Blick vom Hotel Vittoria über Brescia zur uralten Festung auf dem Colle Cidneo ( Ursprungsort der Stadt).

CTOUR on Tour: In der lombardischen Provinz Brescia (1)

Entdeckenswerte Metropole mit UNESCO-Weltkulturerbe

„Attenzione, wir fahren gerade über eine Straße, die früher ein Fluß war!“, ruft unsere Begleiterin Camilla Roasio vom Touristenamt. Nanu, wo sind wir hier eigentlich? Tatsächlich inmitten von Brescia, der mit etwa 195.000 Einwohnern nach Mailand zweitgrößten Stadt der norditalienischen Region Lombardei. In ihrer mehr als 2000-jährigen Historie hat sich diese Stadt natürlich vielfach gehäutet und gewandelt, so auch bei den Verkehrswegen. Auf jeden Fall steckt das in der Antike „Brixia“ genannte heutige Brescia (sprich: brescha) voller Merkwürdigkeiten im Sinne von „des Merkens würdig“…

Blick vom Hotel Vittoria über Brescia zur uralten Festung auf dem Colle Cidneo ( Ursprungsort der Stadt).
Blick vom Hotel Vittoria über Brescia zur uralten Festung auf dem Colle Cidneo ( Ursprungsort der Stadt) Foto: Manfred Weghenkel

Zunächst geht’s hinauf zum Hügel Cidneo, auf dem eine der größten und besterhaltensten Festungen Italiens thront. Die auf das frühe 14. Jahrhundert zurückgehende Verteidigungsanlage mit monumentalem Eingangsportal sowie mehreren Bollwerken und Türmen beherbergt das reichlich bestückte Waffenmuseum „Luigi Marzoli“ und das ebenfalls sehenswerte Museum des „Risorgimento“ (so nennt man die italienischen Befreiungskämpfe des 19. Jahrhunderts). Auch gibt es eine kleine Eisenbahnausstellung, obgleich hier oben nie ein Bähnle gefahren ist. Eine schön restaurierte alte Dampflok bildet den einladenden Blickfang dafür. Von der weitläufigen Burganlage hat man herrliche Panoramablicke auf die Stadt und ihre Umgebung.

Gleich unterhalb der gewaltigen Festungsmauern erstreckt sich ein stattlicher Weinberg. „Brescia hat die größte Weinanbaufläche innerhalb einer Stadt“, betont Camilla Roasio. Im dortigen Weingut „Pusterla Ronchi di Brescia“ wird ein beliebter Weißwein dieses Namens angebaut. Genießen kann man den am Abend in einer der vielen Tavernen und Trattorias, die in den romantisch engen Gassen der Altstadt zum Besuch einladen. Sehr authentisch geht es z. B. im Restaurant „Al Frate“ in der Via dei Musei zu. Inhaber Jean Baptiste Zane hat etliche Jahre als Kellner in Deutschland gearbeitet. Besonders lecker schmeckt seine „pasta picante“.

Ein schönes Ensemble an der Piazza Paolo VI: Alter Dom, Neuer Dom und Broletto-Palast.
Ein schönes Ensemble an der Piazza Paolo VI: Alter Dom, Neuer Dom und Broletto-Palast Foto: Manfred Weghenkel

Dort treffen wir auch Massimo Ghidelli, den Direktor der seit 2003 bestehenden Gesellschaft Bresciatourism. Zudem ist er Autor mehrerer Bücher über die Region. Sein jüngstes Werk: „Sapori del Garda“ (Rezepte des Gardasees). Unterhaltsam geschrieben, enthält es neben Gerichten, die leicht nachzukochen sind, auch viele Geschichten und Kuriositäten. Zur positiven Entwicklung des Tourismus sagt Ghidelli: „Im Jahre 2011 kamen rund 3,1 Millionen Besucher in die Provinz Brescia, davon über 460.000 deutsche Touristen, was ein Plus von 6,3 Prozent bedeutet.“ Erklärtes Ziel sei es nun, noch stärkeres Interesse bei den Deutschen „für eine noch nahezu unentdeckte Provinz Italiens zu wecken.“ Neben dem bekannten und gut erschlossenen Gardasee gäbe es für neugierige Besucher noch viel mehr zu entdecken. „Von den berühmten Weinen von Franciacorta reicht das Spektrum über den wunderschönen Iseo-See bis zu den Stätten des UNESCO-Weltkulturerbes in unserer Provinz: dem Museum von Santa Giulia in Brescia und den Felsgravuren im Val Camonica. Nicht zu vergessen die herrlichen Wandergebiete in den Naturparks oder Radtouren in dieser einzigartigen Landschaft.“ So der ambitionierte Tourismusmanager.

Die 1433 eröffnete Piazza della Loggia mit dem prächtigen Renaissance-Palast, heute Rathaus.
Die 1433 eröffnete Piazza della Loggia mit dem prächtigen Renaissance-Palast, heute Rathaus Foto: Manfred Weghenkel

Übrigens, die drei Berliner Teilnehmer der Pressereise, die CTOURianer Bernd Siegmund, Rainer Löhr und der Autor dieser Zeilen, hatten Massimo Ghidelli und seine engagierte Mitarbeiterin Barbara Bino bereits Anfang Juni während eines von Anette Rietz (DLC – destination lifestyle) organisierten Brescia-Abends im noblen Marriott-Hotel am Potsdamer Platz kennengelernt. Schön, dass die Informationstour bereits kurz danach Mitte Juli 2012 zustande kam.

