IN LEIPZIG IST DER TEUFEL LOS

Von Sylvia Acksteiner

Eine CTOUR-Gruppe konnte sich auf Einladung der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH über drei große Jubiläen der Stadt informieren:
35 Jahre Friedliche Revolution / Lichtfest Leipzig, 500jähriges Jubiläum von Auerbachs Keller und 160 Jahre Schrebergärten in Leipzig.
Wir erlebten eine spannende Reise in die boomende sächsische Touristenmetropole.

Lichtfest auf dem Innenstadtring

Am 9. Oktober 2024 und dem darauffolgenden Wochenende erinnert Leipzig mit seinem Lichtfest an „35 Jahre Friedliche Revolution“.

Damals gingen mehr als 70.000 Menschen auf die Straßen – eine mutige und historische Aktion.

Denn die Demonstration um den Innenstadtring gilt bis heute als entscheidendes Ereignis für den Fall der Mauer und für die deutsche Wiedervereinigung.

© Runde Ecke

Über 20 lokale, nationale und internationale Künstlerteams greifen die historischen Ereignisse künstlerisch auf und machen sie im öffentlichen Raum erlebbar – mit Video-Mappings, Projektionen, Musik, Performance und anderen „Interventionen“.

Auf dem Weg der Demonstranten damals und Station Nr. 7 beim Lichtfest ist die „Runde Ecke“ am Dittrichring 24.

Die Leipziger Stasi-Zentrale war ein neuralgischer Punkt, jede Woche stellten die Demonstranten tausende Kerzen auf die Treppenstufen, um eine Eskalation zu verhindern.

© Runde Ecke

Am Jubiläumstag lädt die heutige Gedenkstätte zu einer „Nacht der offenen Tür“ ein. Neben der Museumsbesichtigung zeigen Studenten der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst an diesem Tag künstlerische Videoarbeiten und performative Installationen, die sich dem Thema „Wir“ (aus der Losung „Wir sind das Volk“) mit künstlerischen Mitteln nähern.

Authentischer Ort

Wir konnten die Gedenkstätte mit dem Leiter Tobias Hollitzer besuchen, einem Mann, der zur Wendezeit 23 war,

sich damals in verschiedenen Umweltgruppen engagierte, an den Montagsdemonstrationen teilnahm, bei der friedlichen Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale im Dezember 89 dabei war

und sich bis heute in verantwortlichen Positionen darum kümmert, Geschichte nicht zu vergessen und für das Heute daraus zu lernen.

Kaum ein Ort kann authentischer sein. Viele Büros ehemaliger Stasi-Offiziere sind erhalten. Eine Vielzahl an Objekten – 40.000 sind es insgesamt – findet sich kaum anderswo so konzentriert. Ein Verein – das Bürgerkomitee Leipzig – ist Träger der Gedenkstätte. Die Ausstellung wurde bereits im August 1990 eröffnet und zeigt seitdem, wie die Staatssicherheit strukturiert war und gearbeitet hat. Über 130.000 Besucher kommen jedes Jahr.

CTOURisten beim Rundgang im Stasi-Museum

Tobias Hollitzer beschreibt die Gedenkstätte, in der sich seit den 90er Jahren eigentlich nichts geändert hat, als authentisch und meint:

„Es transportiert etwas, gerade bei jungen Leuten.“

Wenn er uns die Räume vom „Geruchsspeicher“, „Wohnungsdurchsuchung“, „Telefonüberwachung“, „Maskierungswerkstatt“, „Überwachungskameras“, „Postkontrolle“ zeigt und über die Strukturen der Stasi und ihren hauptamtlichen Mitarbeitern spricht, dann spürt man eine Angespanntheit, Betroffenheit und – wie er es selbst bezeichnet – seinen „grundsätzlichen Aufarbeitungs-Impuls“.
Deshalb ist es für ihn wichtig, die Schau „genauso zu erhalten“ und nur behutsam zu modernisieren.

