Flandern ist ein kleines Fleckchen auf der der großen Europakarte, kann aber mit einigen Superlativen aufwarten wie der ältesten Glockenspielschule, der längsten Straßenbahnlinie und der größten Brauereigruppe der Welt oder dem höchsten Backsteinturm Europas. Angeblich soll es dort auch die besten Fische und Krabben der Welt geben und Pralinen, Pommes und der Chicorée wurden dort erfunden. Das und noch viel mehr erfuhren CTOURisten und Gäste am 15. Oktober bei einem Stammtisch der Reisejournalisten-Vereinigung CTOUR mit dem Tourismusbüro Flandern-Brüssel, vertreten durch seinen Direktor Lothar Peters und Pressereferent Joel Etzold.
Flandern gehört zu den drei Regionen des Königreichs Belgien und liegt im nördlichen Teil des Landes. Auf einer Fläche von etwa 13.522 km² leben rund sechs Millionen Einwohner, aufgeteilt in die Provinzen Westflandern, Ostflandern, Flämisch-Brabant, Antwerpen und Limburg. Zu den wichtigsten Städten zählen die Hauptstadt Brüssel, Antwerpen,Gent, Brügge, Leuven, Mecheln und Ostende. In Flandern finden sich bedeutende Schätze der europäischen Kunst und Architektur sowie der Hauptsitz der Europäischen Gemeinschaft.
Brüssel ist nicht nur die belgische Hauptstadt und politischer Mittelpunkt des vereinten Europas, sondern auch die kulturelle Metropole Flanderns.
Ausgangspunkt für die Erkundung der Stadt ist der beeindruckende Grote Markt (Grand Place) im Herzen der Stadt. Mit dem gotischen Rathaus und den mit Gold verzierten Giebeln der Zunfthäuser gilt er als der schönste der Welt, besonders, wenn er nachts illuminiert ist. Tagsüber laden Cafés und Restaurants zum Verweilen ein, Märkte, Festival und andere Events ziehen die Besucher an. Ein breites Spektrum von architektonischen Highlights präsentiert sich in den angrenzenden Vierteln, von Gotik, Barock und Jugendstil bis hin zu neuzeitlichen Glas- und Stahlpalästen.
Brüssel bietet eine Vielzahl an kleinen und großen Museen wie das Magritte-Museum, das Brauerei-Museum oder das Straßenbahn-Museum. Andere widmen sich Comics, Autos, Filmen, Naturwissenschaften, Aufzügen, Musikinstrumenten oder der Polizei. Natürlich dürfen auch nicht die touristischen Highlights wie das Atomium oder Manneken Pis vergessen werden.
Nur 50 Km entfernt liegt die alte Hansestadt Gent mit ihrem zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenem Zentrum, den Grachten und Bürgerhäusern. Da atmet nahezu jeder Ziegel Geschichte, es gibt mehr als 9800 registrierte, kulturhistorisch wertvolle Gebäude. Im Mittelalter zählte Gent zu den wichtigsten und reichsten Städten Europas und heute gibt es die meiste Kultur pro Einwohner und Quadratmeter in Flandern. Einer der größten Kunstschätze ist der „Genter Altar“ von Jan und Hubert van Eyck von 1432 in der St. Bavo-Kathedrale, die übrigens noch weitere 22 prachtvolle Altäre vorweisen kann. Zum Weltkulturerbe zählen auch die Beginenhöfe und der 95 m hohe Belfried mit seinem Glockenspiel.
Unbedingt besuchen sollte man die Burg Gravensteen, die alte Fleischhalle, den Kornmarkt und die Sankt-Michael-Brücke, von der man die drei Stadttürme wie auf einer Perlenschnur aufgereiht sehen kann. Romantisch wird es bei einer Bootstour auf der Leie, bei einer Kutschfahrt oder am Abend, wenn die Gebäude stimmungsvoll illuminiert werden.
Noch einmal knapp 50 km weiter nördlich lockt Brügge, auch Hansestadt und Weltkulturerbe, mit malerischen Gassen, Grachten und Brücken, der Gemäldesammlung alter flämischer Meister, imposanten Kathedralen und Türmen, interessanten Museen wie dem Diamantenmuseum oder das weltweit einzige Pommes Frites-Museum. Doch Hauptanziehungspunkt zumindest für Gourmets ist sicher das Schokoladen-Museum Choco-Story, wo die Besucher eintauchen können in die Geschichte der Schokolade von den Mayas bis zu den modernen Kreationen heute. Man kann dort bei der Pralinenherstellung zusehen und sie auch probieren. Wer es nicht so süß mag, kann regionale Spezialitäten wie den Gemüseeintopf Hutsepot, geschmorten Chicorée Witloof gestoofd oder gebratene Sezung Zeetong op z’n Oostendes. Einen guten Schluck dazu kann man aus rund 330 Biersorten auswählen.
Von Brügge aus an die Nordseeküste Flanderns ist es nur ein Katzensprung. Oostende, die „Königin der Seebäder“, war einst Treffpunkt des europäischen Adels und auch heute noch kann man majestätisch an der kilometerlangen Strandpromenade flanieren oder im Casino Fortuna herausfordern. Man könnte aber auch für fünf Euro einen ganzen Tag mit der längsten Tramlinie der Welt, der „Kusttram“, 13 Seebädern besuchen. Für die 70 km lange Strecke braucht die Bahn 2,23 Stunden. Start ist in De Panne an der französischen Grenze, einem Mekka für Strandsegler. Weiter geht es über Oostende, De Haan, dem malerischen Seebad mit Gärten und Villen im Cottage-Stil und aus der Belle Epoque, bis nach Knokke-Heist, dem mondänsten Badeort an der Küste mit exklusiven Geschäften, Restaurants und Galerien. Wer gut zu Fuß ist, kann auch die gesamte belgische Küste entlang auf einem 180 km langen Wanderroutennetz erkunden.
