Wer auf „Schnäppchenjagd“ geht, wird nicht in Jordanien landen. Das Land ist hochpreisig und das lässt sich auch nicht schön reden. Allerdings liegt ein weiser, gerechter Verteilerschlüssel dahinter.
Ganz Jordanien ist eine Schatztruhe, voll mit Geschichten aus längst vergangenen Zeiten. Ein Königreich aus Wüsten (Wadis), Naturwundern und Kulturdenkmälern. Spätestens in der Wüste Rum wird jeder aufhören, mit bisher gesehenen Naturschönheiten zu vergleichen.
Frieden (auf arabisch Salam), ist der Eckstein für Wohlstand. Wenn der nicht stabil ist, bröckelt das Land. Der Tourismus erlebte ab 2011, mit dem Beginn des Syrienkriegs, bereits einen Erdrutsch. Bis dahin kamen im Jahr 2 Mill. Touristen. 2015 waren es keine Hunderttausend mehr. Ein Drittel des Bruttosozialprodukts löste sich in Staub auf. Die antike Kulturachse, Ägypten mit den Königsstädten und Pyramiden, Syriens Kulturerbe Palmira und Petra, die Weltwunder-Stadt in Jordanien, wurde durch den Krieg unterbrochen.
Doch hat Jordanien so viel Unvergleichliches zu bieten, dass es sich empfiehlt, 11 Tage und mehr für die Reise einzuplanen. Die beste Reisezeit ist der Frühling. März, April grünen an einigen Stellen selbst die Wüsten.
Jordanien hat 7 Millionen Einwohner. Und 3 Millionen Flüchtlinge, die alle, so sagt man, auf Rückkehr hoffen. 1948 war die heutige Hauptstadt Amman ein Dorf, in dem 5000 Palästinenser lebten. Heute schätzt man die Zahl mit den Außenbezirken auf 4 Millionen. In einem kleinen Nebensatz erfährt man noch stolz: und 1 Million Autos dazu.
1973 baute man in Amman die erste Universität. Heute sind es 20, mit allen erdenklichen Studienfächern, im ganzen Land verstreut. Bildung wird großgeschrieben. Jeder Schüler ab der 5. Klasse lernt Englisch und natürlich die lateinischen Schriftzeichen. Allerdings gesteht man, dass die Arbeitslosenrate der Akademiker hoch ist.
Wer nach dem König fragt, wird Strahlen in den Augen erleben.
Die Beliebtheit der haschemitischen Königsfamilie aus der Verwandtschaft des Propheten Mohamed ist beeindruckend. Besonders bei den Beduinen. Der jetzige König Abdullah II. sorgt sich persönlich um die Anliegen seiner Untertanen. Drei Mal im Jahr oder noch öfter besucht er vom Norden bis in den tiefsten Süden seine Beduinen-Stämme. Er legt Wert darauf, in gleicher Schlichtheit wie sie in ihren Zelten zu nächtigen. Er macht sich selbst laufend ein Bild von den sozialen Nöten. So ist er in der Lage, die Unterstützungsgelder gerecht zu verteilen. Sein Prinzip „fordern und fördern“ zeigt Wirkung. Er besucht nicht nur, er inspiziert, ob die staatlichen Hilfen tatsächlich prosperierend Wirkung zeigen. Bedürftige Beduinen bekommen in Dürrezeiten Futtermittel für Schafe und Ziegen, für ein Drittel oder die Hälfte des Marktpreises. Das gleiche gilt für Lebensmittel.
Heute haben Beduinen größtenteils einen festen Stammsitz. Neben dem Zelt haben Nomaden auch ein Haus im Dorf. Wer sich dies nicht leisten kann, bekommt ein gemauertes Zwei-Zimmerhaus mit Bad auf Lebzeiten vom Staat. Beduinen zahlen nicht für Schulen und Bücher. Wenn die Kinder studieren wollen, ist ihnen die Unterstützung zugesagt.
Königin Rania, Königin Noor, die Witwe des verstorbenen Königs Hussain, und deren Schwester haben die Initiative RSCN www.rscn.org.jo gegründet, um die Alphabetisierung abzuschließen und Frauen eine Berufsausbildung zu ermöglichen.
40 000 Soldaten aus den vier verschiedenen großen Beduinen-Stämmen bewachen die Grenzen zum Irak, Syrien, Israel/Palästina und Saudi-Arabien. Klug, weil Beduinen sich streng an ihre Stammesregeln gebunden fühlen. Die heutigen Grenzen sind jung, die Familienstämme und Handelsbeziehungen der Beduinen hingegen seit Jahrhunderte gewachsen. „Wer gegen diese Grenzen ist, muss für uns sein“ so wirbt der IS. Doch die absolute Königstreue ist das Schutzschild, das weder Dschihadisten noch der IS durchbrechen können.
