Von Hans-Peter Gaul
Potsdam ist immer einen Besuch wert. Besonders aber am 1. Juni 2025, denn da heißt es in der Brandenburgischen Landeshauptstadt beim deutschlandweiten UNESCO-Welterbetag „Vermitteln, verbinden, begeistern“. Vor 35 Jahren war den einzigartigen Schlössern und Parks von Potsdam und Berlin als länderübergreifende und erste deutsche Welterbestätte nach der Wiedervereinigung der UNESCO-Welterbetitel verliehen worden. Beim Fest der Kulturerben am Alten Markt in Potsdam werden am 1. Juni u. a. Führungen angeboten, gibt es interessante Einblicke in die Geschichte der Welterbestätten. Dabei geht es auch um das immaterielle Weltkulturerbe z. B. mit Orgelbau und Tangotanz. Ein Höhepunkt wird eine Milonga – ein argentinisches Tango-Tanzfest –zum Mitmachen sein.
Eine internationale Gruppe von Reisejournalisten, darunter auch CTOUR-Mitglieder, hatten auf Einladung von Potsdam-Tourismus bereits im Vorfeld Gelegenheit Potsdam auf besondere Weise kennenzulernen. So gab’s auf einer Führung durch die historische Innenstadt unerwartete Einblicke in die spannende Welt der Hinterhöfe links und rechts der Brandenburger Straße. Diese Tour wird u. a. auch zum Welterbetag angeboten.

Auf unserem Weg vom Luisenplatz zum Alten Markt hatte uns Stadtführer Kevin Kennedy mit wenig bekannten Details und Einblicken der interessanten Stadtgeschichte jenseits von Sanssouci bekanntgemacht.
Gastronomische Perlen in einstigen Fabrikhöfen, historische Bauwerke mit wieder sichtbar gemachten architektonischen Details wie freigelegtem Fachwerk, aber auch Kunstwerkstätten und kleine Läden mit einem besonderen Angebot.


Vorbei am Nauener Tor ging es in das vom niederländischen Baumeister Jan Boumann (1706 – 1776) erbaute Holländische Viertel.

Die 134 Backsteinhäuser mit ihren typischen Giebeln, einst für Einwanderer gebaut, die zum Aufbau der Mark Brandenburg angeworben wurden, sind heute das größte hollandtypische Wohngebiet außerhalb der Niederlande.

Während in dem stilvollen Ambiente des weitgehend sanierten Viertels seit 1996 alljährlich im Frühjahr das stimmungsvolle Potsdamer Tulpenfest Besucher aus nah und fern anzieht, ist in der Weihnachtszeit auch Sinterklaas, der holländische Weihnachtsmann, zu Gast. Ein kleines Schild in der Mittelstraße 3 verweist darauf, dass hier am 8. Oktober 1906 im damaligen Altwarengeschäft Remlinger der arbeitslose Schuster und Exhäftling Friedrich Wilhelm Voigt seine Uniform als „Hauptmann von Köpenick“ erworben hatte.
Alter Markt und Garnisonkirche
Nicht weit ist es zu einem weiteren Touristen-Hotspot, dem Alten Markt mit der 1850 eingeweihten St. Nikolaikirche. Ein Obelisk sowie das Potsdam- und Barberini-Museum prägen Potsdams „Gute Stube“.

Mit dem 2000 wiedererrichteten Fortunaportal hatte auch der Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses, das Sitz des Brandenburger Landtags ist, begonnen.

Vorbei an einem der ältesten Gebäude der Stadt, dem Filmmuseum im einstigen Pferdestall der Könige, kommen wir zur 2024 wieder für Besucher geöffneten Garnisonkirche.

Die Ausstellung „Glaube, Macht und Militär“ im 3. Obergeschoss setzt sich auf 250 m/2 kritisch mit der fast 300jährigen Geschichte der Garnisonkirche auseinander.

Nachdem die 1730 – 1735 für den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. erbaute Barockkirche 1945 fast vollständig ausbrannte und 1968 gesprengt wurde begann 2017 die Stiftung Garnisonkirche mit dem Wiederaufbau. Per Fahrstuhl oder Treppe (365 Stufen !) gelangt man auf die in 57 Meter Höhe gelegene Aussichtsterrasse. Hier bietet sich ein prächtiger Panoramablick auf Potsdam und einige seiner Welterbestätten. 2026/27 soll der Turm durch eine 30 Meter hohe Haube mit Wetterfahne ergänzt werden.

In der frei zugänglichen Kapelle im Erdgeschoss mit dem Nagelkreuz aus Coventry findet jeden Freitag um 12 Uhr ein Friedensgebet statt.

Über den einstigen Potsdamer Stadtkanal (er soll in Teilen wieder mit Wasser gefüllt werden) kommen wir zur gutbesuchen Potsdamer „Kneipenmeile“ in der Dortusstraße unweit vom Brandenburger Tor und der Brandenburger Straße.

Auf dem Boulevard der Filmstadt Potsdam erinnern besondere Steinplatten an weltbekannte Filme, die einst hier gedreht wurden.
links: Die Feuerzangenbowle
Seit Oktober 2019 darf sich Potsdam UNESCO CREATIVE CITY OF FIlM nennen. Zu dem Netzwerk gehören rund 350 Kreativstädte weltweit in den Sparten Musik, Medienkunst, Design, Literatur, Gastronomie, Handwerk sowie Film.
Park und Schloss Sanssouci
Natürlich darf ein Besuch von Schloss Sanssouci, dem einstigen Sommersitz Friedrich des Großen, nicht fehlen. Es war einst das intellektuelle Zentrum seines Reiches. Getreu der Schloss-Inschrift Sans Souci „Ohne Sorge“ fanden hier glanzvolle Bankette statt, wurde Geselligkeit großgeschrieben.
Seit einiger Zeit ist es offensichtlich zum Brauch geworden auf die Grabplatte des „Alten Fritz“ auf der oberen Schlossterrasse statt Blumen Kartoffeln zu legen.

Während in Sanssouci Themen wie Gartenbau und Wein für Lebensfreude und Naturverbundenheit stehen sorgen Säulen am und im Schloss für eine feierliche Atmosphäre. In dem am meisten besuchten Museum der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg werden zuvor reservierte Führungen per Audioguide gern genutzt. So kann man z. B. in der reizvollen Kleinen Galerie Bilder und Skulpturen aus Frankreich mit den entsprechenden Informationen nach Belieben betrachten und den Marmorsaal als Mittelpunkt vieler Feste des Königs ganz individuell erleben.



Mit etwas Glück ist dann nach dem informativen Rundgang vor dem Schloss auch noch ein internationales Hochzeitspaar samt Kameraleuten in Aktion zu sehen.

Königlicher Weinberg und Drachenhaus

Ein Tipp für Besucher: mit der Buslinie 695 kommt man vom Hauptbahnhof Potsdam am besten nach Sanssouci und zu weiteren Attraktionen der Parks und Gärten, z. B. zu dem im Stil einer chinesischen Pagode errichteten „Drachenhaus“ am Königlichen Weinberg.
Seit mehr als 250 Jahren wird hier am Südhang des terrassierten Klausbergs Wein angebaut.

Mit den einst von Friedrich dem Großen aus Ost- und Südeuropa importierten Tafeltraubensorten wurde bis zum Ende der Monarchie 1918 der preußische Hof versorgt.
Wie Andreas Kramp bei einer Degustation informierte haben 2006 die Mosaik Berlin gGmbH gemeinsam mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten damit begonnen die Tradition des Weinanbaus in Potsdam wiederzubeleben.
So sorgen inzwischen neben den historischen Reben aus der Kaiserzeit mehr als 3000 neue Rebstöcke für frische und fruchtige Weine wie „Regent“, „Cabernet Blanc“ und „Phoenix“.

Probieren kann man die edlen Tropfen während der seit 2012 alljährlich veranstalteten Königlichen Weinfeste im Sommer und bei Führungen durch den Weinberg unterhalb des Belvedere.

