Von Bettina Erdmann
Wer den Begriff Mauerpark in der e-Mail Adresse führt, darf sich eines prominenten Standortes rühmen. Tatsächlich steht das H+ Hotel 4youth Berlin in der Bernauer Straße direkt auf dem ehemaligen Mauerstreifen, der Mauerpark ist einen Steinwurf entfernt. Zudem ist dieses in der Nähe der Mauergedenkstätte liegende Haus das einzige vom Humanistischen Verband Deutschlands betriebene Hotel. Dort hatte CTOUR-Mitglied Prof. Dr. Dr. Jörg Soller vom Institut für Tourismus Berlin, Beiratsvorsitzender des H+Hotel 4Youth, am 25.11. 2024 für den Reisejournalistenclub einen in den Hotel Point International eingebetteten Hotelstammtisch organisiert. Bemerkenswerte Konzepte wurden vorgestellt.
Geleitet von weltanschaulichen Werten
Dass die bereits 1905 als Freidenkerverband gegründete und 1993 in Humanistischer Verband Deutschlands umbenannte Weltanschauungsgemeinschaft mit 14.400 Mitgliedern und 1.400 Beschäftigten ein Hotel unterhält, verblüfft zunächst.
Doch für Vorstand David Driese vom Landesverband Berlin-Brandenburg ist das nichts Ungewöhnliches. Sein Verband betreibe deutschlandweit zahlreiche soziale Einrichtungen, Beratungsstellen für Schwangerschaft oder Obdachlosigkeit, Kindergärten, eine Grundschule, seit kurzem die Humanistische Hochschule Berlin sowie die Freie Humanistische Grundschule und ja: bereits seit Jahren auch ein Hotel. Geleitet sind all diese Projekte von weltanschaulichen Werten wie Verbundenheit, Gleichheit, Freiheit, Vernunft. Der Verband ist eingebettet in ein internationales Netzwerk und engagiert sich im „Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin“.
Ein Hotel wie viele in Berlin, jedoch anders
Das neugebaute Haus an der Bernauer Straße übernahm der Humanistische Verband 2012, nachdem Erfahrungen mit einem Jugendhotel in der Schönhauser Allee gesammelt wurden. 96 gut ausgestattete Zimmer, 198 Betten, ein Garni-Hotel für junge Touristen, weg vom Backpacker-Modell mit Stockbetten in mehrfach belegten Zimmern. Ein Hotel auch für ältere Berlinreisende oder Familien. Seit 2015 firmiert es unter dem Namen H+Hotel 4Youth Berlin, das Franchising der bundesweiten Kette H-Hotels hilft bei der Vermarktung.
Man sei gut aufgestellt – Mathias Schebera (links im Bild) vom Hotelbeirat berichtete über 80prozentige Auslastung, 300 000 Euro Investitionen aus eigenen Mitteln seien in den vergangenen Jahren in die Modernisierung der Zimmer, der Lobby und des Frühstücksbereiches geflossen.
„Wir sind zukunftsgewiss, unser kleines Hotel fällt aus dem Rahmen.“
„Zeitgeschichte mit Lifestyle“, so umreißt es Hotel-Geschäftsführerin Malgorzata Rousson.
Das Konzept der Innenarchitektur ist der historischen Lage verpflichtet und greift thematisch immer wieder die jüngste Berliner Stadtgeschichte auf. Die Raumgestaltung von der Lobby bis zu den Zimmern mit abwechselnd historischen Fotos und großflächigen modernen Bildern gibt Auskunft über die wechselvolle Vergangenheit des Standortes.
Profitieren von der Lage
Eine der bekanntesten Gedenkstätte der Berliner Mauer an der Bernauer Straße – nur wenige hundert Meter vom Hotel entfernt – ist gerade in diesem 35. Jahr des Mauerfalls zu einem besonderen Anziehungspunkt geworden. Genau wie der gegenüberliegende Mauerpark, der in jeder Jahreszeit zur Begegnung einlädt.
„Wir profitieren von unserer Lage,“ so Rousson (links im Bild). Dazu zählt sie auch die Gaststätten und Boutiquen in unmittelbarer Nähe, die Konzerte in der Max-Schmeling-Halle und die hervorragende Anbindung an den ÖPNV mit U-Bahn, Tram und S-Bahn.
Schlafen, Frühstück, weg
Auch das wirtschaftliche Konzept ist erfolgreich. „Schlafen, Frühstück, weg, so halten es die meisten Gäste,“ erklärt Hotelchefin Rousson. „Deshalb bleiben wir ein zwischen zwei und drei Sternen angesiedeltes Garni-Hotel.“ Bei einem durchschnittlichen Zimmerpreis von 88 Euro würden jährlich etwa 2,5 Mio Euro Logis-Erlöse und insgesamt 2,9 Mio Euro erwirtschaftet. Alle Gewinne werden an den Humanistischen Verband für soziale und wohltätige Zwecke weitergeleitet.
Wie das finanzielle Konzept dieses kleinen Hotels funktioniert, das hat Beiratsvorsitzender Jörg Soller als Beispiel in den „IHA- Hotelmarktführer“ aufgenommen, für dessen Kapitel Finanzierung er seit Jahren als Autor verantwortlich zeichnet.
Hotelmarkt Deutschland: Zur Finanzierung des H+Hotel4Youth Berlin
Mitautor: Prof. Dr. Jörg Soller
Bewährungsproben gemeistert
Wie alle gastgewerblichen Einrichtungen hat die Coronazeit auch das H+Hotel 4Youth Berlin trotz staatlicher Hilfen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt: kaum Gäste, wenig Umsatz. „Vor allem durch gute Zahlen vor der Pandemie haben wir überlebt. Wir konnten, auch durch die Kurzarbeiterregelung, die meisten unserer Beschäftigten halten,“ sagt Rousson.
2022 nahm das Haus mit Hilfe des Humanistischen Verbandes über ein knappes halbes Jahr 500 Geflüchtete aus der Ukraine auf und finanzierte das aus eigenen Mitteln. Manche blieben eine Woche, andere bis zu fünf Monaten. „Das war eine Riesenherausforderung, auf die wir psychologisch nicht vorbereitet waren, “ erinnert sich die aus Polen stammende erfahrene Hotelmanagerin. „Als Frühstückshotel mussten wir Catering für die anderen Mahlzeiten organisieren. Die Heizkosten schnellten in die Höhe, weil die vielen Gäste sich den ganzen Tag im Hotel aufhielten.“
Medizinische Hilfe, Einkaufsunterstützung, Ämterhilfe und auch Konfliktmanagement waren nötig. Dazu viel Kommunikation und ein Riesenmaß an Organisation. „Aber wir haben viel Dankbarkeit erfahren. Mit einigen der Ukrainer sind wir bis heute in Kontakt. Was ihr für uns getan habt, werden wir nie vergessen, haben wir oft gehört.“ Dabei, so meint Malgorzata Rousson,
„haben wir eigentlich nur unseren Job gemacht. So wie für andere Gäste auch.“
www.hotel4youth.de
Fotos: H+ Hotel 4Youth Berlin (4), Peter Thiele