In der Wüstenregion, völlig anders als in den Städten, kennt ein jeder jeden. Fremde Spuren verwehen nicht im Sand.
Beduinen haben nach wie vor ihre eigene Rechtsprechung,
Vergehen und Streitigkeiten werden vor die Stammesväter gebracht. Ihr Urteil entscheidet. Nur bei Mord wird an die Staatspolizei weitergereicht. Der Familienclan des Mörders muss den Stamm verlassen. Was einem Todesurteil gleicht.
Mildere Vorfälle hat meist die spezielle Touristenpolizei zu regeln. Wenn ein Taxifahrer sich weigert, den Taxometer zu gebrauchen, und der Tourist seine Autonummer an die Polizei weitergibt, verliert er seine Lizenz. Die Behörde ist für ihre „Pro-Touristenhaltung“ bekannt. Ein Taxifahrer muss in der Regel jeden befördern, außer der Fahrgast ist betrunken. Dann wird die Polizei gerufen, und der Gast wird zur Ausnüchterung 36 Stunden festgehalten.
Kawanserei Feynan
Drei Kilometer von der Landstraße entfernt führt ein Pfad über Staub und Stein zur Eco-Loge Feynan. In den 24 Zimmern verzichtet man freiwillig auf Strom. Nur im Bad geht das Licht an und im Empfangsraum liegt eine Steckdosenleiste für die Handyaufladung. Die Küche ist rein vegetarisch.
Nur sehen und fotografieren reicht nicht. Mit allen Sinnen darf man nachspüren, was für ein Segen nach tagelangem Ritt eine Oase ist. Wie himmlisch es sich anfühlt, rieselndes Wasser auf der Haut zu spüren, auf einer Matratze statt auf einem Kamelrücken zu träumen.
Entlang des Flussbetts blühen von März bis Mai hunderte leuchtend rosa Oleanderbäume. Das kostbare Regenwasser wird in Auffangbecken gestaut, und in die in die biologischen Gemüsefelder geleitet.
80 Menschen leben von der Lodge. Sie managen das Hotel, backen Brot für die Gäste, arbeiten als Tourguides und produzieren die Kerzen, die dem Hotel abends als einzige Lichtquelle dienen.
Der 27 jährige Hotelmanager Suleyman erinnert an einen Wüstenprinz aus Tausdenundeiner Nacht. Er erzählt von Wölfen und Hyänen, die nachts über die Bergkuppen streifen, und davon, dass er niemals in einem Haus leben könnte. „Ich schlafe lieber unter den Sternen“, sagt er. „Ich habe mein Leben lang Ziegen gehütet und liebe das Gefühl von Freiheit, dass man dabei hat. Wenn ich drei Tage im Hotel gearbeitet habe, muss ich wieder raus in die Natur.“
Wadi Rum
Lassen Sie sich ein Bett im Beduinenzelt reservieren. Bitten Sie um ein Kamel für den Ritt im Morgengrauen. Spätestens bei Sonnenaufgang wird ihre Liebe besiegelt sein.
„Weitläufig, einsam und göttlich“. Mit diesen Worten beschrieb T. E. Lawrence Wadi Rum, die größte und prächtigste Wüstenlandschaft Jordaniens. Als britischer Verbindungsoffizier (bekannt unter den Namen Lawrence von Arabien) brachte er die Beduinen dazu, aufzubegehren. Nirgends ist er gegenwärtiger als im Wadi Rum. Im Süden des Landes, nahe der saudischen Grenze, wo die Urenkel derer leben, die einst mit ihm ritten.
Wadi Rum erinnert an Bilder der Mars-Sonde Rover: eine majestätische Landschaft aus rotem Sand und roten Felsen.
Die Landschaft entstand vor etwa 30 Millionen Jahren. Als Schutzgebiet mit einer Fläche von 74.000 Hektar wurde es 2011 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.
Petra
Auch wenn schon viel über Petra geschrieben wurde, bereitet einen nichts auf diesen bemerkenswerten Ort vor. Man muss ihn einfach mit eigenen Augen sehen.
