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Von Margrit Manz
Auf Einladung des bulgarischen Tourismusministeriums waren fünf CTOUR-Journalistinnen und Journalisten in Bulgarien, um über die Themen Wein-, Kulinarik-, Kultur-, Natur-, SPA- und Balneo-Tourismus vor Ort zu berichten. Vom 8. bis 13. September 2024 haben wir gemeinsam mehr als 1.000 Kilometer zurückgelegt, viel erfahren, gehört und gesehen.
Nur Island hat in Europa mehr Mineralquellen als Bulgarien. Dieser Heimvorteil wurde in den letzten Jahren genutzt und entstanden sind eine Vielzahl an hochrangigen SPAs und Wellness-Oasen. Aber damit nicht genug, Bulgarien arbeitet auch seine wechselvolle Geschichte auf. Nachweislich ist das Territorium Bulgariens seit dem frühen Altertum besiedelt. Viele Siedlungs- und Grabhügel zeugen davon. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass das heutige Landesgebiet der Ursprung einiger der ältesten Zivilisationen Europas ist.
Belegt wird dies auch mit dem Goldschatz im Museum in Varna, er gilt als „das älteste freigelegte bearbeitete Gold aus der Chalkolithikum-Nekropole“. Auf Schritt und Tritt steht man in Bulgarien archäologischen Ausgrabungen gegenüber. Im wahrsten Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt, denn das Land ist wie ein Schichtsystem der Historie. Ist eine der Schichten freigelegt, offenbart sich darunter eine noch viel ältere. Mehr als ein Bauvorhaben musste gestoppt werden, um die kostbaren Schätze im Untergrund zu konservieren. Neben den Thermalquellen und dem darauf fußenden Gesundheitstourismus, sind die erschlossenen archäologischen Entdeckungen rund um die 8000-jährige Geschichte des Landes eine weitere Attraktion für jeden Reisenden.
Mit anderen Worten, Spurenelemente und Mineralstoffe des heilenden Wassers sind mit den historischen Spuren des Landes eng verwoben. Die Heilquellen werden nachweislich seit der Antike genutzt.
Bereits die alten Thraker, die sich östlich von Makedonien bis an das Westufer des Schwarzen Meeres angesiedelt hatten, wussten um die vielen Thermalquellen. Ihre berühmten Heiler bezogen ihre Künste aus den unzähligen heißen und kalten Quellen der Region. Sie beschworen den Glauben an die „Unsterblichkeit“, wie es in Homers „Ilias“ nachzulesen ist. Bulgarien wurde fortan „Land der Gesundheit“ genannt. Die alten Thraker, wie auch die Slawen und Römer favorisierten die Heilbäder Augusta, Pautalia, Serdika und Anchialo.
Heute werden insgesamt mehr als 550 natürliche Wasserquellen und etwa 1.600 Thermalquellen genutzt.
Mal einen Gang runterschalten
Bulgariens reiche Geschichte und ihre zahlreichen Sehenswürdigkeiten machen es den Bloggern und Vloggern leicht, gute Nachrichten und Filme abzusetzen, auch die Instagram-Seiten sind voll davon. Aber mehr und mehr setzt sich ein anderer Trend durch, nämlich das genussvolle stille Betrachten.
Nirgendwo sonst lässt sich das so gut machen wie in Bulgarien. Geschätzt wird die unaufdringliche weltoffene Seite des Landes, die jeden Fremden einlädt, mal einen Gang runterzuschalten.
Dazu gehört ebenso ein Bad in den Thermalquellen, in denen sich schon die römischen Kaiser aalten, wie auch die Welt des bulgarischen Weins zu entdecken oder den Duft der teuersten Rose der Welt zu schnuppern. Ihr Öl wird in den bekannten Parfüms u.a. Bulgari, Chloé und Gucci verarbeitet.
Bulgarien entwickelt sich ganz im Zeichen des Slow Tourism, dessen Ziel es ist, entschleunigte, nachhaltige und lebenswerte Regionen sowohl für Bewohner als auch für Touristen zu schaffen.
Eine Auszeit für Körper und Seele
Entlang der Schwarzmeerküste, gibt es viele Orte, die sich auf ihre „hauseigenen“ natürlichen Kräuter spezialisiert haben. Jedes Jahr werden etwa 15.000 Tonnen exportiert und besonders bei der Aromatherapie und anderen SPA-Anwendungen eingesetzt.
Einige balneologische (bäderheilkundliche) Orte liegen im Inneren des Landes und bieten neben den gesundheitsfördernden Maßnahmen, auch schöne Ausflugs- und Wandermöglichkeiten.