Brescia als Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, die sich zwischen Gardasee und südlichem Alpenrand erstreckt, ist ein wichtiges Industriezentrum, jedoch aufgrund seiner reichen Kunst- und Kulturschätze auch ein immer stärker gefragtes Reiseziel.

Säulengang mit der astronomischen Uhr aus dem 16. Jh., die noch  immer intakt ist.
Säulengang mit der astronomischen Uhr aus dem 16. Jh., die noch immer intakt ist Foto: Manfred Weghenkel

Mit viel Sachkenntnis und Humor führt uns Reiseleiterin Luisa Botticini quasi auf einer kleinen Zeitreise durch Geschichte und Gegenwart von Brescia, das 225 v.u.Z. von den Römern erobert wurde und danach eine überaus wechselvolle Historie durchlaufen hat. Im Zentrum der Altstadt fallen einem immer wieder lebendige Geschäftsstraßen mit ihren schattenspendenden Laubengängen auf. Besonders markant sind diese „Portici“ am Corso Giuseppe Zarnadelli – beliebter Treffpunkt der Brescianer und Standort des 1806 erbauten Großen Theaters – und an der Ostseite der Piazza della Loggia, wo die Arkaden von einem schönen Uhrenturm gekrönt werden. Diese Piazza mit ihren monumentalen Gebäuden – eine besondere Augenweide der Palazzo della Loggia, heute das Rathaus – ist der wohl harmonischste Platz von Brescia, besonders stimmungsvoll bei abendlicher Illumination. Ebenfalls großzügig, aber wesentlich neuzeitlicher wirkt die Piazza della Vittoria (Siegesplatz) mit dem imposanten Postgebäude, dem 60 m hohen Backsteinturm und dem Revolutionsturm mit der riesigen Uhr.

Luisa Botticini besucht mit uns natürlich auch auf den einstigen Domplatz, der zu Ehren des beliebten Papstes Paul VI. (1897 – 1978) heute Piazza Paolo VI heißt und zu den ältesten Plätzen der Stadt gehört. Besichtigenswert dort sind der als Rotunde gebaute Alte Dom (11. Jh.), der 1825 vollendete gewaltige Neue Dom mit der großartigen Marmor-Fassade und der „Palazzo del Broletto“ – heute Sitz der Stadtverwaltung – mit dem zum Himmel strebenden Turm „Torre del Popolo“.

Gästeführerin Luisa Botticini zeigt den wertvollen Überrest aus  römischer Zeit: den Kapitol-Tempel an der Via dei Musei.
Gästeführerin Luisa Botticini zeigt den wertvollen Überrest aus römischer Zeit: den Kapitol-Tempel an der Via dei Musei Foto: Manfred Weghenkel

Höhepunkt einer Besichtungstour in Brescia ist das Museum der Stadt mit der UNESCO-Weltkulturerbestätte „Kloster San Salvatore – Santa Giulia“. Das ehemalige Benediktiner-Frauenkloster wurde im Jahre 753 von Herzog Desiderius, dem späteren König der Langobarden, gegründet. Die langobardische San-Salvatore-Kirche, das romanische Oratorium , der Nonnen-Chor, die Santa-Giulia-Kirche und die Renaissance-Kreuzgänge sind zusammen mit dem reich verzierten Kreuz des Desiderius und der elfenbeinernen Lipsanothek noch heute eindrucksvolle Zeugen der einstigen Klosterpracht. Seit Juni 2011 stehen sie auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste. Dazu gehört auch die nahe gelegene Piazza del Foro als römische Ausgrabungsstätte mit den Überresten des „Capitoliums“ (Kapitol), des Forums und des Römischen Theaters.

Eingang zum Stadtmuseum von Brescia mit der UNESCO- Weltkulturerbestätte „Kloster San Salvatore – Santa Giulia“.
Eingang zum Stadtmuseum von Brescia mit der UNESCO- Weltkulturerbestätte „Kloster San Salvatore – Santa Giulia“. Foto: Manfred Weghenkel

Wir verlassen das weitläufige „Santa Gulia“-Stadtmuseum von Brescia mit seiner Ausstellungsfläche von 14.000 qm, auf der über 12.000 Exponate aller Zeitläufte zu bestaunen sind. Gerade noch auf den Spuren der römischen Antike, des langobardischen Mittelalters und der venezianischen Epoche gewandelt, sehen wir draußen einen hypermodernen Stadtbus, der umweltfreundlich von Erdgas angetrieben wird. Wie eingangs gesagt: Brescia ist eine „des Merkens würdige“ Stadt. Nun sei hinzugefügt: und eine „des Entdeckens werte“ zugleich.

www.bresciatourism.it
www.comune.brescia.it/turismo
www.bresciamusei.com