BULGARIEN – MEHR ALS MEER!

Ein Medientreff, der Türen öffnet

Von Margrit Manz

Besser konnte der Tag nicht gewählt sein, denn seit 1980 feiert die Reisebranche am 27. September den Internationalen Welttourismustag. Grund genug für die Botschaft der Republik Bulgarien an diesem globalen Aktionstag gemeinsam mit der Reisejournalisten-Vereinigung CTOUR Berlin zum Medientreff in ihre Räume einzuladen. Zu den zahlreichen Besuchern zählten neben den CTOUR-Journalisten weitere Vertreter der Tourismusbranche und Partner des Clubs wie Sebastian Worel, Leiter des Büros von MdB Reginald Hanke, Mitglied des Tourismus-Ausschusses im Deutschen Bundestag; Konrad Guldon, Direktor des Polnischen Fremdenverkehrsamts und CTOUR-Premiumpartner; Jürgen Drensek, Ehrenpräsident der Reisejournalisten-Vereinigung VDRJ.

Foto oben: Sosopol, Badebucht an der Altstadt

Begrüßt wurden die Gäste vom neuen Botschafter S.E. Grigor Porozhanov, der an diesem Tag seine offizielle Akkreditierung erhalten hatte, und vom Ersten Sekretär, Abteilung für Tourismus, Tihomir Patarinski, sowie von CTOUR-Sprecher Hans-Peter Gaul. Betont wurde die Vielfältigkeit, die Bulgarien seinen Besuchern zu bieten hat. Neben der Sonne am Meer, dem Skilaufen im Gebirge wird künftig auch der Kultur-und Gesundheitstourismus größere Bedeutung gewinnen. Bulgarien möchte ein Reiseland werden, das zu allen Jahreszeiten attraktive Angebote für alle Altersgruppen und deren Geldbeutel machen kann.

Hans-Peter Gaul verwies auf den guten Start für eine engere Zusammenarbeit mit der Bulgarischen Botschaft und freut sich auf weitere gemeinsame Anlässe.

v.l.n.r. Tihomir Patarinski, Ersten Sekretär, Abteilung für Tourismus; S.E. Grigor Porozhanov, Botschafter der Republik Bulgarien, Hans-Peter Gaul, CTOUR-Sprecher

Nach den Grußworten berichtete Dr. Volker Berresheim, Botschafter a.D., Vorsitzender des Deutsch-bulgarischen Forums von den Aufgaben und Zielen, die vor allem die Beziehungen beider Länder fördern sollen. Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur wollen gemeinsam durch Studiengruppen, Konferenzen, Seminare, Workshops, sowie Arbeitskreise die Verständigung vertiefen.

Auf der Pressereise, die CTOUR-Journalisten vom 8.-14. September 2023 nach Bulgarien unternommen hatten, konnten wir uns vor Ort von der touristischen Entwicklung ein Bild machen und auch erfahren, welche Anstrengungen die Verantwortlichen unternehmen, um künftig auf nachhaltiges Reisen (GoGreen) bauen zu können. Dabei sind die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen auf das Land mit den Bedürfnissen der zahlreichen Besucher unter einen Hut zu bringen.

Kathedrale „Himmelfahrt der heiligen Mutter“ in Varna

Fred Hafner hat in seinem Reisebericht ein aktuelles Bild von den besuchten Orten und Eindrücken gezeichnet: MODERNE HOTELS, GRÜNE UMWELT, HERZLICHE GASTGEBER – UND BUCKELPISTEN | CTOUR

Archäologisch ein Eldorado!

Bulgarien ist zu recht stolz auf seine archäologischen Ausgrabungen, die nicht nur in dortigen Museen zu bewundern sind, sondern die man auch bei Stadtspaziergängen erkunden kann.

So entdeckten Archäologen im Jahre 1972 beim Ausbaggern eines

Kabelkanals im westlichen Industriegebiet der Hafenstadt Varna einen Goldschatz. Bei der Altersbestimmung konnten die Funde zwischen 4600 – 4200 v. Chr. datiert werden. Man spricht vom ältesten Goldschatz der Welt.

Oder die Römischen Thermen, ein beeindruckender Komplex antiker römischer Bäder mitten im Stadtzentrum von Varna. Auf einer Fläche von 7.000 m² wurden diese öffentlichen Badeanstalten mit Abkühlraum (Frigidarium), Wärmeraum (Tepidarium), Dampfbad (Caldarium), Toiletten (Latrinen) und Kesselraum (Praefurnium) genutzt. Interessant ist vor allem das Heizsystem, bei dem die Warmluft über Doppelböden und Hohlräume bis hin zur Dachkonstruktion des Bades geleitet wurde. Die damalige antike Stadt Odessos, das heutige Varna, wurde um das Jahr 570 v. Chr. als Kolonie von Griechen, die aus der kleinasiatischen Stadt Milet kamen, gegründet. Außer ihnen lebten hier Thraker und Römer und in späterer Zeit auch Slawen, Bulgaren und viele andere Völkerschaften.

