USBEKISTAN UND KIRGISTAN – EIN TRIP NACH ZENTRALASIEN

Auf den Spuren des Astronomen Ulugh Bek in Usbekistan und wie ich in Kirgistan mit dem Pferd an den Issyk Kul See ritt

Von Holger Kretzschmar

Usbekistan / Oʻzbekiston – an was denkt man da nicht alles:  Moscheen, Minarette, Basare, Teppiche, Märchen aus 1001 Nacht, Teestuben, Baumwolle, die Seidenstraße, Gewürze, Süßigkeiten, den ausgetrockneten Aralsee, Samarkand, Buchara (Titelbild), Taschkent und Chiwa und ganz viel Wüste.

Im Herbst 2022 Mal flog ich mit Turkish Airlines von Warschau nach Taschkent. Mit Zwischenstopp in Istanbul. „Welcome to the meeting point of the world“ tönte es. Der neue Istanbuler Flughafen schien mir mit seinen vielen Lichtern, Shops, und riesigen Dimensionen eine Verheißung der neuen Welt. Die sich immer mehr von Europa nach Asien verschiebt.

Meine Reiseroute nach Usbekistan und Kirgistan

Übrigens seit Januar 2019 ist Usbekistan für Deutsche und EU-Bürger visumfrei.

Taschkent

Eine kleine Stadtrundfahrt in Taschkent zeigte die bekannten Sehenswürdigkeiten, aber für mich auch neues, wie die alte deutsche Kirche von 1899 und die katholische polnische Kirche.

Bildermarkt auf dem Broadway – Arbat in Taschkent

Vor dem Hotel „Uzbekistan“ thront das Reiterstandbild von Amir Timur. Allgegenwärtig im modernen Usbekistan. Nach der Karimow-Zeit, als das Land mit harter Hand regiert wurde, zeigt sich Usbekistan mehr nach Westen orientiert, aber auch zu den arabischen Ölstaaten, die viel in Zentralasien investieren. Zu Russland und zum Ukraine-Krieg ist man neutral. Nur kurz zu den Energiepreisen: 3 Cent für Gas und 4 Cent für Elektroenergie/kwh.

Im Zentrum Taschkents treffe ich mich mit Bodo Thöns. Er hat mehrere Reisebücher geschrieben und zusammen mit seiner Frau Irina im Trescher Verlag auch den derzeit ausführlichsten Reiseführer über USBEKISTAN sowie außerdem im Verlagshaus Würzburg den Bildband „Reise durch Usbekistan“ veröffentlicht. 

Dr. Thöns (im Bild rechts) lebt seit acht Jahren in Usbekistan und kennt wohl fast jeden Winkel des Landes. Bis zum Frühjahr 2022 leitete der das Büro der Commerz-

bank und war Vorsitzender des Deutschen Wirtschaftsclubs.
Heute arbeitet er als Finanzberater für den Bankensektor sowie die Textilindustrie und die Tourismusbranche. Er hat viel Hintergrundwissen und zieht den großen Bogen vom Erbe der Seidenstraße über den russisch-sowjetischen Einfluss bis zum neuen Nationalbewusstsein seit der Unabhängigkeit und enormen Reformanstrengungen der letzten Jahre.

Turkestan um 1900 „Kokand – Brotverkäufer auf der Brücke“ (Sammlung Bodo Thöns, Taschkent)

Seinen Empfehlungen für Museen folge ich gern: das Kunstmuseum, der Fernsehturm, das Museum für die Opfer der Repressalien und das Eisenbahnmuseum. Meist fuhr ich mit der App von Yandex Taxi sehr günstig mit verschiedenen Chevrolet-Modellen durch die Stadt. Dank des Autowerkes in Asaka im Ferganatal und protektionistischer Wirtschaftspolitik hat GM in Usbekistan einen wohl weltweit einmaligen Marktanteil von 92 Prozent.  Aber aufpassen, nicht alle Taxifahrer kennen wirklich die Sehenswürdigkeiten und wenn man Pech hat und sie das Navigationssystem nicht nutzen, landet man 3 km daneben.

