Der Bayerische Wald ist ein etwa 100 km langes und bis 1456 m hohes Mittelgebirge an der Grenze zwischen Bayern und Tschechien. Der größte Teil davon liegt im Regierungsbezirk Niederbayern. Der Nordteil gehört zur Oberpfalz, im Süden reicht der Bayerische Wald bis zur Grenze Oberösterreichs. Geologisch und geomorphologisch gehört er zum Böhmerwald und wird von diesem namentlich seit 1830 unterschieden, als das Gebiet nach Einverleibung der Hochstifte Regensburg und Passau bayerisch geworden war.
Entlang der tschechischen Grenze wurde das Gebirge 1970 zum ältesten Nationalpark Deutschlands umgewidmet, dessen dichter Bewuchs sich langsam zu einem bodenständigen Urwald entwickelt.
Das Schutzgebiet weist mehrere Informationszentren und ein Netz von 500 km markierten Wanderwegen auf und setzt sich jenseits der Grenze im Nationalpark Böhmerwald(Schumava) fort. 99 Prozent der Fläche sind Wälder- vor allem Bergmischwald, gefolgt von Fichtenhochlagenwald, und einem Prozent offenen Hochmooren(Filzen) und Bergwiesen. Auf seinem Hauptkamm verlaufen Staats-und Sprachgrenze zwischen Deutschland und Tschechien. Es trennt das Einzugsgebiet der Donau von dem der Moldau.
Die Nationalparke prägt ein Wald, der sich unbeeinflusst und frei entwickeln kann und uns Vergänglichkeit, Schaffenskraft und Eigenständigkeit der Natur immer wieder neu vor Augen führt. Ausgedehnte Wälder mit Urwaldcharakter, artenreiche Flussauen, schroffe Granitgipfel und sanfte Bergrücken erwarten Naturfreunde. Während früher Schriftsteller, Komponisten, Maler und Glaskünstler die wildromantische Mittelgebirgslandschaft, im Herzen des Bayerischen Waldes inspirierte, bietet heute den Erholung suchenden Menschen ein reiches und spannendes Naturerlebnis.
Der Landkreis Freyung-Grafenau liegt eingebettet in dieser schönen Landschaft, in der seit Jahrhunderten Kultur und Gastfreundschaft eine entscheidende Rolle spielen. Die Bürger hatten immer eine ausgeprägte Liebe zu ihrem Wald und ein Erwerbsleben, das hauptsächlich von Landbau, Viehwirtschaft und Waldarbeit gekennzeichnet war. Ab dem 15. Jahrhundert nutzte man die natürlichen Gegebenheiten zur Arbeit in Waldglashütten und den Holzverarbeitungsbetrieben. Holz war also reichlich vorhanden und so baute man Bäche und Gräben weiter aus, um dieses Produkt in die großen Städte zu flößen. Eine wichtige Rolle spielte auch der „Goldene Steig“, ein Saumhandelsweg, auf dem vor allem Salz nach Böhmen transportiert wurde. Heute ist der Weg als Wanderweg ausgebaut und führt über Sankt Oswald und Waldhäuser zum Lusen.
Im Bayerischen Wald wurde in vergangenen Jahrhunderten auch nach Gold gesucht. Am Fuße des Reichenbergs wurde von früheren keltischen Siedlern Gold gewaschen. Die Seifenhügel, der sogenannte Abraum, legen als historische Bergbauspuren Zeugnis von der Goldwäscherzeit ab. Der geschichtlich nachgebaute Goldwaschplatz in Sankt Oswald/Riedlhütte ermöglicht heute den großen und kleinen Goldsuchern, auf den Spuren der Goldwäscher, nach dem edlen Metall zu suchen.
Unter fachmännischer Anleitung der Nationalparkmitarbeiterin Kveta Liebl habe ich auch versucht, aus dem grobkörnigen Kies des granitfelsigen Gesteins, Gold heraus zu waschen. Die Ausbeute war gering, besser gesagt, nur meine Augen funkelten. Aber es hat trotzdem viel Spaß bereitet und für die Familien und Kinder ist dies immer ein Urlaubshighlight. Noch mehr Licht gab es im Bergdorf Waldhäuser, das der höchst gelegene Erholungsort im Bayerischen Wald ist. Dieses Dorf verdankt seine Entstehung dem Salzhandel nach Böhmen. Im Jahr 1609 wurde am sogenannten „Guldensteig“ sieben Untertanen die Ansiedelung auf einer Rodungsinsel gestattet, um den durchreisenden Handelsleuten eine Unterkunft zu gewähren.