Archäologische Stätte mit antikem römischem Thermalbad

In der Nähe von Varna befindet sich rechts und links einer Landstraße die Pobiti Kamani, was soviel wie „Zerschlagene Steine“ bedeutet. Hohe, zylindrische Steinsäulen erstrecken sich über 7 km² Fläche und geben Anlass zu vielen Legenden und religiösen Ritualen, die dort stattgefunden haben. Die Wissenschaft betrachtet den „Steinwald“ jedoch recht nüchtern und verortet ihn tief unter dem Meeresboden. Vor 50 Millionen Jahren entstanden diese ausgehöhlten Säulen, die eindeutige Ablagerungen z.B. von Muscheln nachweisen. Heute werden sie als imposantes Naturphänomen gedeutet und sind allemal ein touristisches Highlight.

Ein echter Beauty-Drink

In Albena bin ich mit Alicia, einer jungen Bulgarin verabredet, die an mir ihr sowieso schon perfektes Deutsch übt. Ich frage nach dem Dorf, das im asiatischen Raum große Berühmtheit erlangt hat. Auf ihren Anti-Aging-Trips wurde den Reisegruppen aus China, Japan oder Korea eine professionelle Verjüngungskur versprochen. Also wo ist jetzt dieses Dorf? Alicia lacht „Jedes Dorf macht hier seinen eigenen Joghurt und jeder ist gesund. Grundlage ist lactobacillus bulgaricus plus Milch und fertig. Dann kommt noch was dazu, damit der Joghurt haltbar, milder und cremiger bleibt. Na, Du weißt schon!“ Aber man kann auch nach Tibet zum Sho Dun Festival fahren, da wird in jedem Jahr der Joghurt gefeiert mit kulturellem Programm und Hunderttausenden von Zuschauern, weiß Alice.

Nach Island ist Bulgarien das reichste Land an Mineralquellen. Das Aquahouse im Kurort St. Konstantin und Helena vereint heilendes Mineralwasser, Meer und Meeresklima. Es hat 14 Pools und Wasserflächen für Sport, Erholung und Rehabilitation. Es gibt Innen- und Außenpools, eine finnische und Kräuter-Infrarot-Sauna, Hamam, Dampfbad, Salzraum sowie ein Kontrastbecken, das mit Kalt- und Warmwasser ausgestattet ist. Die therapeutischen Behandlungsräume bieten Schlammbehandlung, Hydrotherapie und Elektrotherapie sowie klassische und therapeutische Massagen.

Doch das wichtigste ist, ein Bad in natürlichem Mineralwasser, d.h. in Hydrocarbonat-Natrium-Calcium-Magnesium-Wasser zu nehmen. Mit einer Temperatur von 47°C entspringt das Wasser der Quelle und wird im Schwimmbecken auf 30°C abgekühlt.

Alicia rät einen Strohhalm mitzunehmen, dann könne man auch mal vom gesunden Badewasser schlürfen. Ja, sagt sie, so empfiehlt es zumindest die Werbung.

Die Techniker Krankenkasse, eine der führenden deutschen Krankenversicherungen, hat direkte Verträge mit bulgarischen Rehabilitationszentren entlang der Schwarzmeerküste abgeschlossen. Die Kurleistungen können direkt mit der TK abgerechnet werden. Deutschland müsse die Vorteile des bulgarischen medizinischen und SPA-Angebots mehr bewerben, drängt die bulgarische Seite.

Auch der dentale Tourismus boomt. Mit einer Kombination aus Urlaub an einem schönen Ort und spezialisierter zahnärztlicher Behandlung hat sich Bulgarien in den letzten Jahren einen Namen gemacht. Hoch qualifizierte Zahnärzte, High-End-Ausstattung in kürzester Zeit und niedrige Preise machen das Land für viele Ausländer attraktiv.

„Weißes und schwarzes Gold“

Zwei Gold-Schätze sind das Markenzeichen von Pomorie.

Zum einen ist es „das weiße Gold“, wie das Salz im Altertum genannt wurde. Bereits vor 2.500 Jahren wurde in Anchialo, der alte Name von Pomorie, Salz gewonnen.