Ein gutes Beispiel, wie sich in Bulgarien Geschichte und Moderne überschneiden, ist der Kurort Hisarya, etwa 40 km nördlich von Plovdiv, wo es neben einem Römerbadmuseum, auch moderne SPA-Hotels und -Resorts mit Thermalwasser- und Heilschlammanwendungen gibt.
links: Überreste eines Bades
in Hisarya
Die SPAs bieten neben einer gepflegten Unterbringung, auch geschultes Personal, das die große Auswahl an Anwendungen bestens beherrscht. Hier ist alles zu finden von Mineralbädern über Massagen bis hin zu Reflexologie-Anwendungen, Aromatherapie, Apitherapie (mit Bienenharz und Honig), Anti-Stress- Programme und solche zur Gewichtsreduktion. Körper, Geist und Seele sollen wieder in Einklang kommen.
1882 hatte die damalige Regierung Bulgariens eine „Verordnung zur Nutzung der Thermalquellen von Hisarya“ herausgegeben und in Plovdiv folgten die ersten chemischen Analysen der Quellen. Damit war der Grundstein für die organisierte Balneologie im Lande gelegt.
In Hisarya sind die Spuren der Römerbesonders gut zu sehen.
Eine vollständig erhaltene Festungsmauer (rechts), die eine Länge von 2.327 Metern und stellenweise eine Höhe von 11 Metern erreicht,
ja sogar mit 13 Metern das Südtor übersteigt, dass auch „Die Kamele“ genannt wird. (links)
Die römischen Tore bilden noch heute den Zugang zur Altstadt, wo sich wunderschöne Parks, sanierte Trinkhallen und das damals majestätische große Thermalbad mit dem Riesenmarmorbecken befinden.
rechts: Löwenkopf als Wasserspeier
Gesundheit geht durch den Magen
In Bulgarien sei es keine Kunst über 100 Jahre alt zu werden, heißt es. Diese Langlebigkeit ist auf die größtenteils natürliche Ernährung zurückzuführen, allen voran der traditionelle bulgarische Joghurt (kiselo mlyako), der Käse Kaschkawal,
Tarator (eine kalte Gurkensuppe mit Joghurt) und natürlich das Roggenvollkornbrot.
Wie in vielen Ländern, sind auch die bulgarischen Gerichte ein Produkt mehrerer Kulturen. Orientalische, arabische und türkische Gewürzmischungen sind selbstverständliche Begleiter in der bulgarischen Küche. Besonders gerne werden Gewürze wie Paprika, Thymian und Knoblauch, aber auch Minze verwendet. Typische Gerichte sind Tschuschka Bürek, eine mit Eiern und bulgarischem Schafskäse gefüllte gebackene Paprika, Kebaptscheta, lange gegrillte Fleischstücke (Rind und Schwein), gewürzt mit schwarzem Pfeffer, Salz und Kreuzkümmel.
Dazu passt Shopska, ein Salat aus Tomaten, Gurken, Schalotten, Paprika und Käse, der die Farben der bulgarischen Nationalflagge aufgreift.
Und wenn es beim Essen feierlich wird, dann einfach, weil es so gut schmeckt.
Zum Frühstück wird bereits kräftig für den Tag vorgelegt mit Buhti (Krapfen) und Mekizi(Gebäck aus Joghurtteig).
Auch das bulgarische Baniza, eine Art Schafskäsestrudel, darf nicht fehlen.
Plovdiv und Sofia – die stolzen Töchter Bulgariens Teil 2
Für uns Journalistinnen und Journalisten ging es weiter nach Plovdiv und Sofia. Im zweiten Teil des Reiseberichtes werden unsere Stadterkundungen im Fokus stehen.
Vorab sei schon gesagt, dass wir noch im Flieger nach Hause, den Bildern der Städte nachhingen. Jedem Einzelnen aus unserer Gruppe war klar, dass wir von der reichen Geschichte des Landes nur einen Bruchteil gehört und gesehen hatten. Aber es reichte, um uns neugierig zu machen auf eine Fortsetzung.
Zu verdanken ist dies vor allem der Reiseleiterin Bilyana Nikolova, die uns nicht nur mit Informationen versorgt hat, sondern Jahrhunderte, die das Land geprägt haben, in ihren Erzählungen lebendig werden ließ. Danke.
Fotos: Margrit Manz, Bulgarien Tourismus
Noch mehr über BULGARIEN:
Fred Hafner hat die Reisestationen auf Reiseblick.net zusammengefasst: Bulgarien Inland (reiseblick.net)
Margrit Manz ist Journalistin und Redakteurin mit Themenschwerpunkt China. Seit über 20 Jahren berichtet sie über Wirtschaftsbeziehungen und Kulturaustausch, informiert über Tourismus und regionale Küche, rezensiert neue Bücher. Ihre Texte werden regelmäßig in Print- und Online-Magazinen in Deutschland und der Schweiz veröffentlicht, u.a. auf der Internetplattform China Report https://manz-chinareport.com/ Margrit Manz ist Mitglied des Präsidiums der Reisejournalistenvereinigung CTOUR.