Original eingerichtetes Büro in der Leipziger Stasi-Zentrale
Abhöruntensilien im Küchenschrank
Schredder, mit dem 1989 in Größenordnungen Akten vernichtet wurden

Das Haus hat über viele Jahre mit großem Engagement weitere Ausstellungen gestaltet, bietet Führungen an, organisiert Veranstaltungen und Diskussionen und erweitert sein digitales Angebot, jüngst mit einer Sammlung von fast 2.000 Stücken, von denen einige noch nicht zu sehen waren, und mit einer App „Leipzig ‚89“ als Multimediaguide zu den Orten der friedlichen Revolution.

Auch im Jubiläumsjahr gibt es Vieles neu zu entdecken.

CTOURisten im Eingangsbereich des Museums

Weitere INFOS
Museum www.runde-ecke-leipzig.de
Digitale Sammlung www.runde-ecke-leipzig.de/sammlung
App „Leipzig ‚89“
https://www.runde-ecke-leipzig.de/index.php?id=649&L=44
Lichtfest 2024
https://www.leipzig.de/buergerservice-und-verwaltung/unsere-stadt/herbst-89/lichtfest-2024

Schlemmen, Staunen und Feiern

An einem anderen Jubiläumsort in Leipzig im Auerbachs Keller konnten wir den ältesten und nicht für alle zugänglichen Raum – den Fasskeller – besichtigen und dort verweilen.

CTOURisten im Gespräch mit dem Pressesprecher von Leipzig Tourismus Andreas Schmidt (4.v.l.)

Jubiläumsbotschafterin Eleni Mercklein vermittelte charmant und faktensicher die Botschaft des 500jährigen Traditionsortes, und das ganz im Sinne des Goethewortes

„Denn es muss von Herzen gehen, was auf Herzen wirken soll.“

Stolz spricht sie von „Deutschlands weltberühmten Gasthaus“, von „Leipzigs ältestem, durchgängig bewirtschaftetem Lokal“, von einer „Adresse bürgerlicher Geselligkeitskultur“. Auch Johann Wolfgang von Goethe war der Faszination des Hauses erlegen und setzte der einstigen Studentenkneipe ein literarisches Denkmal in seinem Faust.

Die historischen Räume sind bei Führungen zu besichtigen
Berühmter Gast in Auerbachs Keller: Johann Wolfgang von Goethe

Mit dieser Geschichte und diesem Ort umzugehen, entschied sich das Team vom Auerbachs Keller, das Jubiläum aus eigenen Kräften zu planen, als sogenanntes Jubiläums-Triennium über drei Jahre.

Die Kampagne lehnt sich damit übrigens an die frühere Studiendauer von drei akademischen Jahren an.

Und so wurde auch Eleni Mercklein neben ihren Aufgaben für das Eventmarketing und Social Media eine Jubiläumsbotschafterin.

Das Team gewann viele Mitstreiter, u.a. das Schloss Wackerbarth, das den Weißwein „Gretchen“ und den Rotwein „Mephisto“ kreierte. Durch Leipzig fährt eine Straßenbahn mit dem Mephisto-Konterfei. In den Mädler-Passagen gestalten Künstler und Studenten IHREN Faust. Die Kaffeerösterei Elstermühle vermarktet die Kaffeesorten „Gretchens Verführung“ und „Mephistos Versuchung“.

Wichtig ist der Marketingexpertin auch das, was sie unter „Gastrotainment“ zusammenfasst, und eine exklusive Verbindung von Kultur und Kulinarik meint. Dazu gehören „Die Luthers privat“ und „Faust 1 für Zwei“ im legendären Fasskeller bis hin zum Kinder-Kreativworkshop „Faust für Kleine“. Für jeden soll etwas dabei sein.

Viele Veranstaltungen im Jubiläumsjahr © Auerbachs Keller

Mit 120 Mitarbeitern ist das Haus gut aufgestellt, obwohl es in der Küche immer nach Verstärkung sucht. Dafür wurde sogar unter dem Motto „Auerbachs Keller sucht Koch“ ein Video produziert.

Die eigentliche Festwoche wird um Ostern 2025 stattfinden. Ein „Großes Gelage für’s Volk“ vereint Jung und Alt an langen Tafeln im Großen Keller wie einst zu Zeiten Goethes.

Der Wein fließt in die Becher, dazu gibt es gutes Essen, Live-Acts und „großartige Überraschungen“, wie es in der Ankündigung heißt.

links: Der Große Keller

Dann wird auch das Geheimnis gelüftet, ob es eine Torte mit 500 Kerzen geben kann.