Doch Pomorie ist auch längst als bekanntes und beliebtes Moor- und Seebad Bulgariens etabliert. Es ist der Heilschlamm, „das schwarze Gold“, das aus dem angrenzenden See geborgen wird und wahre Wunder bewirken soll. Der heilende Schlamm lockt jedes Jahr viele in- und ausländische Besucher in die Region.

Eleganz am Weinbergsrand

Was kann es Schöneres geben, als zu einem guten Essen einen hervorragenden Wein zu trinken? Circa 4.000 Jahre alt ist die Tradition des Weinanbaus in Bulgarien und entsprechend zahlreich sind die Weingegenden. Die Bulgaren sind gleichsam Genießer und Weinkenner. Auf den fruchtbaren Böden der Donauebene und am Schwarzen Meer gedeihen seit thrakischer Zeit die edelsten Tropfen, und heute zählt das Land zu den größten Weinerzeugerländern Europas. Der Rotwein Mavrud ist wohl der berühmteste, aber auch Gamza und Pamid sowie die weißen Weine Dimiat oder Damianka sind nicht zu verachten. Seit 20 Jahren arbeiten die Weinbauern daran, eine hohe Qualität und einen ebenso hohen Export zu erreichen.

Rosen und Wein haben beide ein gutes Aroma. Die Osmanen brachten einst die Damaszener-Rosen mit ihrem schweren betörenden Duft aus Kleinasien. Die Rose kam nach Bulgarien, um zu bleiben. Auch heute wird aus ihr Rosenöl und Rosenwasser gewonnen. Im bulgarischen Rosental werden zirka 1,5 Tonnen Rosenöl pro Jahr destilliert.

Damaszener Rosen für „Chanel N°5“

Das Öl gilt als das beste der Welt und wird z.B. im berühmten französischen Parfüm „Chanel N°5“ verwendet. Der „Rolls Royce“ unter den Rosenölen, kommentiert stolz Alicia. Man sagt, dass die Tresore der Banken neben den üblichen Goldbarren auch das wertvolle Rosenöl sicher unter Verschluss halten. 

Kleines Land, große Wirkung

Mit knapp 7 Millionen Einwohnern und einer Fläche von 111.000 km², ca. ein Drittel von Deutschland, zählt Bulgarien eher zu den kleineren Staaten. Die Staatsform ist eine Parlamentarische Republik, in der 85 % Bulgaren, 8,5 % Türken, 5 % Sinti und Roma leben. Mit rund neun Prozent Bevölkerungsanteil stellen die Türken die größte Minderheit in Bulgarien. Nach fast 500 Jahren Herrschaft des Osmanischen Reichs in Bulgarien, war es den Bulgaren gelungen, sich am 3. März 1878 von den Osmanen zu befreien. Der Nationalfeiertag heißt in Erinnerung daran „Tag der Befreiung“. Das kommt nicht bei allen gut an.

Doch auch der 9. September, der Nationalfeiertag in kommunistischen Zeiten, gilt als ein kontroverses Datum in der bulgarischen Geschichte. 1944 waren die Russen über die Donau gekommen und hatten Bulgarien vom Hitlerregime befreit. „Die Jungen können mit dem alten Feiertag nichts anfangen, die Alten nichts mit dem neuen. Also feiert keiner mehr“, sagt Alicia. Derzeit debattiert man offiziell über ein anderes Datum.

Den Krieg in der Ukraine bekommt sie nur wegen die Flüchtlinge mit, meint Alicia. Aber zu spüren ist er schon. Die Kreuzfahrtschiffe halten nicht mehr in Nessebar, und die Russen machen keine Ferien mehr am Goldstrand in Varna. Das fällt schon auf, sagt sie, und schüttelt den Kopf.

Was heißt das jetzt? Bulgaren schütteln den Kopf, wenn sie Ja sagen und Nicken fürs Nein. Da kommt man schon mal durcheinander.

Albena, Ein Fluggast auf dem Balkon

Fotos: Hans-Peter Gaul, Volker Neef, Udo Horn, Margrit Manz

Margrit Manz ist Journalistin und Redakteurin mit Themenschwerpunkt China. Seit über 20 Jahren berichtet sie über Wirtschaftsbeziehungen und Kulturaustausch, informiert über Tourismus und regionale Küche, rezensiert neue Bücher. Ihre Texte werden regelmäßig in Print- und Online-Magazinen in Deutschland und der Schweiz veröffentlicht, u.a. im Magazin RUIZHONG der Gesellschaft Schweiz-China und auf der Internetplattform China Report https://manz-chinareport.com/ Margrit Manz ist Mitglied im Club der Tourismus-Journalisten CTOUR.