Umweltfreundliche Igelbusse verkehren von Mai bis Oktober zu allen Zielen der Region und mit der Nationalpark-Card kann man sogar kostenlos und sooft man will damit fahren. Von Juli bis Oktober sind auch grenzüberschreitende Wanderungen nach Tschechien möglich, die ab Waldhäuser starten.
Mein 1. Besuch gilt der Bergkirche „St.Maria“, wo der ortskundige Führer Gerd Frisch wartete, um interessante Informationen über das Künstlerdorf zu vermitteln. Waldhäuser ist traditionell eine Hochburg für Maler und Bildhauer. Die kleine Bergkirche wurde 1927 nach den Plänen von Karl Kieffer errichtet.
1928 weihte der Bischof Felix Freiherr von Ow-Felldorf die Nebenkirche St. Maria im Wald. Anschließend wurde jeweils am Montag die Schulmesse gefeiert und den Kindern damit der weite Weg zur Pfarrkirche nach St. Oswald erspart. Der Maler Reinhold Koeppel, der sich vor 100 Jahren im Bergdorf ansiedelte und bis zu seinem Tod 1950 als Künstler und engagierter Bürger wirkte, setzte sich besonders für den Bau der imposanten Kirche ein und schuf den dreiteiligen Flügelaltar mit dem Bildnis „Maria im Walde“. Ursprünglich stammte Maler Koeppel aus Oschersleben in Sachsen. Im alten Schulhaus von Waldhäuser errichtete er sein Atelier, das er bis zu seinem Tod nur anlässlich seiner Kunstreisen ins Ausland verließ. Er war der „Maler des Waldes“, schuf grandiose Waldbilder und beschäftigte sich viel mit den Menschen des Bayerischen Waldes und ihrer sozialen Stellung.
Auch der aus Pommern stammende Maler und Bildhauer Heinz Theuerjahr hat in Waldhäuser seine 2. Heimat gefunden. 1913 wurde er geboren und 1940 kam er auf seinen Wanderjahren in den 1000 m hoch gelegenen Ort, verliebte sich in ihn , baute ein Haus mit Atelier und heiratete eine Einheimische, um sesshaft zu werden. Der Bildhauer, Maler und Grafiker Heinz Theuerjahr beschäftigte sich fast ausschließlich mit Tieren. Seine Domäne war die Plastik und der Holzschnitt.
Nur für Studienreisen nach Afrika und Ägypten verließ er seine Wohnstätte. Sein Haus im Bayerischen Wald bedeutete ihm Sicherheit und der weite Blick nach Süden Sehnsucht. In unmittelbarer Nähe von Wohnhaus und Ausstellungsräumen wurde ein Skulpturengarten mit 22 Tieroriginalplastiken auf Felsenpodesten gestaltet, die den außerordentlichen künstlerischen Rang des Theuerjahrschen Werkes unter Beweis stellen.
Die Skulpturenwege wurden ohne jeden Eingriff in die Natur angelegt und die Landschaft ist vom 1. Schöpfungstag unverändert geblieben. Mit 78 Jahren starb er, jedoch wird durch den Freundeskreis Heinz Theuerjahr e.V. das Gedenken am Leben erhalten und unvergesslich bleiben.
Ein Nachfolger der großen Künstler der Moderne, ist Hajo Blach, der seit 1972 sein Atelier in Waldhäuser besitzt. Seine Bilder erzählen von den sanften Hügeln des großen Waldes. Ihn reizt der stetige Wandel der Tages-und Jahreszeiten, die unterschiedlichen Stimmungen zwischen Sonnenaufgang- und untergang, im Sturm, im Föhn und im Sterben. Die Fähigkeit, einen augenblickerlebten Eindruck einzufangen, malerisch umzusetzen und weiterzugeben, das ist das Beeindruckende auf den Bildern von Hajo Blach.
Mich haben seine Blautöne fasziniert und die Bilder von der Bretagne,Toscana und der Provence. Hajo Blach ist ein bescheidener, wacher und genialer Künstler, der immer darum ringt, sein malerisches Spektrum zu vervollständigen. Im Berg-und Künstlerdorf Waldhäuser finden alljährlich Waldhäuser Ausstellungen mit Werken ihrer Künstler und deren Freunde statt.
Weitere Sehenswürdigkeiten lassen den Urlaub in dem Bergdorf zum Erlebnis werden. Der längste Baumwipfelpfad der Welt, das Besucherzentrum mit dem Hans-Eisenmann-Haus und dem großen Tierfreigelände sowie die 5 m lange Glasarche auf dem Weg zum Lusen, deren Schiffform aus 480 verbundenen grünen Glasscheiben besteht, die von einer Hand gehalten wird, warten darauf, erkundet zu werden.
Der Lusen ist mit 1.373 Metern der vierthöchste Berg im Nationalpark Bayerischer Wald. Sein weithin sichtbarer Gipfelbereich, ein geologisch beeindruckender „Glatzkopf“, ist ein wüster Trümmerhaufen, der mit grün-gelber Schwefelflechte überzogen ist. Der Sage nach sollen die großen Granitblöcke vom Teufel über einem Goldschatz aufgetürmt worden sein. In Wirklichkeit sind diese skurrilen Felsformationen im Laufe der Zeit erodiert. Es entstanden kilometerlange Klüfte, die sich mit heißem Quarzmaterial füllten, das erkaltete. Da Quarz härter ist als das umgebene Gestein, bildete sich eine lange Mauer, die 10 bis 40 Meter über die Umgebung hinausragt und keine Vegetation zulässt.
Mit der Naturparkrangerin Sandra de Graaf wandern wir etwa eine Stunde auf dem Sommerweg bergauf, und halten vor der 500 Stufen steilen Treppe, die als Himmelsleiter bezeichnet wird und den Weg zum Gipfel freigibt. Oben wartet das Lusenschutzhaus auf uns, wo wir in einem 9-Bett-Zimmer, 4-Bett-Zimmer oder 2-Bett-Zimmer übernachten und nach dem anstrengenden Aufstieg und einem leckeren Abendessen auf den Morgen freuen können.
Doch leider schlägt das Wetter in Regen um und wir besteigen nicht die „Leiter“ und haben nicht das Glück, den Sonnenaufgang in aller Ruhe über dem Horizont erleben zu dürfen. Wir wandern zurück und betrachten noch einmal die Schäden des Windbruchs, die der Sturm in den Jahren 1983/84 und der Borkenkäfer ab 1990 bis 1995 angerichtet und die Bäume großflächig zum Absterben gebracht hat. Inzwischen ist ein junger neuer Wald herangewachsen, der überwiegend aus Fichten und Vogelbeeren besteht.
Unsere Übernachtung steht nun in Riedlhütte im Hotel “Wieshof“ an. Vorher essen wir ein schmackhaft zubereitetes Abendbrot und lassen den Abend musikalisch ausklingen. Auf einer steierischen Harmonika bringen Sabine Jungwirth und Magdalena Groß bayerische Volkslieder zum Klingen.
Der nächste Tag beginnt mit einem kräftigen Frühstück und führt uns dann gegen 10 Uhr nach Schönberg zur Besichtigung und Verköstigung in der Schnapsbrennerei Ramelsberg. Neben Obst-und feinen Beerenbränden sind der rassige „Bärwurz“ und der sanfte „Blutwurz“ die Highlights dieser Brennerei. Langsam und behutsam wird der „Bärwurz“ angesetzt, schonend gebrannt und mindestens 5 Jahre gelagert.
Beim „Blutwurz“ wird die angesetzte Wurzel der Tormentill mit Auszügen verschiedener Kräuter verfeinert und mit echtem Waldhonig abgerundet. Beide Destillate sind wohlschmeckende Kräuterliköre, deren Pflanzen im Bayerischen Wald und Böhmerwald vorkommen und auch als Heilmittel zur besseren Verdauung und gegen Durchfall und Rheuma Anwendung finden.
Die 2. Sehenswürdigkeit an diesem Tag ist die Zigarrenmanufaktur“ Wolf & Ruhland“ in Perlesreut. In diesen Gemäuern werden seit 1917 von Hand Zigarren und Virginias hergestellt. 1909 wurde „Wolf & Ruhland“ in München gegründet, aber 1917 siedelte die Fabrikation nach Perlesreut um. Manche Bewährungsprobe hatte die Firma in den vergangenen Jahren zu überstehen, zumal die Zigarette auf dem Siegeszug war.