Schließlich soll sich im Jubiläumsjahr das Leipziger Sprichwort bewahrheiten:

„Wer nach Leipzig gereist, ohne in Auerbachs Keller zu gehen, der schweige still, denn das beweist: Er hat Leipzig nicht geseh‘n.“

Weitere INFOS
www.auerbachs-keller-leipzig.de

Grüne Oase in der Stadt

Leipzig kann Revolution, Leipzig kann große Geschichte, Leipzig kann aber auch Schrebergarten.

Vor 160 Jahren begann die Kleingärtner-Bewegung. Und zum Jubiläum lohnt sich in jedem Fall der Besuch des Deutschen Kleingärtnermuseums im Stadtteil Zentrum-West, ganz in der Nähe der großen Sportstätten an der Jahn-Allee.

Museum im historischen Vereinshaus

Museumsleiterin Caterina Paetzelt empfängt uns mit einem strahlenden Lächeln.

Ihr Herzblut für das besondere Museum lässt sie schon seit 2006 das kleine feine Haus führen. Damals kamen 350 Besucher hierher, heute sind es 8.000 Besucher im Jahr.

Als studierte Museologin hat sie profunde Kenntnisse und erzählt voller Begeisterung von der Idee des Leipziger Arztes Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber.

Er legte zunächst Spiel- und Tummelplätze für Kinder an, es folgten Kinderbeete und Familienbeete und schließlich Teilflächen, die in Gärten von 50 bis 60 m² aufgeteilt waren. Der erste Verein wurde 1864 gegründet und der Begriff „Schrebergarten“ ist bis heute allgemein ein Synonym für Kleingärten.

Zwar gab es auch schon 1814 in Kappeln an der Schlei Kleingärten und später Fabrikgärten, Eisenbahnergärten, Gärten vom Roten Kreuz, Berliner Laubenkolonien und andere, aber am bekanntesten sind die Schrebergärten geworden.

Und das wird zum 160. mit einer Sonderausstellung gefeiert. Viele kleine und zum Teil liebevoll arrangierte Ausstellungsstücke geben Einblick in die eigene „Welt der Kleingärtner“.

Das Museum hat viele Originale zusammengetragen

In den Gründungsjahren lag der Fokus auf Kindern und Jugendlichen, später verschob er sich hin zur Gärtnerei. Für viele war es im 19. Jahrhundert ein „eigenes Stückchen Land“ mit einer eigenen Ernte besonders in Notzeiten. Zum Anbau von Obst und Gemüse kommen heutzutage aber auch Freizeit und Erholung im Garten.

Neben den Ausstellungsräumen im historischen Vereinshaus ist auch die denkmalgeschützte Gartenanlage sehenswert. Selbst im Regen erschließt sich der Zauber der Anlage mit einem Museumsgarten, einer Ausstellung historischer Lauben und einem Garten nebst Bungalow aus DDR-Zeiten.

Museumsgarten in Originalgröße
Historische Gartenlauben

So wie hier Kleingarten-Geschichte erzählt wird – das ist weltweit einmalig.

Ein kleines Team von 3 Mitarbeitern plus einer jungen Frau im Freiwilligen Sozialen Jahr stemmt auch noch zahlreiche museumspädagogische Angebote, Workshops für Familien und Veranstaltungen übers ganze Jahr.

Auch für Nicht-Garten-Enthusiasten ist das Deutsche Kleingärtnermuseum in jedem Fall eine Entdeckung.

Mehr INFOS
https://www.kleingarten-museum.de

Mit der Jubiläen-Tour setzte CTOUR die nun schon traditionellen touristischen Aktivitäten mit dem Leipzig-Tourismus und besonders Pressechef Andreas Schmidt erfolgreich fort.

Die CTOUR-Reise nach
Leipzig fand mit freundlicher
Unterstützung von Flixbus statt.

Zum Schluss sei noch einmal der alte Goethe bemüht:

„Mein Leipzig lob ich mir!
Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute.“

Und wenn ich es so bedenke, eigentlich hat sich gar nichts an dieser Feststellung geändert

Fotos: Museum Runde Ecke, Auerbachs Keller, Hans-Peter Gaul, Sylvia Acksteiner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert