CTOUR vor Ort: Grüner Fernbus-Großplayer will verstärkt in Europa expandieren

Die fusionierten Unternehmen MeinFernbus (Berlin) und FlixBus (München) stellten ihr gemeinsames Wachstumskonzept vor

Ein kräftiger Paukenschlag hallte dieser Tage durch die Reise- und Verkehrsbranche. Die beiden bisherigen Marktführer bei den seit zwei Jahren boomenden Fernbuslinien gaben – für viele doch ziemlich überraschend – am 7. Januar 2015 ihren Zusammenschluss bekannt. Zwei Tage später lud das neu etablierte Unternehmen „FlixBus MeinFernbus“ zu einer Pressekonferenz ins Berliner Tempodrom ein, um der Öffentlichkeit seine nächsten Schritte, aber auch seine Visionen vorzustellen. Das lebhafte Interesse zeigte sich daran, dass namhafte Medien, wie Berliner Morgenpost, FAZ, Süddeutsche Zeitung, Reuters, Bild, RBB-Fernsehen, Reiseradio, aber auch die Fachpresse der Busbranche sowie wichtige Organisationen, so der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) und die Tourismusgesellschaft visitBerlin, im Saal vertreten waren.

Schmiedeten das neue Bus-Bündnis: die forschen Jungunternehmer von FlixBus und MeinFernbus (v.l.n.r.): Jochen Engert, Torben Greve, André Schwämmlein, Panya Putsathit und Daniel Krauß Foto: Manfred Weghenkel
Schmiedeten das neue Bus-Bündnis: die forschen Jungunternehmer von FlixBus und MeinFernbus (v.l.n.r.): Jochen Engert, Torben Greve, André Schwämmlein, Panya Putsathit und Daniel Krauß
Foto: Manfred Weghenkel

Auf dem Podium hatten fünf junge, sportlich wirkende und ansteckenden Optimismus verbreitende Männer in saloppen grünen und blauen Hemden, abgeleitet von den bisherigen Busfarben, Platz genommen – die Geschäftsführer Torben Greve und Panya Putsathit (MeinFernbus, Berlin), André Schwämmlein, Jochen Engert und Daniel Krauß (FlixBus, München). Die Tatsache, dass die Münchener grün und die Berliner blau trugen, also jeweils die Busfarben des anderen,  sollte das ab jetzt unbedingt Gemeinsame, das vorbehaltlose Zusammengehen symbolisieren. Und diese „Gemeinsamkeit auf Augenhöhe“, wie es hieß, wurde denn auch mehrfach beschworen. Übrigens, in der Praxis löst sich das Farbenspiel so auf: Das Münchener Blau verschwindet von den Bussen; sie sollen nun durchgängig das grüne Outfit der Berliner tragen. Bei der Beschriftung der Fahrzeuge hatten allerdings die Süddeutschen die Nase vorne. „FlixBus MeinFernbus“ – so die neue, für manchen vielleicht etwas irritierende Firmierung. Ein Kompromiss eben. Ob das Ganze tatsächlich eine „Fusion auf Augenhöhe“ ist oder die interne Gewichtung doch etwas anders aussieht, wird sich noch zeigen, z. B. wenn es um die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze geht.

Erstmals gezeigt - die grünen Fernreisebusse für Deutschland und Europa im neuen Design Foto: Manfred Weghenkel
Erstmals gezeigt – die grünen Fernreisebusse für Deutschland und Europa im neuen Design
Foto: Manfred Weghenkel

Zukunftsweisend ist das – gewiss auch als Verkaufsargument so gerne benutzte – grüne Credo des Fernbusanbieters. Da soll doch der Fahrgast getrost ein gutes Gewissen haben. Der Bus als umweltfreundliches, nachhaltiges Verkehrsmittel. Nun ja, gegenüber den privaten Pkw stimmt das auf jeden Fall. Bei einem Vergleich mit der Bahn sieht die Öko-Bilanz freilich schon etwas anders aus. Aber um grundsätzliche Fragen der Verkehrspolitik in unserem Lande ging es ja auf dieser Veranstaltung nicht.