10 Mitarbeiter, darunter 9 Frauen stellen heute die exzellente Virginia mit Mundstück und andere Zigarren per Hand her. Die Chefin Cornelia Stick zeigt uns, wie die Tabakblätter gerissen, gerollt, gepresst und aufbewahrt werden, bevor sie zum Verbraucher kommen. Etwa 500 bis 600 Zigarren werden pro Tag hergestellt. In Fachgeschäften in ganz Deutschland kann man dann die gut riechenden Zigarren und Zigarillos von der Firma „Wolf & Ruhland“ erwerben.
Bevor wir mit der Ilztalbahn durch das malerische Ilztal gefahren sind, ging es erst einmal zum Mittagessen ins „Fürstenecker Schloss“. Gestärkt fuhren wir dann mit der wiedereröffneten Ilztalbahn, die seit Juli 2011 fest zur Region gehört. Die Streckenführung geht von Passau, über Waldkirchen nach Freyung. Dem „Förderverein Ilztalbahn“ mit der „Ilztalbahn GmbH“ ist es zu verdanken, dass die Züge nach einem Fahrplan von Mai bis Ende Oktober an allen Samstagen, Sonntagen und Feiertagen verkehren.
Daneben gibt es Sonderfahrten für Unternehmen, Schulen und Vereine. Fahrgäste erhalten ihre Tickets bei den ehrenamtlichen Ilztalmitarbeitern direkt im Zug. Die Fahrten ab dem Passauer Hauptbahnhof über die Donau entlang von Ilz, Wolfsteiner Ohe und Osterbach, vorbei an einsamen Mühlen, bunten Wiesen, dem Schloss Fürsteneck, durch Tunnels und über Brücken hinauf in den Landkreis Freyung Grafenau erweist sich als absoluter Publikumsmagnet. Vom Zugbegleiter Matthias Binder erfahren wir, dass die Ilztalbahn von Passau nach Freyung ein Teil des grenzüberschreitenden Freizeitverkehrsnetzes zwischen Donau und Moldau ist, und das ostbayerische mit dem südböhmischen Eisenbahnnetz, als auch Passau mit der Nationalparkregion verbindet.
Im Donau-Moldau-Verbund gelangen Fahrgäste in kurzer Zeit in die Nationalparke Bayerischer Wald und Schumava, sowie zum südböhmischen Moldaugebiet mit seiner unberührten einzigartigen Landschaft. Von Passau nach Freyung kostet die Fahrkarte 19 Euro, Kinder bis 15 Jahre zahlen die Hälfte und unter 6 Jahren ist die Reise frei. Natürlich kann man auch Fahrräder mitnehmen, unterwegs aussteigen, um weiter per Muskelkraft die Landschaft zu genießen. Der außergewöhnliche Einsatz vieler Ehrenamtlicher und privater Sponsoren hat all das ermöglicht und Interessierte an ehrenamtlicher Mitarbeit sind auch weiterhin herzlich willkommen.
Unser letztes abendliches Essen im Bayerischen Wald stand unter einem besonderen Stern. Zwischen den Gängen erzählte uns der Mythenforscher Jakob Wünsch spannende, amüsante und interessante Geschichten rund um das Bier. Ich wusste also bis dato nicht, dass das Bier seinen Ursprung schon vor rund 7000 Jahren hat. Der Deggendorfer Mythenforscher Jakob Wünsch ist jahrelang auf der Suche nach dem Wunderbaren und dem Sagenhaften. Dabei durchstreift er den Bayer- und den Böhmerwald und hofft herauszufinden, was sich hinter den Sagen und Legenden verbirgt.
Jedenfalls erklärte er uns, dass die Wurzeln des uralten „Rauschtrunkenen Bieres“ weit in die Wurzeln der Menschheit hinab reichen. Er hat im flüssigen Gold gewühlt und schließlich herausgefunden, dass das Bier schon in den Urtagen der Menschheit Trankopfer, Einweihungstrank, Hexenbier, Heilmittel und Rauschmittel war und heute noch das flüssige Brot der Bayern ist. Jakob Wünsch bereitete uns mit seinem Wissen ein großes Vergnügen, und wir werden die Tage im Bayerischen Wald nicht vergessen, sondern freuen uns schon jetzt auf das nächste Wiedersehen.
Weitere Informationen:
Tourist-Information Grafenau
Rathausgasse 1
94481 Grafenau
(0 85 52) 96 23 43 Fon
(0 85 52) 4690 Fax
Tourist-Information Stadt Freyung
Kurhaus Freyung
Am Markt 2
94078 Freyung
(0 85 51) 5 88-1 50 Fon
(0 85 51) 5 88-2 90 Fax
Fotos: Matthias Dikert