CTOUR on Tour: Die nordschwedische Stadt Umeå – vielbesuchtes Tor zu Lappland

Eindrücke und Bilder von einer spätsommerlichen Reise (Teil 2 – Stromschnellen, Husky-Touren und Baumhäuser)

Ganz sicher war es Zufall, dass Schwedenkönig Carl XVI. Gustaf zur gleichen Zeit, gegen Ende August, in der am Bottnischen Meerbusen der Ostsee gelegenen Stadt Umeå weilte wie unsere deutsche Journalistengruppe. Und er schlief auch noch im Nachbarhotel, was wir aber merkwürdigerweise nicht mitbekamen. Was wollte der schwedische Monarch in Umeå? Nun, er eröffnete an der Universität einen Fachkongress zum Thema Wasser und besuchte später die etwa 60 Kilometer entfernte Elchfarm in Bjurholm – die einzige in Europa.

Das schwedische Fernsehen zeigte einen gut gelaunten, locker ohne Krawatte gekleideten König, der den König des Waldes mit frischem Baumgrün fütterte. Könige also unter sich. Auch wir wollten auf unserem viertägigen Medientrip durch die an Lappland grenzende Region Västerbotten natürlich leibhaftige Elche sehen – und nicht nur die berühmten Straßenschilder mit der Elchgrafik, die wohl, wie zu erfahren war, immer noch begehrte „Souvenirs“ einiger ausländischer Touristen sind. Ob sich diese Sehnsucht aller Schweden-Reisenden für uns erfüllte, dazu später…

Früher Lotshuset (Lotsenhaus) - heute kleine, aber feine Jugendherberge am Meer
Früher Lotshuset (Lotsenhaus) – heute kleine, aber feine Jugendherberge am Meer

Zunächst fahren wir mit unserem roten Kleinbus des Unternehmens „Umeå Buss“- jederzeit sicher gesteuert von Fahrer Jörgen – auf der autobahnartigen Europastraße 4 an die Meeresküste südlich von Umeå. Ziel ist Schwedens kleinste und originellste Jugendherberge „Lotshuset“. Dieses ehemalige Lotsenhaus mit Aussichtsturm, idyllisch auf einer felsigen Landspitze direkt an der See liegend, besitzt nur drei Zimmer, die betreut werden von Bed- und Breakfest-Wirtin Paula Quinones. Die junge freundliche Frau entstammt einer aus Chile eingewanderten Familie und verwöhnt ihre Gäste gerne mit selbstgebackenen Köstlichkeiten. Eigentümer von „Lotshuset“ ist der schwedische Touristenverein, der von hier aus auch gern gebuchte Robben-Safaris in den vorgelagerten Schärengarten organisiert. Auch vom Turm der Herberge kann man mit ein bisschen Glück Robben, ebenso Elche und Rehe, beobachten.

Im hochinteressanten Sägewerksmuseum auf der Insel Norrbyskären
Im hochinteressanten Sägewerksmuseum auf der Insel Norrbyskären

Rund 40 Kilometer südlich von Umeå erwartet uns eine touristische Sehenswürdigkeit dieser Region: die von Norrby aus mit der Fähre zu erreichende Inselgruppe Norrbyskären. Von 1895 bis 1952 befand sich hier eine der von dem Industriellen Frans Kempe gegründeten größten Sägewerkssiedlungen der Welt. Davon sind noch einige Gebäude sowie viele Holzhäuser der Arbeiterfamilien – heute chic restaurierte Feriendomizile – und eine Kirche erhalten, wie man auf einer Rundfahrt mit der kleinen Bimmelbahn sehen kann. Auch eine Gaststätte/Pension mit Meeresblick ist vorhanden. Das besuchenswerte Sägewerksmuseum mit einem riesigen Modell der früheren Anlagen aus der Blütezeit in den 1920er Jahren (damals lebten bis zu 1.400 Menschen hier) gibt einen anschaulichen Überblick zur spannenden Industrie- und Kulturgeschichte dieser Inseln.

Der ein wenig geisterhaft wirkende Schiffsfriedhof auf Norrbyskären mit etwa 20 seit Jahrzehnten vor sich hin rottenden Wracks
Der ein wenig geisterhaft wirkende Schiffsfriedhof auf Norrbyskären mit etwa 20 seit Jahrzehnten vor sich hin rottenden Wracks

