von Lutz Schönfeld
Spanien besitzt zwei Exklaven auf dem Afrikanischen Kontinent. Eine ist Melilla, die andere Ceuta an der Meerenge von Gibraltar. Beide Exklaven sind von Marokko umgeben und durch einen hohen Zaun abgegrenzt. Der Zaun soll afrikanische Flüchtlinge davon abhalten, europäisches Territorium unkontrolliert zu betreten. Während Melilla über einen eigenen Flughafen verfügt und somit mehrmals täglich mit Propellerflugzeugen der spanischen Iberia angeflogen wird, stellt sich die Erreichbarkeit von Ceuta an der Straße von Gibraltar und in Sichtweite des Affenfelsens gelegen, deutlich schwieriger da. Neben Schnellfähren, die in nahezu stündlichem Takt in einer knappen Stunde das spanische Festland im Örtchen Algeciras erreichen, gibt es dennoch eine Flugverbindung, diese jedoch auf etwas exotischere Art.
Das Helikopterunternehmen Helity Copter Airlines hat seine Basis direkt im Hafengebiet der Exklave Ceuta. Von hier aus operiert man in einer ausgeklügelten Rotation mehrmals täglich auf sogenannten PSO-Strecken sowohl zum Heliport in Algericas nahe Gibraltar, Flugzeit 7 Minuten, als auch, und hier wird es interessant, zum internationalen Flughafen von Malaga (AGP), wo die Abfertigung direkt im Terminal wie bei jeder Airline auch erfolgt.
Was bedeutet PSO-Strecke? PSO = public service obligation; Google gibt hier umfassend Auskunft. Kurz zusammengefasst: liegt ein öffentliches Interesse an der Erbringung einer Dienstleistung innerhalb der EU vor, i.d.R. betrifft das erstrangig Transport- und Beförderungsleistungen, so dürfen diese staatlich subventioniert werden. Oft gilt zusätzlich zu unterscheiden (wie im Fall von Ceuta), ob registrierte Einwohner der Exklave die Dienstleistung nutzen (erneute Preisreduktion) oder es sich um externe Nutzer, wie in unserem Fall handelt.
Wegen der besseren Erreichbarkeit des Abflugsortes und der deutlich attraktiveren Strecke entlang der spanischen Küste buchten wir den 30 Minuten Flug ab Malaga. Der ursprüngliche, bereits subventionierte Preis von 370 € für den Hin- und Rückflug war immer noch sehr hoch, doch bot die spanische Regierung zum Buchungszeitraum einen weiteren, sehr spürbaren Discount für „Auswärtige“ Passagiere an, der Flugpreis reduzierte sich durch Anklicken des entsprechenden Kästchens kurz vor Ende des Buchungsprozesses massiv und wir zahlten am Ende nur noch 180 € für 2x 30min Flug! Der Flug ist auf allen Anzeigetafeln des Flughafens von Malaga vermerkt, die Abholung am Gate mit Helity-eigenem Bus sowie Pilot oder Kopilot ist freundlich und familiär. Wir trafen die Crew vorab im Terminal, konnten unser aviatisches und touristisches Interesse erklären und erhielten erfreuten Support bei der Zuteilung bester Plätze während des Fluges.
Nahezu alle Helity-Flüge sind am Ende ausgebucht, dies nicht zuletzt wegen der äußerst geringen Preise für die Bewohner von Ceuta, welche übrigens teilweise auch erst sehr kurzfristig buchen. Die Firma Helity ging im Juni 2017 an den Start und betreibt aktuell drei Hubschrauber vom Typ Agusta Westland AW139 (2 Piloten, 15 Passagiere in drei Reihen zu je 5)
Bei schönstem Wetter ging es also pünktlich los, sämtliches Handgepäck wurde von der Crew separat verstaut und nachdem der ordnungsgemäße Sitz von Sicherheitsgurt und Maske gecheckt war, verließen wir den Flughafen entlang der Küste, vorbei an Marbella Richtung Gibraltar, dessen Felsen in der Ferne schon sichtbar war und schnell näher rückte.
Sehr gut zu sehen war auch der rege Schiffsverkehr durch die an ihrer schmalsten Stelle nur 14km breite Straße von Gibraltar. Einmal kurz links abgebogen erfolgte auch schon die Landung am Heliport von Ceuta, der Basis von Helity.
Wir hatten uns entschlossen, nicht direkt zurückzufliegen, sondern den restlichen Tag in Ceuta zu verbringen, und diese Entscheidung war goldrichtig.
Ceuta war seit 1415 zunächst in portugiesischem und später in spanischem Besitz und blieb dies auch nach der Unabhängigkeit Marokkos 1956, ebenso wie die auch in Nordafrika gelegene Exklave Melilla. Wichtigster Wirtschaftszweig sind Fischzucht und Fischverarbeitung, aber auch grenzüberschreitender Handel und der Finanzsektor spielen eine Rolle.
Die Stadt ist ca. 18 Quadratkilometer groß und hat rund 85.000 Einwohner. Sie gehört als spanische Exklave zur EU (jedoch nicht zur NATO) und verfügt über eine Vielzahl historisch interessanter Bauten. Das historische Zentrum wurde sogar als Kulturgut anerkannt.
Scheinbar investiert Spanien ausreichend in die Stadt, um es für die Bewohner möglichst lebenswert in der Exklave zu machen. Jedenfalls hat uns die Stadt beeindruckt ob ihrer Sauberkeit, den vielen gut erhaltenen Gebäuden, historischen Bauten, den Parks und der Festung.
rechts: Repräsentativer Sitz des Generalkommandos von Ceuta.
Alles ist sehr gut zu Fuß zu bewältigen, es sei denn, man will zu den inzwischen sechs Meter hohen Grenzanlagen, die die Stadt seit 1993 nach Marokko hin abgrenzen und illegale Einwanderungen in die EU verhindern sollen. Hierfür benötigt man ein Taxi. Es gibt einige wenige, jedoch preiswerte und sehr ordentliche Hotels im Stadtzentrum, von wo aus alle Sehenswürdigkeiten in Kürze erreichbar sind.
Für den nächsten Morgen hatten wir uns für den Frühflug zurück nach Malaga entschieden, um im Falle einer Flugverzögerung unseren Anschlussflug auch sicher zu bekommen. Ohne Gepäck reicht eine Einfindezeit am Heliport 15min vor Abflug. Da Helity auch Flüge durchbucht, also Anschlussflüge mit Iberia ab Malaga verkauft wird ein großer Aufwand betrieben, einen pünktlichen Flugbetrieb zu gewährleisten. Mit einer extra schönen Runde über die Stadt ging es dann, vorbei an Gibraltar, in 300m Flughöhe entlang der Küste bis nach Malaga.
Ein tolles Erlebnis, welches seinen unrühmlichen Abschluss leider in der Performance von Ryanair fand, mit denen wir, da kein Direktflug mehr nach Berlin ging, von Ibiza aus nach Hause fliegen wollten. DREI Stunden Verspätung, die wir wartend und ohne Service im Flugzeug verbringen mussten, Ausweichlandung statt in Berlin in Hannover nachts um 01:48h (ohne jegliche Betreuung, jeder musste selbst sehen und organisieren, wie er nach Berlin kommt), aber das ist wieder eine andere Geschichte.