Natürlich kann man auch bequem mit den vier Metrolinien durch Taschkent fahren, deren Architektur viele orientalische Elemente enthält.

Baumwolle ist nach wie vor ein wichtiges Exportgut Usbekistans, wird aber jetzt verstärkt in der eigenen Textilindustrie verarbeitet. Die Zeiten, als westliche Medien voller Berichte zu Kinderarbeit in Usbekistan waren, sind zum Glück vorbei.

Buchara

Bald fahre ich nach Buchara, die historische Altstadt hat ein besonderes Flair. Hier wieder Basare, Moscheen und Minarette.

Musiker mit historischem Instrument, Buchara

Die Photo-Gallery und das Kunstmuseum im Zentrum haben es mir besonders angetan.

Die Photo Gallery in Buchara

Am   LABI HOUSE  – einem künstlichen See zur Trinkwasserversorgung  – kann man besonders gut Essen. Plow ist ein Nationalgericht, dazu grüner Tee und Live-Musik.

Übrigens, die Jüngeren unter den Älteren, erinnern sich vielleicht noch an die Gruppe „Yalla“ in den 70er / 80er Jahren. Dies war eine erfolgreiche usbekische Band, die Elemente des Rock und der Folklore verband. Bandleader Faruk Zakhirow spielt zuweilen heute noch auf Hochzeiten in Taschkent.

Der Bahnhof von Buchara (Bild links) liegt 15 km entfernt in Kogan.

Bitte beachten, am besten 30 min vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof sein, da eine Registration und Gepäckkontrolle erfolgt.

Die Fahrt durch die Wüste genieße ich sehr. Im Speisewagen gab es köstlichen Plow und schon bald ist der Zug in Samarkand.

Bild rechts: Regulärer Zug der usbekischen Eisenbahn

Samarkand

Abends in Samarkand geht es noch schnell zum Registan, dem Hauptplatz,  wo mich eine Lichtshow erwartet. Die Museen, Shops und Cafés haben bis 23 Uhr geöffnet.  In Deutschland undenkbar.

Usbekischer Souvenirverkäufer auf dem Registan in Samarkand

Noch etwas Spannendes entdecke ich auf dem Registan: die Medrese des Herrschers (eine islamische Bildungs- und Religionseinrichtung aus dem 16. Jahrhundert) und eine kleine Ausstellung zum Astronomen Ulugh Bek.

Nachbildung des Observatoriums von Ulugh Bek auf dem Registan Samarkand

Gleich am nächsten Tag fahre ich mit dem Taxi zum Observatorium des Ulugh Bek am Stadtrand von Samarkand. 1428 gründete hier der Gelehrte das Observatorium Gurkani Zij. Mit einem Sextanten wurde das astronomische Jahr bestimmt und von 1420 bis 1437 ein Sternenatlas für 1018 Sterne erstellt. Dieser Atlas war hunderte Jahre für die Navigation der Seefahrt wichtig. Ein Museumsführer mit Tjubiteka erklärt mir ausführlich die beeindruckenden Leistungen Ulugh Beks im 15 Jahrhundert.

In Samarkand schaute ich mir noch einige Sehenswürdigkeiten an, wie den historischen Grabkomplex Shohizinda (Shahi-Zinda). Die Stadt lohnt auf alle Fälle einen Besuch.

Eine Besonderheit ist eine tschechische Straßenbahn, die seit einigen Jahren mit zwei Linien durch Samarkand fährt, auch zum Bahnhof. Der Fahrpreis von 12 Cent ist natürlich exotisch, ebenso wie das neugierige Publikum in der Tram, die mich auf Russisch ausfragen, was ich so alleine in einer Tram in Mittelasien mache.

Vom mit Marmor verkleideten Bahnhof Samarkand fahre ich dann mit dem Afrosyab Express wieder nach Taschkent.

Bild links: Einstieg in den Afrosyab Express

Dieser Zug ist ein spanischer Talgozug für Usbekistan und das Prestigeobjekt der usbekischen Eisenbahn. www.railway.uz.

