CTOUR on Tour: Mit dem Luther Pass auf den Spuren der Reformation

Pünktlich zur traditionellen Tourismus-Pressefahrt mit Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg aktuelle Zahlen zum Brandenburg-Tourismus veröffentlicht. Demnach konnten im ersten Halbjahr 3,1 Prozent mehr Gäste begrüßt werden als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Übernachtungen legte mit 5,6 Millionen um 4,1 Prozent zu. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer blieb mit 2,6 Tagen unverändert.

Die meisten ausländischen Gäste kamen aus Polen, den Niederlanden und aus Dänemark. Mit ca. 60 000 Beschäftigten ist die Tourismuswirtschaft ein wichtiger Job- und Wertschöpfungsmotor im Land Brandenburg. Der Bruttoumsatz der Branche liegt bei 4,3 Milliarden Euro.

Kulturquartier Mönchenkloster in Jüterbog
Kulturquartier Mönchenkloster in Jüterbog

Und so bot denn auch die Medien-Sommertour unter dem Motto „Ausblick auf das Jubiläum 500 Jahre Reformation 2017“ nicht nur interessante historische Schauplätze, sondern zeigte auch die Chance, im bevorstehenden Jubiläumsjahr erfolgreich um mehr Gäste aus Deutschland und der Welt zu werben.  Bei Besuchen wichtiger Stätten der Reformation wie Jüterbog, Herzberg und Mühlberg wurden auch bisher nur wenig genutzte touristische Potenzen des Landes deutlich.

Mönch mit Luther Pass-Stempel in Mühlberg
Mönch mit Luther Pass-Stempel in Mühlberg

Tourismus-Kompass für Reformationsstätten
Der Landkreis Elbe-Elster hatte z. B. die Idee für einen Luther Pass als Tourismus-Kompass. Er soll helfen, aus der Fülle der Angebote von acht Städten in drei Bundesländern den eigenen Weg zu Luther zu finden. Der Luther Pass, der ab Beginn des Kirchenjahres am 1. Advent in Touristinformationen und auf Messen kostenfrei zu haben ist, enthält kurze Beschreibungen der beteiligten Städte sowie Platz für eigene Notizen und die Sonderstempel. Und die kann man sich – ganz wie in einem Pilgerpass –  in Bad Liebenwerda, Doberlug-Kirchhain, Finsterwalde, Herzberg/Elster, Jüterbog, Mühlberg/Elbe, Torgau und in Wittenberg abholen.

St. Nikolai ist das Wahrzeichen der Flämingstadt Jüterbog
St. Nikolai ist das Wahrzeichen der Flämingstadt Jüterbog

Neben der Erinnerung an den Besuch der Reformationsstätten winkt dann auch noch ein Gewinnspiel. „Wir haben seit jeher eine enge Verbindung zu Wittenberg, und Luther war nachweislich oft in der Region. In Herzberg hat der Reformator gemeinsam mit Melanchthon die Grundlagen der modernen Schule gelegt“, so Janine Kauk, Marketingbeauftragte des Landkreises zur überregionalen Bedeutung des Passes.

Ministerpräsident Dietmar Woidke mit Pfarrer Bernhard Gutsche (l.) und Medienvertretern in St. Nikolai Jüterbog
Ministerpräsident Dietmar Woidke mit Pfarrer Bernhard Gutsche (l.) und Medienvertretern in St. Nikolai Jüterbog

Ministerpräsident Dietmar Woidke machte es sichtlich Spaß, als erster Gast in Herzberg und Mühlberg seinen Pass zu stempeln. In Jüterbog hatte der bekennende evangelische Christ zum Reformationsjubiläum gesagt: „Ich setze auch darauf, dass dieser Teil der Landesgeschichte, der in DDR-Zeiten weitgehend vernachlässigt wurde, wieder stärker in das Bewusstsein unserer Bürger rückt“.

Der legendäre Tetzel-Kasten in St. Nikolai Jüterbog
Der legendäre Tetzel-Kasten in St. Nikolai Jüterbog

Fläming-Tourismus: Tetzel Thesen Touren
In der Flämingstadt Jüterbog ist man da bereits auf einem guten Weg.  Wo 1517 der Dominikanermönch Johann Tetzel seine Ablassbriefe verkaufte und damit Luthers Thesenanschlag im nahen Wittenberg provozierte, hat man die Zeichen der Zeit erkannt. So ist das im mittelalterlichen Gebäudekomplex Mönchenkloster etablierte Kulturquartier ein zentraler Anlaufpunkt für Besucher aus nah und fern. Ab 8. September 2017 wird hier und in der Nikolaikirche die spektakuläre Sonderausstellung „Tetzel, Ablass, Fegefeuer“ u. a. mit Tezels 106 Gegenthesen gezeigt. Am 8. und 9. September 2017 startet das Stadtfest mit Festumzug „Tetzel kommt“ sowie mit einem mittelalterlichen Mysterienspiel.

