ZU JEDER JAHRESZEIT EINE REISE WERT

Usedom lebt ganzjährig vom Tourismus

Von Sylvia Acksteiner
mit Videos von Michael Wenkel

„Die Insel Usedom ist mehr als nur eine Kulisse für Sonnenanbeter. Sie ist ein Zusammenspiel aus Natur, Kultur und Genuss.“ So steht es im druckfrischen Magazin der Usedom Tourismus GmbH.
Grund genug, um der Insel mal wieder einen Besuch abzustatten – beim traditionellen CTOUR-Ostseetag.

Seebrücken-Romantik, Schiffs-Tour, Hotel-Neudenker und Tourismus-Inside – auch für Usedom-Kenner öffnen sich immer wieder neue Blicke und neue Einsichten.

Treffpunkt bei Sonnenuntergang

Die neue Seebrücke steht auf 67 Pfeilern

Die wellenförmig gebaute Seebrücke in Koserow ist ein absoluter Hingucker. Sie zieht sich in mehreren Bögen 280 Meter lang bis zu einer großen Veranstaltungsplattform und dem Anleger für die Adler-Schiffe.

„Es ist der größte Stolz, den wir haben“,

schwärmt Koserows Kurdirektorin Nadine Riethdorf. Und das bezieht sich nicht nur auf die außergewöhnliche Architektur, sondern auch auf die Entstehung der Brücke. Von Anfang an waren die Einwohner einbezogen, sie konnten über fünf Entwürfe entscheiden, und die letzte Baubegehung am 20. Juni 2021übernahm eine Kindergartengruppe aus dem Ort.
Seit der Eröffnung strömen die Gäste auf die Brücke, die nun auch zwei Meter höher liegt als die alte, und damit nicht mehr so anfällig ist für die Wellen bei stürmischem Wetter.

Die Plattform ist offen für Brautpaare, die sich trauen lassen wollen, für Kulturbegeisterte, die Lesungen und Konzerte erleben, für Romantiker, die einen unvergesslichen Sonnenuntergang sehen können. Dafür nehmen die Gäste auf der mehrstufigen Sitzlandschaft aus Holz oder in drehbaren Sesseln aus der Strandkorbmanufaktur Heringsdorf Platz.

20 Monate Bauzeit und Kosten von 7,5 Mio. €

Was es auf keiner anderen Seebrücke gibt, ist der Turm mit zwei echten Kirchenglocken – jeden Mittwoch 16:00 Uhr sind sie live zu hören und symbolisieren damit die versunkene Stadt Vineta. Außerdem wacht ein überlebensgroßer „Eisen-Mann mit Glocke“ über das Bauwerk.

CTOUR-Gruppe auf der neuen Seebrücke Koserow

Wieder auf Normalmaß

Die Kurdirektorin Riethdorf ist auch die Vorsitzende des Tourismusverbandes der Insel Usedom und berichtet davon, dass die Insel nach dem Corona-Hoch nun wieder auf „Normalmaß“ zurück ist.
In ihrem Ort Koserow kommen auf 1.700 Einwohnen 4.700 Gästebetten.

„Ja, es ist voll im Sommer, aber die Gäste finden immer noch Platz.“

Allerdings hat sich die Dauer des Aufenthaltes verändert. Den früher klassischen 14-Tage-Ostseeurlaub gibt es kaum noch, der Durchschnitt im Sommer liegt bei 7 – 10 Tage.

Die Arbeitskräfte im Tourismusbereich kommen aus Polen, aus der Ukraine und aus Vietnam. Mit Vietnam hat ein Netzwerk Usedomer Hoteliers gemeinsam mit Partnern

wie dem DEHOGA Ostvorpommern (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) eine Vereinbarung für Auszubildende geschlossen – die ersten jungen Leute beenden jetzt ihre Lehrzeit.
Insgesamt verbesserten sich für alle Azubis die finanzielle Situation und die Arbeitszeit-Regelungen, so dass sich wieder mehr Nachwuchskräfte bewerben.

Der Strand von Koserow

Auf die Frage, wie viele einheimische Fischer es denn gäbe, antwortete Nadine Riethdorf: Noch zwei im Hauptberuf und einem im Nebenerwerb, von früher mal über 50. Eine interessante Entwicklung ist aber die von der Landesregierung unterstützte Ausbildung zum „Sea-Ranger“. Mit dieser zusätzlichen Qualifikation sind die Fischer dann auch die „Förster des Meeres“, erfassen Daten über den Zustand der Ostsee, helfen dabei, Fischbestände wieder aufzubauen, überwachen und pflegen den Lebensraum der Meeresbewohner und sind für Einwohner und Touristen die besten Öffentlichkeitsarbeiter.

Kurdirektorin Riethdorf im Gespräch mit CTOURisten

Diese Information kam bei den CTOUR-Redakteuren gleich auf den „Merkzettel“ für einen nächsten Besuch.

Ein Schloss am Meer


Auf’s Meer ging es dann auch hinaus – ein Kurztrip entlang der einzigartigen Küste und Bäderarchitektur zwischen Bansin und Ahlbeck.

Auf dem Adler-Schiff „Vineta“
Seebrücke in Heringsdorf

Das Hotelkonzept „Erweiterung eines denkmalgeschützten Hauses mit zwei Logier-Häusern und unterirdischem Schwimmbad“ am Weißen Schloss in Heringsdorf wurde von der Meeressterne GmbH erarbeitet und umgesetzt. Geschäftsführer Sven-Olaf Gerdt empfing unsere Pressegruppe.

Geschäftsführer Sven-Olaf Gerdt (rechts), CTOUR-Präsident Hans-Peter Gaul (Mitte)

Er gehört zu einer neuen Generation von Hoteliers und Touristikern, die auf der Insel etwas bewegen. Gerdt und seine Familie haben den Anspruch, Traditionelles – zum Beispiel die Bäderarchitektur – zu bewahren und behutsam neu zu bauen. Am Weißen Schloss – sozusagen dem „Geburtshaus Heringsdorf“ – gelingt das sehr gut.

Altes Schloss…
…und neue Appartements


Der Meeressterne-Chef spricht immer wieder von Nachhaltigkeit und findet einfache und aufwändige Lösungen: Die Krähen von den Bäumen nebenan sind natürliche Helfer – sie picken die Blätter aus den Dachrinnen. Wärmequelle ist eine Geothermie-Pumpe mit 70 Meter tiefen Bohrungen. Die Appartements verfügen über eine mit Strom betriebene Bodenheizung – nur das Schwimmbad muss mit Gas beheizt werden. In den Wohnungen gibt es keine Klimaanlage, sondern ein nachhaltiges Lüftungssystem.

CTOUR-Gruppe mit Meeressterne-Geschäftsführer Sven-Olaf Gerdt (stehend rechts) auf der Terrasse am „Weißen Schloss“

Die Erweiterung des Schloss-Hotels – das sind zwei Logierhäuser, die als „Schloss-Appartements“ vermarket werden. Die Gäste sind alleinreisend oder kommen als Familie – ein spezielles Zielgruppenmarketing gibt es nicht. Aber die Urlauber finden hier Ruhe und können trotzdem den Trubel der Kaiserbäder schnell erreichen.

Den Stil des Hauses beschreibt Sven-Olaf Gerdt als

„lässig, aufmerksam, authentisch“.

Christin Hoppe ist seit August 2023 die Chefin im Weißen Schloss.

Die junge Frau – hier bei der Schlüsselübergabe vor einem Jahr – kommt von der Insel und hat das Hotel-Handwerk von der Pike auf gelernt.
Ihr gefällt vor allem die große Harmonie im Haus und dass sie nicht nur Chefin von 25 Mitarbeitern, sondern auch Teil des Teams ist.

Diese besondere Arbeitsatmosphäre und eine eigene Führungskultur

sind dem Meeressterne-Geschäftsführer (links im Bild) besonders wichtig. Konkret heißt das, wegzukommen von patriarchalischem Denken hin zu einem kooperativen Miteinander.
Das funktioniert schon sehr gut und hilft auch dabei, über Mund-zu-Mund-Propaganda neue Mitarbeiter zu gewinnen.

„Es ist ein Geben und Nehmen – und es ist Stolz. Das Team steht eng zusammen. Und das ist das, was wir vertreten wollen.“

Über eine „Personalie“ hat er sich besonders gefreut. Als die Position des Kochs im Weißen Schloss vakant wurde, meldete sich Sous-Chef Raffael und sagte: Ich mach’s! Für Gerdt ein schönes Beispiel, was es heißt, sich selbst verwirklichen zu wollen und auch zu können.

Das alte Weiße Schloss wird nach und nach restauriert

Auf die Frage nach dem Verhältnis zum polnischen Teil der Insel angesprochen, antwortet der Hotelier: Heute gibt es eine Wechselwirkung zwischen beiden Seiten. Swinemünde zieht eher ein jüngeres Publikum an, das Spaß haben und feiern will, und nach Usedom reisen Best Agers und andere Gäste, die vor allem Entspannung und Ruhe suchen. Da gibt es ein gutes Zusammenspiel, und das ist keine Einbahnstraße.

Das Weiße Schloss im Video

Wirtschaftsfaktor Nummer Eins

Welche Gäste nach Usedom kommen und was sie hier vorfinden – darum kümmert sich inselübergreifend die Usedom Tourismus GmbH – kurz UTG.

Geschäftsführer Michael Steuer und Pressechefin Karina Schulz gestalten diesen Prozess seit einigen Jahren mit vielen neuen Ideen. Den derzeitigen Zustand bezeichnen sie für die UTG als Übergang vom reinen Destinationsmarketing zum inselweiten Destinationsmanagement. Denn der Tourismus ist Wirtschaftsfaktor Nummer 1, und der soll ganzjährig spürbar sein.

Im Sommer ist die Auslastung der Bettenkapazitäten hoch, denn das Haupt-Reisemotiv ist der Strand. Und dafür braucht es kaum Werbekampagnen. Der Fokus liegt auf der Vor- und Nachsaison. Veranstaltungen wie das Usedomer Musikfestival oder das Schlittenhunde-Rennen Baltic Lights werden selbst zu Reiseanlässen. Und das führt zur Belebung des Tourismus im Frühjahr und Herbst. Diese und weitere Events sind eine Kommunikationsaufgabe und eine Marketingaufgabe für die Profi-Touristiker von der UTG. Dafür sprechen auch Zahlen. Während Rügen zum Beispiel einen Zuwachs an Touristen zwischen November und März von plus 28% verzeichnen konnte in den letzten zehn Jahren, waren es auf Usedom plus 50%.

Modellregion Usedom

Andererseits war Rügen die erste staatlich anerkannte Tourismusregion Deutschlands (2022). Usedom folgte 2023 und das hatte unmittelbar etwas mit dem von der UTG geführten Projekt „Modellregion Usedom und Stadt Wolgast“ zu tun. Die Modellregionen wurden in Mecklenburg-Vorpommern vom dortigen Wirtschaftsministerium initiiert und finanziert. Ziel ist eine bessere und für die Touristen zum Vorteil gereichende Zusammenarbeit der Kommunen. Auf Usedom machte sich dieser Anspruch vor allem an der Usedom Card fest – einer Kurkarte, die inselweit gilt und von den Kommunen gegenseitig anerkannt wird. Damit hat das Wirrwarr ein Ende, dass man in Zinnowitz eine andere Kurkarte brauchte als in Heringsdorf oder an anderen Orten.

Dahinter, so berichtete Geschäftsführer Steuer, steckte eine mühevolle, kleinteilige, aber letztlich erfolgreiche Arbeit mit den eigenständigen Gemeinden auf der Insel. Für dieses

„Lasst uns mal an einem Strang ziehen“

 musste Überzeugungsarbeit geleistet und gute Lösungen gefunden werden. Und das gelang mit 24 von 25 Gemeinden.

Für die einheitliche Kurkarte – die Usedom Card – wurde eine neue Satzung zur „Erhebung einer Kurabgabe“ erarbeitet mit allen Festlegungen zur Höhe, zur Pflicht und Befreiung von der Abgabe, zur Verwendung der Einnahmen usw.

Mit der UsedomCard ist nun für jeden die Kurabgabe erledigt, aber die Karte bietet viele weitere Vorteile

für Einwohner und Gäste, z.B. kostenfreie Serviceleistungen wie Toiletten, Hundetüten, Buchausleihe oder den kostenfreien Besuch zahlreicher Veranstaltungen.Die UsedomCard sichert Rabatte und Vergünstigungen für Wellness- und Gesundheitsangebote, für Freizeitaktivitäten, Fahrradverleih, gastronomische Angebote, kulturelle Einrichtungen und bei einigen Shopping-Partnern.

Diese „Vorteilspartner“ werden immer mehr und darauf ist UTG-Chef Steuer richtig stolz.

„Denn damit sollte auch die Kurtaxen-Ehrlichkeit steigen“,

so Steuer und so ehrlich ist er auch: Auf Usedom gibt es jährlich 2 Millionen Tagesgäste und jährlich 200.000 Kurkarten. Da ist noch einige Luft nach oben.

Einzig beim öffentlichen Nahverkehr sind gemeinsame Lösungen nicht gelungen: nur in den Kaiserbädern gehört die kostenfreie Nutzung von Bus und Bahn zur UsedomCard – dafür ist sie dort etwas teurer. Bleibt also noch einiges zu tun für die UTG und ihre Partner.

Resultat des Modellregionen-Projektes war die Anerkennung als „Tourismusregion“ –

mit diesem Zertifikat für die ganze Insel können jetzt auch Orte, die bisher keine Abgabe erheben durften, eine Kurtaxe festlegen.

Das Fazit für Michael Steuer und seine UTG-Kollegen: Mit der UsedomCard hat die Insel gleichgezogen mit anderen Regionen. Und das erwarten die Urlauber zu Recht. Und die Gäste erwarten eine digitale UsedomCard, es gibt sie seit 1. April 2024, und die Webseite schießt bei den Nutzerzahlen hoch.

Und zum Schluss…

Warum alle unsere Gesprächspartner so gern auf der Insel Usedom leben und arbeiten, beschreiben sie so:

Nadine Riethdorf (Kurdirektorin Koserow, Vorsitzende des Tourismusverbandes Insel Usedom): Usedom ist lebens- und liebenswert. Ich mag die Natur. Meine Kinder und die ganze Familie fühlen sich wohl hier.

Christin Hoppe (Hoteldirektorin Weißes Schloss Heringsdorf): Meine Mama hat einen Faibel für Gin. Und deshalb ist die Bar im Weißen Schloss für uns die beste Adresse.

Sven-Olaf Gerdt (Geschäftsführer Meeressterne GmbH): Hier kann ich meine Ideen von Führungskultur am besten umsetzen.

Michael Steuer (Geschäftsführer Usedom Tourismus GmbH): Ich bin gern auf der Insel, weil ich so gute Kindheitserinnerungen an Usedom habe.

USEDOM in Fakten und Zahlen

42 Kilometer durchgängiger feiner weißer Sandstrand, teilweise bis zu 70 Meter breit.

200 Kilometer Rad- und 400 Kilometer Wanderwegenetz.

Die 1898 erbaute Seebrücke in Ahlbeck ist die älteste Deutschlands.

2.000 Sonnenstunden erreicht Usedom im Jahr.

Mit 12,5 Kilometern ist die grenzüberschreitende Promenade zwischen den Kaiserbädern und dem polnischen Swinemünde die längste Europas.

Zahlreiche Villen im Stil der Bäderarchitektur sind auf der Insel zu finden.

Auf 59.000 Hektar Naturpark nisten mehr als 280 Vogelarten.

Mit 445 km² ist Usedom die zweitgrößte Insel Deutschlands.

Auf Usedom gibt es den 1. Zertifizierten Kur- und Heilwald Europas.

Fünf Seebrücken ragen in den Seebädern Zinnowitz, Koserow, Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck ins Meer hinein.

Quelle: Usedom Tourismus GmbH

WEITERE INFORMATIONEN

Über die Insel Usedom

Über das Weiße Schloss

Über die Seebrücke in Koserow

Über den Tourismusverband Insel Usedom TVIU

Über die Usedom Card

Über die Sea Ranger

REISEFÜHRER

empfohlen von Holger Kretzschmar


USEDOM.WOLLIN
Mit Wolgast, Anklam und Angermünde
von Grazyna und Wolfgang Kling
erschienen im Trescher Verlag

Fotos: Mario Zeidler, Hans-Peter Gaul, Sylvia Acksteiner, Meeressterne GmbH,
Usedom Tourismus GmbH

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