Das Erleben von Stille, Weite und wildromantischen Landschaften nordwestlich des doch eher urbanen Umeå steht ebenfalls auf dem Reiseprogramm. Das von vier rauschenden Strömen geprägte Gebiet wird auch „River Country“ genannt. Uns zieht es entlang der Flüsse Vindel- und Umeälven. Bereits nach 30 Kilometern erreichen wir den idyllisch am See gelegenen Ferienort Tavelsjö. Im gemütlichen Sommercafé mit Gästezimmern „Prästgården“ stellt der Repräsentant eines touristischen Regionalprojekts, Toebjörn Wennebro, sein Gebiet Tavelsjö und Rödåsel vor, wo immerhin 85 Dörfer abwechslungsreichen Urlaub bieten . „Wir haben immer wieder auch deutsche Gäste hier, die sich bei uns wohlfühlen und jederzeit herzlich willkommen sind“, sagt der gestandene Touristiker. Er verweist u. a. auf den gut 20 Kilometer langen „Tavelsjön Runt“, einen rund um den See führenden beliebten Trail zum Wandern, Radfahren und Reiten sowie auf ausgezeichnete Angelmöglichkeiten. Gefragt wird Herr Wennebro natürlich auch nach dem sagenhaften Seeungeheuer, das im Tavelsjön-See ähnlich wie das schottische „Nessie“ leben soll. Ein verschmitztes Lächeln huscht über sein Gesicht, wobei er von verschiedenen „Augenzeugenberichten“ über das Monster erzählt. Doch wirklich nachgewiesen sei (noch) nichts. Handfester dagegen sind die im Garten nebenan zum Verkauf angebotenen Keramik- und Metallfiguren im typischen Seedrachen-Stil. Das Geschäft scheint zu florieren.

Auch der Touristiker Toebjörn Wennebro konnte bisher das Geheimnis des sagenhaften Monsters vom Tavelsjön-See nicht lüften
Auch der Touristiker Toebjörn Wennebro konnte bisher das Geheimnis des sagenhaften Monsters vom Tavelsjön-See nicht lüften

Schon geht es weiter in Richtung des Ortes Vindeln zu dem faszinierenden Naturschutzgebiet „Mårdselforsens“, das sich an einem der schwedischen Nationalflüsse Vindelälven erstreckt. Im Restaurant am Eingang des Reservats wartet schon das bestellte Mittagessen: Elchfleisch mit Soße, Gemüse und Kroketten. Dazu passt gut das ebenfalls schwedentypische Leichtbier „Lättöl“ mit nur 2,2 Prozent Alkoholgehalt.

Eingang und Gaststätte zu einem der bekanntesten Naturschutzareals in Nordschweden
Eingang und Gaststätte zu einem der bekanntesten Naturschutzareals in Nordschweden

Nun aber hinunter zum naturbelassenen Vindelälven. Der aus den Bergen unweit von Norwegen kommende Fluss entwickelt hier im engen, von Wäldern und Höhenzügen umgebenen Tal eine besonders reißende Strömung, die an den Stromschnellen Mårdsele Forsen ihren dramatischen Höhepunkt erlebt. Über den rasant und rauschend dahineilenden, enorme Gischt erzeugenden Wasserlauf führt eine stets etwas wackelnde Hängebrücke, von der aus man das aufregende Naturschauspiel in sicherer Entfernung von oben bewundern kann. Nach dem Überqueren kommt man in ein wunderschönes 40-Inseln-Revier mit weiteren Brücken, Flussarmen, seeartigen Buchten (Bademöglichkeiten!) und lauschigen Plätzchen. Unversehens ist auch schon Lappland, die Heimat der Samen, erreicht, denn die Region Västerbotten grenzt genau hier an das südliche Lappland. Unser sportiver Naturführer Donald Eriksson, ein blonder Bilderbuch-Schwede, hat für uns heute etwas Besonderes vorbereitet: Picknick mit Kaffeekochen auf offenem Feuer an einem romantischen Plätzchen direkt am Wasser. Nicht immer geht es rund um die Stromschnellen Mårdsele Forsen so beschaulich zu. Insbesondere dann nicht, wenn hier im Wildwasser stark besuchte Kanu- und Raftingspektakel stattfinden. Im übrigen kann auch an vielen anderen Stellen in Västerbottens län hervorragend Wassersport betrieben werden.

Schwingende Hängebrücke über den beeindruckenden Stromschnellen Mårdsele Forsen
Schwingende Hängebrücke über den beeindruckenden Stromschnellen Mårdsele Forsen

So in dem bereits zu Schwedisch-Lappland gehörenden, am Fluss Umeälven liegenden Ort Granö – letztes Ziel unseres Infotrips. Das nur 70 Kilometer von Umeå entfernte Granö in der aufregenden Wildnis Nordschwedens gilt als „Tor zur Lappmark“, dem uralten samischen Siedlungsgebiet. Grano war früher einer der Haupthandelsplätze der Samen im südlichen Lappland. Auch der berühmte schwedische Naturforscher Carl von Linné besuchte 1732 Granö. Im Ort selbst gibt es einen geschichtsträchtigen Bauernhof aus dem 17. Jahrhundert, der von dem jungen deutsch-schwedischen Ehepaar Christopher Storm und Eleonor Petersson-Storm heute als Museum mit gastronomischen Angebot unterhalten wird. Auch deutsche Reiseveranstalter, wie Nordic Holiday aus Hamburg, schicken ihre Gäste gerne hierher. Der Clou ist ein historisches 9-Gänge-Menü mit getrocknetem Elchfleisch, Lavaret-Fisch, gesäuerten Karotten, Baumrindenbrot, Elchgrassaft und anderen heimischen Spezialitäten.