Im Reigen der Kunst- und Kulturstädte darf natürlich Antwerpen nicht fehlen. Da fallen einem sofort Diamanten ein, Antwerpen ist Weltzentrum für die Verarbeitung und den Handel mit den Edelsteinen. Mit dem nötigen Kleingeld kann man auch in einem der zahlreichen Juwelierläden die Glitzersteine erwerben.
Aber Antwerpen ist auch eine Modemetropole, das hat sie den legendären „Antwerp Six“, äußerst erfolgreichen Absolventen der Modeakademie in den 1980-er Jahren, zu verdanken. Die Schule, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, gilt auch heute noch als einer besten der Welt. Im Modeviertel gibt es ein Modemuseum und viele Shops und Boutiquen, zu denen Schnäppchenjäger besonders im April und November pilgern, wenn die Preise purzeln.
Antwerpen kann aber auch sonst mit touristischen Highlight aufwarten. So empfiehlt sich ein Besuch der Liebfrauen-Kathedrale, der größten gotischen Kirche Belgiens, des „Museums aan de Stroom“ (MAS) oder der 700 Jahre alten Burg Het Steen, die als Keimzelle Antwerpens gilt. Ebenso lohnt sich ein Streifzug durch die historischen Gassen und Höfe mit ihren mittelalterlichen Häusern und über die Märkte. Nicht nur bei schlechtem Wetter empfehlenswert sind die Museen der Stadt wie das Fotomuseum, das Rubenshuis, das Silbermuseum oder das „Red Star Line“-Museum. Das im September 2013 eröffnete Haus in alten Lagerhäusern an der Schelde dokumentiert die Geschichte der fast drei Millionen Auswanderer, die zwischen 1873 und 1935 nach Amerika und Kanada verschifft wurden.
So viel Kunst und Kultur machen hungrig. In Flandern finden sich für jeden Geschmack kulinarische Angebote auf höchstem Niveau. So gibt es in Flandern auf den Einwohner gesehen mehr Michelin-Sterne als in Frankreich, allein Brüssel verzeichnet 25. Es wird großen Wert gelegt auf gute Qualität. Das Meer liefert um die 40 Sorten Fisch, vor allem Seezunge und Scholle, Muscheln und Garnelen. Hochwertig sind auch die Gemüse aus Flandern, vor allem der Chicorée, eine belgische Erfindung. Über 50 Zubereitungsarten werden angeboten. Selbst für Vegetarier gibt es viele Angebote, in Gent ist sogar jeder Donnerstag in der Woche „fleischlos“, zumindest in öffentlichen Einrichtungen.
Wer in Flandern ist, muss natürlich Schokolade probieren, denn es ist sozusagen das Mutterland dieser Köstlichkeit. In Brügge, der selbsternannten Welthauptstadt der Schokolade, gibt es mehr 50 hervorragende Pralinengeschäfte, im Schokoladenmuseum wird die Geschichte des „braunen Goldes“ dargestellt. Chocolatiers wie Dominique Persoone kreieren immer neue Geschmacksrichtungen wie Tannengeschmack, Blumenkohl, Essig oder knuspriger Hühnchenhaut. Natürlich darf auch ein Schluck Bier nicht fehlen. Bei 500 Sorten des Gerstensaftes fällt die Wahl schwer.
Wer einen Trip nach Flandern plant, sollte sich für 2014 einige Termine vormerken: Vom 7. bis 9. Februar findet in Brüssel der weltgrößte „Salon du Chocolat“ statt. Im April wird in Brüssel auch das Klöppel-Museum eröffnet, vom 14. bis 17. August bedecken eine Million Blumen den Gand‘ Place und im August und September kann der Königspalast besichtigt werden. In der letzten Juliwoche verwandelt Europas größtes Volksfest das historische Zentrum Gents in eine riesige Bühne.
Doch ein Thema beherrscht mit zahlreichen Veranstaltungen das gesamte Jahr 2014: „100 Jahre Erster Weltkrieg“. Die zentrale Erinnerungsstätte ist das neu gestaltete „In Flandern Fields Museum“ (IFFM) in Ypern. Die Stadt war zwischen 1914 und 1917 heftig umkämpft und stark zerstört worden. Ypern ist Ausgangspunkt für die Erkundung der Gedenkstätten in der Umgegend, wie der Kriegsgräberfriedhof des Commonwealth Tyne Cot, der deutsche Soldatenfriedhof Langemarck, der britische Soldatenfriedhof Lijssenthoek, das Yserturm-Museum Diksmuide, das im Frühjahr 2014 eröffnet wird, oder das Käthe-Kollwitz-Mahnmal in Vladslo. Von November 2013 bis Juni 2014 ist im IFFM die Ausstellung „Krieg und Trauma“ zu sehen, am 17. Oktober bildet sich eine 75 Kilometer lange Lichterkette von der Nordsee bis an die Leie und im Oktober und November 2014 findet in Brüssel das internationale Chorfestival „1000 Stimmen für den Frieden“ statt.
Zum Abschluss gab es für alle noch ein Tütchen Mohnsamen. Die Mohnblüte gilt in Belgien als Symbol für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, nach dem bekannten Gedicht „Flanders Fields“ (Auf Flanderns Feldern).
Fotos: H.-P. Gaul, Toerisme Vlaanderen/Carrasco, J. Almblad, P. Smit, Rufenach, De Kievith, Peter Schoemans, Tourismus Flandern-Brüssel