Zu kaufen gibt es den Wein in den Museumsshops sowie bei Potsdam-Tourist am Alten Markt. Möglich ist übrigens auch – der Tradition verpflichtet – unterschiedliche Rebstock-Patenschaften zu übernehmen.
Marmorpalais – Juwel am Heiligen See
Mit dem im klassizistischen Stil gestalteten Marmorpalais im Neuen Garten hatte sich Friedrich Wilhelm II. von Preußen seinen eigenen Sommersitz bauen lassen und 1793 bezogen.

Bei einer Führung mit Schlossbereichsleiter Matthias Simmich
und der Leiterin des Fachbereichs Schlösser und Sammlungen für das Marmorpalais sowie Kustodin des KPM-Archivs Eva Wollschläger (rechts im Bild) konnten wir das Juwel am Ufer des Heiligen Sees auf besondere Weise

kennenlernen. Die Innenräume, größtenteils von Carl Gotthard Langhans entworfen, zeigen antike Formensprache und kostbare Materialien: Marmorkamine und Skulpturen aus Italien, Intarsien und Böden aus einheimischen Hölzern, Seidenbespannungen, Standuhren aus dem Nachlass Madame Pompadours sowie Keramikvasen der Wedgwood-Manufaktur.

Höhepunkte sind das farbenreiche Marmordekor im Vestibül, der Grottensaal am Wasser und der prächtige Konzertsaal. (links im Bild)
„Wir wollen die kostbare Ausstattung des zu den bedeutendsten Bauten des Frühklassizismus zählenden Schlosses den Besuchern noch weiter erschließen“, erklärt die engagierte Kustodin.


So wird das einzigartige Marmorpalais mit seinen beiden Seitenflügeln und dem prächtigen Konzertsaal schon bald noch mehr Besucher in seinen Bann ziehen. Der handverlesene Blumensamen Tagetes Patula „Striped Marvel“ aus dem Grünen Welterbe im Park Sanssouci wird uns noch lange an den Besuch der einzigartigen Parklandschaft erinnern.
Panoramafahrt durch das UNESCO-Weltkulturerbe
Die 90minütige informative Schlösserrundfahrt vom Potsdamer Hafen auf modernen Fahrgastschiffen bietet unvergessliche Erlebnisse. Auf der Havel geht es durch die zum UNESCO-Welterbe gehörende Landschaft mit den Schlössern und Gärten von Preußens Königen. Vorbei an dem von Karl Foerster angelegten Garten auf der Freundschaftsinsel, dem modernen Theater am Eventbereich Schiffbauergasse und dem Schloss Babelsberg kommen auf der Panoramafahrt durch die legendäre Glienicker Brücke (hier verlief einst die Grenze zwischen Ost und West), u. a. auch der Schlossgarten Glienicke und der Park Sacrow mit der Heilandkirche in Sicht bevor an der Pfaueninsel mit dem weithin sichtbaren weißen Schloss (nach jahrelanger Sanierung ist es nun wieder für Besucher geöffnet) das Schiff wendet.

Potsdam vereint nicht nur zahlreiche Stätten des UNESCO-Welterbes, hier kann man auch Architektur und Kultur verschiedener europäischer Länder entdecken. Beste Informationen dazu bietet Potsdam-Tourismus in seinem Büro am Alten Markt und im Hauptbahnhof.
Fotos: Hans-Peter Gaul
Über den Autor:
Hans-Peter Gaul ist Gründer, Sprecher des Präsidiums und seit 2020 Ehrenpräsident der Reisejournalisten-Vereinigung CTOUR. Er hat an mehreren Buchveröffentlichungen und Filmen mitgewirkt, TV- und Radiosendungen moderiert, Reisereportagen in Zeitungen und Zeitschriften publiziert. Derzeit ist er vor allem für die Fachzeitschrift „touristik aktuell“ und für die „Ostthüringer Zeitung“ Saalfeld aktiv. 2024 wurde er mit der „Silbernen Bürgermedaille“ seiner Heimatstadt Saalfeld geehrt.