Mit einer Fahrkarte für 9,90 Euro inkl. Imbiss fährt man 340 km durch die Wüste.
Dazwischen schicke Stewardessen in Uniform. Alles vom Feinsten.

Andijon – letzter Stopp Usbekistan

Und weiter geht es mit dem Zug nach Andijon im Ferghanatal. Hier gab es 2005 starke Unruhen, aber inzwischen ist davon nichts mehr zu spüren, auch durch den wirtschaftlichen Aufschwung. Sehenswert ist die historische Innenstadt mit dem schönen Theater und vor allem dem alten Basar  (Eski bozor). Hier gibt es die Handwerkergasse, z.B. mit Messerschmieden. Ich kaufe mir ein usbekisches Teeset mit einer blauen Kanne und Tee für zu Hause.

Andijon – Handwerkergasse auf dem Alten Basar

Ein Bespiel für die usbekische Mentalität:  Video der „Andijanskaja Polka“ mit einem Kinderensemble aus Andijon:

Узбекский танец „Андижанская полька“ – YouTube

Nun heißt es „Gas geben“ für das gelbe Taxi.
Schnell will ich zum Busbahnhof, denn bald fährt der letzte Bus zur usbekisch-kirgisischen Grenzstation Dustlyk (Freundschaft).

Wir fahren durch Gassen mit Lehmmauern, schiefen Häusern und gackernden Hühnern und schaffen gerade so den letzten Bus 17:20 Uhr in Richtung Grenze.

Bild links: Dieser grüne Bus fährt zur kirgisischen Grenze

Kirgistan mit Osch

Die Grenze zwischen Usbekistan und Kirgistan ist eine riesige Anlage. Es ist schon kalt und dunkel und die Kontrollen vor allem auf kirgisischer Seite ziemlich streng. Es geht um den Schmuggel von Drogen, der unterbunden werden soll.

Nach über zwei Stunden bin ich dann endlich in der kirgisischen Stadt Osch. Eigentlich gäbe es hier viel zu sehen. Aber ich will schnell nach Bischkek, in die Hauptstadt Kirgistans. Leider kann man Flugtickets für kirgisische Airlines nicht im Ausland kaufen und auf der 688 km langen Strecke durchs Hochgebirge fahren keine Busse. So bleibt mir nichts anderes übrig, als mit dem Taxi durch das Tien Schan Gebirge zu fahren.

Gewaltige Bergmassive, schneebedeckte Gipfel aber auch Stauseen und Wasserkraftwerke prägen die Landschaft. In Dshalal Abad essen wir mit dem Taxifahrer in einem uigurischen Restaurant. Sehr lecker. Auf den Straßen haben übrigens Kuhherden, Schafe und Kamele immer Vorfahrt.

Stausee mit Fischzuchtanlage im Tien Schan in Kirgistan bei Toktokul

Mitten im Tien Schan eine Tankstelle, Schnee ringsherum. Auch hier werden Mitarbeiter gesucht. Also ein weltweites Problem. Obwohl die Armut in Kirgistan ziemlich groß ist.

Pischkek – Frunse – Bischkek

Am nächsten Tag schaue ich mir Bischkek an. Die Stadt hieß früher Pischkek und Frunse. Breite Straßen im Zentrum, Präsidentenpalast, Reiterdenkmäler und die architektonisch schöne Oper. Dazwischen viel Platz, alles mutet irgendwie sehr sowjetisch an. Die Vororte etwas trist, aber viele Supermärkte und kleine Läden, auch 24 Stunden geöffnet. Oft auf Kosten der Mitarbeiter, die dann auf Arbeit versuchen zu schlafen.

Wer weiß schon, dass einige Stadtviertel und Industrie in Pischkek in den 1920er Jahren durch tschechoslowakische Revolutionäre und Esperantisten erbaut wurden, durch die Organisation „Interhelpo“.