Wertvolle Deckengemälde in der St. Marienkirche Herzberg
Wertvolle Deckengemälde in der St. Marienkirche Herzberg
Pfarrerin Anika-Scheinemann-Kohler mit Ministerpräsident Dietmar Woidke vor der St. Marienkirche Herzberg
Pfarrerin Anika-Scheinemann-Kohler mit Ministerpräsident Dietmar Woidke vor der St. Marienkirche Herzberg

Höhepunkt zum Reformationsjubiläum ist ein Freiluft-Theater-Spektakel am 30. und 31. Oktober. Dann wird an den originalen Schauplätzen in der Jüterboger Altstadt Kleists Drama „Kohlhaas“ aufgeführt.  Auch der Tourismusverband Fläming, dessen Region sich zwischen den Kirchentagsorten 2017 Berlin und der Lutherstadt Wittenberg befindet, bereitet sich intensiv vor. „Unsere vielfältigen Angebote sind für alle interessant, die ländliche Idylle und Kulturgeschichte verbinden möchten“, so Geschäftsführer Daniel Sebastian Menzel. „Bei uns im Fläming kann man durchs Mittelalter wandern, radeln und skaten“. Im gerade erschienenen Tourenplaner „Tetzel  Thesen  Touren“ gibt’s zehn eigens zusammengestellte Rad-, Wander- und Skatetouren durch die Region mit Ausflugs- und Veranstaltungstipps entlang der Strecken. Zudem stellt die Übersichtskarte „Rad und Reformation“ eine 295 km lange Radrundtour zwischen Berlin und Wittenberg mit 40 interessanten Abstechern und Zwischenstopps vor. Mehr über Orgelkonzerte mit Weinverkostung, Stadtführungen und zur Klassenfahrt mit Luther-Rallye gibt‘s im Guide „Tetzel & Luther“.

Ministerpräsident Dietmar Woidke mit TMB-Geschäftsführer Dieter Hütte und Fläming-Tourismus-Chef Daniel Sebastian Menzel (v. r.)
Ministerpräsident Dietmar Woidke mit TMB-Geschäftsführer Dieter Hütte und Fläming-Tourismus-Chef Daniel Sebastian Menzel (v. r.)

Gefragt ist auch der Luther-Tetzel-Weg. Wo vor 500 Jahren viele Wittenberger nach Jüterbog pilgerten, um Tetzels Ablassbriefe zu erhalten, sind heute Wanderer unterwegs. Ihr Ziel – die dreischiffige gotische St. Nikolaikirche, das Wahrzeichen des über 1000jährigen Jüterbog. In der prächtig restaurierten Kirche, in der einst Tetzel und auch Thomas Müntzer predigten, sind u. a. Wandmalereien und die Fresken der Nebenkapelle, der mittelalterliche Flügelaltar sowie der legendäre „Tetzelkasten“ („Wenn die Münze im Kasten klingt…“) Anziehungspunkte für Besucher. Wer den Turmaufstieg nicht scheut, hat einen prächtigen Rundblick auf die „Stadt des Anstoßes“ der Reformation. Auch fünf Potsdamer Illustratoren haben sich dem Thema „Ablass“ angenommen. Sie haben 500 moderne Ablassbriefe entwickelt, mit deren Erwerb an Kunstautomaten im Fläming man sich nicht unbedingt von alltäglichen Sünden freikaufen, aber Künstlern finanziell helfen kann. Kunstautomaten gibt’s in Bad Belzig, Brück, Treuenbrietzen, Luckenwalde, Wiesenburg/Mark und Coswig.

Das ehem. Zisterzienserkloster Marienstern in Mühlberg
Das ehem. Zisterzienserkloster Marienstern in Mühlberg

Reformation zwischen Elbe und Elster
In Herzberg begrüßte Bürgermeister Michael Oecknigk, Reformationsbeauftragter der AG Städte mit historischen Stadtkernen des Landes Brandenburg, die Teilnehmer der Tourismus-Sommertour. Nachdem sich das Kernland der Reformation heute auf die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg verteilt, geraten brandenburgische Orte oft aus dem Blickfeld des historischen Zusammenhangs. „Mit der Kulturroute, die links und rechts der Elbe von Torgau nach Wittenberg führt, soll der Blick besonders auf jene Orte gerichtet werden, die zwischen den beiden Städten heute zu großen Teilen auf brandenburgischem Gebiet liegen und von kulturgeschichtlichem Interesse sind“, heißt es in dem aktuellen Wegweiser „Reformation zwischen Elbe und Elster“. Er lädt im Dreiländereck Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu einer spannenden Entdeckungsreise zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto ein. Die Mitte des 14. Jahrhunderts erbaute St. Marienkirche in Herzberg empfängt die Besucher mit prächtig restaurierten Deckengemälden und der Sandsteinkanzel von 1663. Martin Luther und Philipp Melanchthon hatten 1538 eine der der ersten deutschen Schulordnungen für die Herzberger Lateinschule unterzeichnet. Die Schulordnung, Ausdruck des mit der Reformation entstandenen neuen Bildungsideals, fand von Herzberg Verbreitung in ganz Deutschland.

Stadtführerin mit dem Mühlberger Traditionsbrot
Stadtführerin mit dem Mühlberger Traditionsbrot

Zwischenstopp an der Bildungs- und Begegnungsstätte BlauHaus, einer beispielhaften Adresse für barrierefreien Tourismus im ElsterPark Herzberg. In dem nach neuesten gebäudetechnischen Erkenntnissen gebauten und kürzlich als Hotel mit ansprechender Gastronomie eröffneten BlauHaus sind auch zahlreiche Mitarbeiter/innen der ElsterWerkstätten tätig. Neben kulinarischen Genüssen bietet das BlauHaus die Möglichkeit, sich Fahrräder, E-Bikes und Kanus auszuleihen. Außerdem erwartet gleich nebenan ein modernes Kletterareal die sportlichen Gäste (www.elsterpark-herzberg.de).

Im neuen Museum „Mühlberg 1547“
Im neuen Museum „Mühlberg 1547“

Museum „ Mühlberg 1547“
Mit dem einst für Arme gebackenen traditionellen Gnadenbrot („Hayniche“) begrüßte Bürgermeisterin Hannelore Brendel die Gäste auf dem Markt in Mühlberg an der Elbe. Pater Alois Andelfinger führte sodann durch Kreuzgang und Kirche des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Marienstern aus dem Jahre 1228. Das 1539 infolge der Reformation aufgelöste Kloster ist heute ein ökumenischer Ort der Begegnung und Stille. Das Ökumenische Haus lädt zu Mehrtages-, Tages- sowie Abendveranstaltungen ein und bietet tägliche Gebetszeiten an. 2015 wurde in der Klosterpropstei das Museum „Mühlberg 1547“ eröffnet. Es veranschaulicht ein wichtiges Kapitel europäischer Geschichte mit großer Bedeutung für die Reformation. In der Schlacht von Mühlberg 1547 besiegten die von Kaiser Karl V. angeführten Heere einer katholischen Allianz den Schmalkaldischen Bund, das Bündnis der protestantischen Reichsstände. „Der erste Religionskrieg auf deutschem Boden führte im Ergebnis dazu, dass sich die Konfessionen auf einen friedlichen Ausgleich einigen mussten“, heißt es im Wegweiser „Reformation zwischen Elbe und Elster“. So bereitete die Schlacht letztlich auch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 vor, der das gleichberechtigte Nebeneinander der Konfessionen regelte.
Wie die von der Staatskanzlei des Landes Brandenburg in Kooperation mit der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, dem Kulturland Brandenburg und weiteren Partnern organisierte Tagestour eindrucksvoll gezeigt hat, gibt‘s bei Stadtrundgängen, in Kirchen und Museen Brandenburgs noch viel zu entdecken. Eine Chance für den Tourismus, nicht nur zum Reformationsjubiläum 2017.

Weitere Informationen und Kontakte:
www.luther2017.de
www.reiseland-brandenburg.de
www.kulturland-brandenburg.de
www.prediger-und-buerger.de
www.reiseregion-flaeming.de
www.ekbo.de
www.reformation-im-flaeming.de
www.elbe-elster-land.de
www.lutherpass.de

Fotos: Hans-Peter Gaul