Petra wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. von den arabischen Nabatäern gegründet, einem Nomadenvolk, das sich in der Gegend niederließ und den Grundstein für ein bis nach Syrien reichendes Handelsimperium legte. Die häufig als achtes Weltwunder der Antike bezeichnete Stadt ist zweifelsohne der wertvollste Schatz und die größte Touristenattraktion Jordaniens. Die Nabatäer-Siedlung wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt auf den Handelsrouten für Gewürze und Seide. Diese Handelsrouten verbanden China, Indien und den Süden Arabiens mit Ägypten, Syrien, Griechenland und Rom.
Mehr als 800 historische Baudenkmäler sind erhalten geblieben. Der einzige Weg in die Stadt hinein führt durch den Siq, einen schmalen Gebirgspfad, der auf beiden Seiten von 80 Meter hohen Felsen umgeben ist. Das „Schatzhaus des Pharao“ wurde als Felsengrab für einen Nabatäerkönig gemeißelt und ist ein hervorragendes Beispiel für das technische Genie dieses alten Volkes. Außerdem ist ein riesiges, von den Nabatäern im römischen Stil erbautes Theater erhalten geblieben. Es gibt Obelisken, Tempel, Opferaltäre und kolonnadengesäumte Straßen. 800 in den Fels geschlagene Stufen führen zu dem hoch oben thronenden Al-Deir-Kloster. Auch die Römer haben eindeutige Spuren hinterlassen. In ihrer einstigen „Amüsierschlucht“ Wadi Farasa entdeckte man Überreste einer Säule eines ehemaligen Bordells – in Herzform.
Jerash – die Stadt der 1000 Säulen
Rund 50 Kilometer von der jordanischen Hauptstadt Amman entfernt liegt Jerash oder Gerasa, die siebtgrößte Stadt des Landes. Die römischen Ausgrabungen zählen zu den besterhaltenen im Nahen Osten.
Die lange unter dem Wüstensand begrabene Stadt ist beispielhaft für den Siedlungsbau der römischen Provinzen im Nahen Osten.
1806 wurde Jerash vom Deutschen Ulrich Seetzen wiederentdeckt und im 20. Jahrhundert begannen Forscher mit Ausgrabungen der historischen Stätten.
Schon vor über 6.500 Jahren wurde das heutige Jerash besiedelt. Ihre Blütezeit erreichte die Stadt allerdings erst unter den Römern, die die Stadt 63 vor Christus einnahmen. Die zum wichtigen Handelszentrum aufgestiegene Stadt wurde Mitglied der Dekapolis, einem Zusammenschluss von zehn Städten im Osten des Jordangrabens. Umfangreiche Bauarbeiten und eine große Anzahl an großartigen Bauten zollten der Wichtigkeit der Stadt Tribut.
Der Höhepunkt der Bedeutung war der Besuch des Kaisers Hadrian im 2. Jahrhundert nach Christus. In den folgenden Jahrhunderten aufgrund der politischen Situation verlor Jerash wieder an Einfluss und geriet schließlich vollkommen in Vergessenheit.
Auf der anderen Seite des Tals gründete 1878 ein kaukasischer Stamm eine Siedlung, die heute das moderne Jerash darstellt.
Das zweitgrößte Flüchtlingslager der Welt ist in Zaatari, im Norden Jordaniens. 150.000 syrische Flüchtlinge sind in einer künstlichen Stadt aus Zelten und Containern untergebracht.
Kilian Kleinschmidt aus Nordrhein- Westfahlen, ein Mann mit 25 Jahren Erfahrung in den schlimmsten Krisenregionen der Welt, managt das Camp. Er und sein Team brachten Schritt für Schritt Ordnung in das Chaos. Führten Straßennamen, Hausnummern und eine kostenpflichtige Wasser- und Stromversorgung ein. Sie schufen so etwas wie eine Verfassung inmitten der Anarchie. Seither nennen sie ihn in Jordanien den „Löwen von Zaatari“.
Ein Abstecher ans tote Meer
Stein-reich und Neu-reich ist nur einen Steinwurf entfernt. Die Küste des Toten Meeres ist nicht zugängig. Der Küstenstreifen ist ausschließlich von den großen Hotelketten okkupiert. Unter fünf Sterneniveau gibt es nicht. Anlage um Anlage. Da passt kein Gässchen dazwischen. Blumen über Blumen, nur die Individualität fehlt. Die Hotels sind bestens gebucht von den Jordaniern aus dem Reichenviertel von Abdun. Bis Amman sind es gerade mal fünfzig Kilometer. Bei Sonnenuntergang mit Blick übers Meer sieht man die Türme von Jerusalem glänzen. Gerade mal 46 Kilometer entfernt.
Hundert Meter höher wird’s steinig, da blühen keine Blumen mehr. Die Häuschen sind wie große Schuhkartons. Die meisten vom gleichen Format.