Mit dem gestandenen Naturguide Donald Eriksson (links) bei einer Kaffeepause im Wandergebiet des Flusses Vindelälven
Mit dem gestandenen Naturguide Donald Eriksson (links) bei einer Kaffeepause im Wandergebiet des Flusses Vindelälven

Der eigentliche touristische Magnet des Ortes liegt hinter einer Brücke auf der anderen Seite des Flusses Umeälven und heißt „Granö Beckasin“. Diese nach dem kleinen Schnepfenvogel Bekkasine genannte Ferienanlage mit Restaurant hat ihre eigene Philosophie, die der aus Norddeutschland stammende Produktmanager Christopher Storm so beschreibt: „Granö ist eine Idylle in der letzten Wildnis Europas. Wir verstehen uns als neuartiges Besuchs- und Erlebniszentrum für Naturfreunde. Unseren Besuchern bieten wir abwechslungsreiche Unterkünfte und viele Freizeitaktivitäten an, die ihre Sinne öffnen. Hierher kommt man, um die Seele baumeln zu lassen und Ruhe zu genießen.“

Blick zum spektakulären Baumhaus-Hotel in der Lodge "Granö Beckasin"
Blick zum spektakulären Baumhaus-Hotel in der Lodge „Granö Beckasin“

Wohnen kann man in der weitläufigen Lodge auf dem Campingplatz oder in einfachen Hütten und komfortablen Bungalows aus Holz. Buchstäblich die Krone des Übernachtens sind sechs nahezu luxuriös ausgestattete Baumhäuser, die hier wegen der Sicht von oben auf die fantastische Flusslandschaft „Vogelnester“ genannt werden. Ganz billig ist dieses Hotel-Vergnügen der besonderen Art freilich nicht: Für ein Doppelzimmer mit Frühstück müssen schon mal rund 300 Euro pro Nacht hingeblättert werden.

Ein "Husky Walk" gehört zu den unvergesslichen Outdoor-Erlebnissen in der Ferienanlage von Granö. Im Hintergrund das Sauna-Blockhaus mit Badezuber direkt am Fluss
Ein „Husky Walk“ gehört zu den unvergesslichen Outdoor-Erlebnissen in der Ferienanlage von Granö. Im Hintergrund das Sauna-Blockhaus mit Badezuber direkt am Fluss

Zu den breitgefächerten Aktiv- und Abenteuerofferten in und um Granö gehören u. a. Kräuterwanderungen mit einem Naturguide, Fladenbrot-Backen im Steinofen, Besuch einer 75 Jahre alten Köhlerhütte mit Kohlenmeiler, Mieten eines am Flussufer liegenden Sauna-Blockhauses, Ausleihe verschiedenster Ausrüstungen (von Angelrute über Mountainbike, Kanu, Stand Up Padling bis zum Zelt). Gefragte Outdoor-Erlebnisse sind auch geführte Jagd- und Angelausflüge, die thematische Exkursion „Die Samen gestern und heute“, ganz- oder halbtägige Elchsafaris mit einem erfahrenen Wildführer, gemütliche Floßfahrten mit frisch gebruzzeltem Rentierfleisch auf dem Umeälven und schon konditionell etwas herausfordernde Husky-Touren zu Fuß oder – quasi als Pendant zu den bekannten winterlichen Hundeschlittenfahrten – sommers auf dem dreirädrigen Kickbike.

Am Tage: Floßfahrten auf dem breiten Strom Umeälven - eine der touristischen Attraktionen in "Granö Beckasin"
Am Tage: Floßfahrten auf dem breiten Strom Umeälven – eine der touristischen Attraktionen in „Granö Beckasin“

Zurück zu der eingangs gestellten Frage nach den Elchen. Leider haben wir in den vier Tagen der Pressereise keine gesehen. Im Gebiet Granö wäre es denkbar gewesen, doch wir hätten zeitaufwendig zu einem abgelegenen Waldrevier aufbrechen müssen, um in der Abend- oder Morgendämmerung mit etwas Glück den „König der Wälder“ zu Gesicht bzw. vor die Kamera zu bekommen. Dies passte nicht in das Zeitrahmen. Vielleicht klappt es ja bei der nächsten Reise nach Schwedisch-Lappland…

Gleiche Blickrichtung am Abend: Einen solchen traumhaften Sonnenuntergang über dem Umeälven erlebt man hier öfters Fotos: M. Weghenkel
Gleiche Blickrichtung am Abend: Einen solchen traumhaften Sonnenuntergang über dem Umeälven erlebt man hier öfters
Fotos: M. Weghenkel

 

(Siehe auch Teil 1 dieses Beitrages vom 9. September 2015)

Weitere Informationen:
www.visitcweden.com
www.visitumea.se/de