„Taiwan wurde zum zehntbesten Reiseziel für muslimische Touristen außerhalb der Mitgliedsländer der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) im globalen Moslem-Reise-Index ernannt“, freut sich Eric K. Y. Lin, Direktor der Abteilung für internationale Angelegenheiten (IAD) im Tourismusamt des taiwanischen Ministeriums für Verkehr und Kommunikation (MOTC), über seine erfolgreiche Strategie, nämlich zur richtigen Zeit die richtigen Dinge entschieden zu haben.
Derzeit besitzen 85 Unternehmen und Einrichtungen der Reisebranche im ganzen Land das sogenannte Halal-Zertifikat, mit dem „aus islamischer Sicht eine einwandfreie, reine und damit erlaubte (halal) Qualität von Lebensmitteln, Kosmetika und anderen Konsumgütern“ dokumentiert wird. Aber es werden eben auch Hotel-Zimmer, Restaurants und vieles andere mehr zertifiziert. In Restaurants, die den Halal-Standard erfüllen, werden weder Nahrungsmittel mit Schweinefleisch oder tierischer Gelatine, noch ungeschächtetes Fleisch angeboten. Auch alkoholische Getränke sind tabu. Offeriert werden dort Gerichte aus der indischen, thailändischen, türkischen und ägyptischen Küche.
In Taiwan sind das Nationale Palastmuseum, der Wolkenkratzer-Büroturm Taipei 101 mit seinen 508 Metern über Taiwans Hauptstadt Taipeh, sowie Hotels und Restaurants an Fremdenverkehrsbrennpunkten wie Alishan und Sonne- Mond-See mit einem Gütesiegel für muslimische Reisende versehen worden. Außerdem verfügt der Hauptbahnhof von Taipeh Taichung mit seiner Hochgeschwindigkeitsbahn und der Internationale Flughafen Taiwan Taoyuan über spezielle islamische Gebetsräume. Künftig sollen noch Autobahnraststätten dahingehend umgebaut werden.
Die touristischen Beziehungen zu Ländern wie Malaysia, Indonesien und Singapur könnten dadurch weiteren Zuwachs erhalten.
Michael Liu vom Taipei Financial Center Corp., dem Betreiber des Wolkenkratzers Taipei 101, sieht das ganz pragmatisch. Zusammen mit seinem Verwaltungsteam plant er eine ganze Reihe von moslemfreundlichen Ausbauten im zweithöchsten Gebäude der Welt: „Uns schwebt vor, einen Gebetsraum und Waschanlagen in der Einkaufspassage oder dem Aussichtsdeck zu eröffnen“. Das Wahrzeichen Taipehs habe als Zielgruppe muslimische Besucher der Oberklasse im Auge, welche bereit wären, während eines sechstägigen Besuches 200 bis 300 US-Dollar pro Tag auszugeben, ist Liu sich sicher.
An diesen Bemühungen ist zu messen, welche Signifikanz Taiwans Regierung dem zunehmenden Ausbau dieses Bereichs zukommen lässt. Und die Statistiken geben den Anstrengungen Recht. 2015 besuchten ca. 200.000 Besucher aus muslimischen Ländern Taiwan, das sind satte 11 Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Muslime machen fast ein Viertel der Weltbevölkerung aus“, meint Tourismus-Direktor Lin und fügt zuversichtlich hinzu: „Das eröffnet Taiwan alle Möglichkeiten, diesen Nischenmarkt auszubauen und noch mehr Gäste aus Malaysia, Indonesien, Singapur sowie Brunei und dem Nordwesten Chinas zu erwarten.
Auf die Frage nach den Visabestimmungen für muslimische Reisende antwortet er, dass die Visaerleichterungen für Touristengruppen der Oberklasse aus südostasiatischen Ländern, die im November letzten Jahres in Kraft getreten sind, zweifellos die Besucherzahlen weiter steigern werden. „Wir rechnen damit, dass diese Maßnahme uns dabei helfen wird, binnen zehn Jahren eine Gesamtbesucherzahl von einer Million zu erreichen“. Auf der Welt leben circa 1.7 Milliarden Muslime.
Taiwan ist mit seinen 23 Millionen Bewohnern eines der dichtest besiedelten Länder der Welt. Davon zählen 500.000 zu den Ureinwohnern, malayo-polynesischen Ursprungs. Doch der größte Teil der Bevölkerung stammt ursprünglich vom chinesischen Festland.
Mit seiner Lage im Pazifischen Ozean, etwa 160 Kilometer von der Südostküste Chinas entfernt, hat es mit den Nachbarn Korea und Japan im Norden sowie Hongkong und den Philippinen im Süden die Funktion einer wichtigen Drehscheibe auf Reisen zum und quer über den asiatischen Kontinent.
Man sagt der Insel die Form eines Tabakblattes nach mit einer Länge von 394 Kilometern und von 144 Kilometern an seiner breitesten Stelle. Der größte Teil Taiwans wird von bewaldetem Bergland bedeckt. Die Insel wird häufig von Erdbeben heimgesucht, wovon die meisten zum Glück keine Schäden verursachen.
Taiwans Klima, hat mit seinen Jahresdurchschnittstemperaturen bei 22° im subtropischen Norden und 24° im tropischen Süden fast schon paradiesische Zustände – und nicht nur für Schmetterlinge. Über 400 Arten soll es in Taiwan geben. Jedes Jahr im Mai fallen Millionen in die nach ihnen benannten Schmetterlingstäler Kaoshiung und Pingtung ein. Und auf Lanyu, der sogenannten Orchideeninsel, die rund 70 Kilometer südöstlich von der Küste Taiwans liegt, wurde 1874 sogar die Schmetterlingsorchidee entdeckt. Orchideen waren lange Zeit ein beliebtes Exportgut. Auf Lanyu lebt das Volk der Yami, ein australisch-polynesischer Stamm der Ureinwohner. Als die wohl letzten Jäger und Sammler in dieser Welt verteidigen sie ihre Souveränität mit allen Mitteln.
Mit seiner Volkswirtschaftskraft rangiert Taiwan auf Platz 24 in der Welt, beim Export auf Platz 17, Platz 18 beim Import, sowie Platz 4 mit seinen Devisenreserven. Die Bodenschätze Steinkohle, Erdgas, Kalkstein, Marmor und Asbest spielen quantitativ nur eine geringe Rolle. Gewachsen ist jedoch die Kaufkraft und liegt bereits vor der von Japan. Besonders gute Noten erhielt Taiwan im Global Competitiveness Report 2010 – 2011 des World Economic Forum mit Platz 13, gleich hinter Großbritannien und Hongkong.
Die Zeichen stehen gar nicht schlecht, dass Taiwan sein touristisches Ziel erreicht und zu einer beliebten und sicheren Reisedestination für muslimische Gäste werden wird. Und wie man in Taiwan zu sagen pflegt: „Zwischen den vier Meeren sind alle Menschen gleich“.