüber (im Vorjahr wäre dies noch bestraft worden), mehr und modernere Fahrzeuge prägten das Stadtbild, auf dem Land waren deutlich öfter Tiere zu sehen, was auch am größeren Anteil von Fleisch in den kredenzten Menüs seinen Niederschlag fand.
Doch nun zum eigentlichen Hauptanlass der Themenreise, der Luftfahrt. In keinem Land der Welt sind noch so geballt alte russische Flugzeugtypen in einsatzbereitem Zustand anzutreffen wie in Nordkorea. Als Geheimtipp haben sich diese Touren, die 2012 erstmalig durchgeführt wurden, längst herumgesprochen. Die erstmalig in deutscher Sprache durchgeführte Tour war die zweite Aviation-Tour in diesem Jahr, insgesamt war es bereits die siebente. Auf zwei Streckenflügen in touristisch wenig erschlossene Gebiete des landschaftlich sehr reizvollen Landes sowie auf bis zu sechs Rundflügen mit den unterschiedlichsten Flugzeugtypen wollte die staatliche nordkoreanische Fluggesellschaft Air Koryo ihre Leistungsfähigkeit demonstrieren; unter strikter Einhaltung aller geltenden internationalen Regeln des Luftverkehrs und in strenger Umsetzung der ICAO (Internationale Zivilluftfahrt Organisation) Regularien, so wurde stets betont.
Um es vorweg zu nehmen: der Autor, seit über 30 Jahren im aktiven Luftfahrtgeschäft tätig und mit ausreichend Erfahrung auch in der Vorbereitung und Durchführung von (Rund-) Flügen ausgestattet, hat noch nie eine so perfekte und präzise Organisation und Umsetzung erlebt wie auf dieser Tour durch Air Koryo, sowohl bei den Streckenflügen mit IL-18 und Tu-134 als auch speziell am Aviation Day. Bei letzterem galt es, nach exakt vorgegebener Choreografie in klar definierten Zeitfenstern sechs Rundflüge mit unterschiedlichen, sich jedoch mehrheitlich überschneidenden Teilnehmern so präzise durchzuführen, dass sowohl die Passagierwechsel als auch die Fotoshootings von Maschinen und Crew in der Bodenzeit fehlerfrei durchgeführt werden konnten.
Die Präzision und Exaktheit in der Umsetzung ließ selbst die Schweizer Reiseteilnehmer, die dies gern mit ihren Uhrwerken verglichen, in großem Erstaunen zurück. Und so versetzten dann die ungeahnten Möglichkeiten am FNJ (3-Letter Code des internationalen Flughafens von Pjöngjang) die Aviation Gruppe in blanke Ekstase. Auf Flügen mit den Raritäten der Luftfahrt: IL-62M, IL-76, An-24, Tu-154 sowie der brandneuen Air Koryo An-148 wurden endlose Gigabytes auf die Speicherkarten gebannt. Bei Außenaufnahmen posierten die Crews vor ihren Maschinen, wurden Detail- und Panoramaaufnahmen aus allen Blickwinkeln angefertigt. Überladen am Ende des Tages nicht nur die elektronischen, sondern vor allem auch die mentalen Speicher jedes Einzelnen mit Eindrücken und Superlativen.
Die Touren werden, organisiert durch den englischen Spezialreiseveranstalter Juche Travel Services in enger Zusammenarbeit mit der staatlichen nordkoreanischen Incoming-Agentur KITC und Air Koryo, auch 2014 in gemischten internationalen Gruppen noch mehrfach durchgeführt, auch zusätzlich wieder mit einer rein deutschsprachigen Gruppe. Angereichert werden die Touren sukzessive mit weiteren Höhepunkten des Verkehrsbereiches. So gibt es bereits Fahrten mit der Metro (übrigens alte Wagen aus Berlin) und Besichtigungen des Metromuseums. In Planung sind zusätzlich Fahrten mit alten tschechischen Trolleybussen sowie tschechischen Straßenbahnen. Ab 2014 werden auch Spezialreisen für Eisenbahnfans durchgeführt. Dazu gibt es jeweils ein übervolles Programm an Sightseeing in einem Land, in dem man sich teilweise Generationen zurück versetzt fühlt.
Für die organisatorische Vorbereitung und Anmeldung von Teilnehmern aus dem deutschsprachigen Raum sowie deren Fragen und Wünsche zeichnet der Autor verantwortlich (LS@aviation-and-media.de, www.aviation-and-media.de)