Vom Busbahnhof können wir endlich ein Taxi chartern, was uns nach Bokanbajewo, an das Südufer des Issyk Kul Sees bringt.

Von da geht es mit einem alten Lada weiter nach Tong ins Jurtencamp Almaluu. Jewgenij, der Inhaber, spricht sogar Deutsch.

Bild links: Das Jurtencamp Almaluu am Südufer des Issyk Kul

Mit dem Pferd an den Issyk Kul

In einer extra großen Jurte gibt es leckeres Abendbrot und Frühstück. Jurten werden meist mit Schafdung aufgeheizt und kühlen dann über Nacht ab. Da die Kirgisen ursprünglich ein Nomadenvolk sind, gehören Jurten, Pferde, Kumyz sowie Tee einfach zum Leben dazu. Auch der Brautraub mit Pferd ist eine alte Tradition.

Am nächsten Morgen möchte ich unbedingt mit einem Pferd und kirgisischem Guide zum Issyk Kul reiten.

Mit dem Pferd Ashag  hat dies richtig Spaß gemacht und wir konnten sogar im See baden (Issyk Kul = Warmer See). Jetzt kann ich die Erzählungen des kirgisischen Schriftstellers Tschingis Aitmatow über

seine Heimat besser verstehen. In meiner Fantasie sehe ich den „Weißen Dampfer“ auf dem See.

Am herrlichen Issyk Kul See möchte man gerne länger bleiben. Am Nordufer sieht man in der Ferne die Berge „Kungej Alatoo“ Richtung Kasachstan.

Nationbuilding auf Kirgisisch

Eigenartig, wild und arm, aber mit großartiger Natur und herzlichen Menschen erlebte ich KIRGISTAN. Ein Hochgebirgsland, oft über 3.000 Meter, kaum Industrie. Immerhin eine Goldmine, fest in kanadischer Hand. Am Flughafen Manas sehe ich große Fotos von Tschingis Aitmatow und denke an seine Bücher wie „Djamila“. Sogar ein Aitmatow Museum gibt es, dieses werde ich beim nächsten Mal besuchen.

Benutzte Quellen: Eigene Recherchen in Usbekistan, Kirgistan 2022, Trescher Reiseführer, Wikipedia
Fotos: Holger Kretzschmar

Diese Reiseführer waren mir kompetente Begleiter:

USBEKISTAN   
12. Aufl. 2020, 536 S.
ISBN 978-389794-586-9
Trescher Verlag, Berlin

KIRGISTAN
7. Auflage 2023, 392 S.
ISBN 978-3-89794-611-8
Trescher Verlag, Berlin

ZENTRALASIEN
2. Auflage 2023, 496 S.
ISBN 978-3-89794-617-0
Trescher Verlag, Berlin

REISE DURCH USBEKISTAN
Ein Bildband . 1. Auflage 2017, 140 S.
ISBN  978-3-8003-4277-8
Verlagshaus Würzburg / Stürtz Verlag

ÜBER DEN AUTOR
Autor Holger Kretzschmar studierte in den 1990er Jahren Buchhandel/Verlagswirtschaft in Leipzig. Ein Praktikum führte ihn schon 1995 zum Trescher Verlag. Nach verschiedenen Stationen im Buchhandel, vor allem in Berlin, arbeitet er seit 2017 im Trescher Verlag Berlin für Vertrieb und Kommunikation, Pressearbeit und Veranstaltungen. Er veröffentlichte dort Reiseführer zu Königsberg-Kaliningrad und Aserbaidschan. Sein besonderes Interesse gilt Osteuropa. Neben Englisch spricht er Russisch, Polnisch, Tschechisch und Lettisch. Seit 2022 ist er CTOUR Mitglied.

Ein Gedanke zu „USBEKISTAN UND KIRGISTAN – EIN TRIP NACH ZENTRALASIEN“

  1. Eine tolle Reportage, lieber Holger, vielen Dank. Sie gibt mir eine gute Einstimmung in meine bevorstehende Reise in genau diese beiden Länder.
    Viele Grüße. Lutz

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