Gut besuchte Pressekonferenz in der Kleinen Arena des Berliner Tempodrom Foto: Manfred Weghenkel
Gut besuchte Pressekonferenz in der Kleinen Arena des Berliner Tempodrom
Foto: Manfred Weghenkel

Nutznießer beim neuen grünen Fernlinienbus-Großplayer (rechnerischer Marktanteil 75 Prozent) dürften auf jeden Fall die Reisenden sein. Im vorigen Jahr beförderten die 2011 als Start-ups gegründeten beiden Anbieter zusammen auf 178 Linien mit 389 Zielen fast 11 Millionen Fahrgäste. Fernbuslinienfahrten gab es nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch zu Zielen in acht europäischen Ländern, wie Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich und Niederlande.

Die innovativen Chefs des Fernbus-Großplayers während der Veranstaltung für die Medien Foto: Manfred Weghenkel
Die innovativen Chefs des Fernbus-Großplayers während der Veranstaltung für die Medien
Foto: Manfred Weghenkel

MeinFernbus als die Nr. 1 hatte einen Marktanteil von 46 Prozent und FlixBus von 29 Prozent. Den Rest teilten sich die Busbetreiber der Deutschen Bahn (10 Prozent), ADAC Postbus (8 Prozent; ADAC inzwischen ausgeschieden) und Sonstige (u. a. DeinBus, Deutsche Touring) mit 7 Prozent. Kooperiert wurde von MeinFernbus und FlixBus mit 160 vorwiegend mittelständischen Buspartnern, die 560 Busse mit den entsprechenden Fahrern einsetzten.

Welche Ziele hat sich nun das neugebildete Gemeinschaftsunternehmen mit Firmensitzen in Berlin und München (insgesamt rund 500 Mitarbeiter) gestellt? Die Hauptvision: „Der innovativste und beliebteste Fernbusanbieter in Europa zu werden!“ Gemeinsames Vorhaben: Bis Ende 2015 sollen 1.000 grüne Fernbusse rollen und 18 bis 20 Millionen Menschen befördert werden. Das Netz wird auf insgesamt 13 Länder Europas ausgeweitet.

Torben Greve, einer der beiden Chefs von MeinFernbus erklärte: „Schritt für Schritt werden wir bis Sommer unsere beiden Netze verbinden. Über dichtere Takte und neue Expressverbindungen erweitern wir das bisherige Angebot und bieten Deutschlands bestes Fernbusnetz. In den nächsten Monaten verbinden wir zudem neue Ziele in Europa. Bald sind auch Destinationen wie Brüssel und Paris erreichbar. Alle Hauptachsen und die größten EU-Metropolen werden zudem mit neuen Nachtlinien verbunden. So erreichen die Fahrgäste ihr Ziel sicher und bequem im Schlaf.“ Sein Kollege Panya Putsathit benannte einige Problempunkte und Herausforderungen, wie dringender Ausbau von Busterminals durch die Städte und Kommunen, Behebung des bestehenden Busfahrermangels und den nach wie vor „rauen Preiswettbewerb“ sowohl im Personenfernverkehr allgemein als auch speziell in der Busbranche.

Klar ist: An kostendeckenden Preisen werden die Fernbusanbieter bei Strafe ihres wirtschaftlichen Ruins auf Dauer nicht vorbeikommen. Welche konkreten Auswirkungen das auf die Ticketpreise bei MeinFernbus / FlixBus haben wird, war freilich auf der Pressekonferenz leider (noch) nicht zu erfahren. Sicher ist das ein sensibles Thema, gründet sich doch die bisherige Erfolgsstory des liberalisierten Fernbuslinienverkehrs mit der enormen Kundennachfrage gerade ganz wesentlich auf die insbesondere gegenüber der Bahn günstigen Fahrpreise, die ja im Schnitt nur bei 8 bis 9 Cent pro Kilometer liegen. Doch ein Ende der Tiefpreisära ist wohl abzusehen…

Auf Autobahnen und Fernstraßen jetzt öfters zu sehen: der chice, komfortable, modern ausgestattete und umweltfreundliche Fahrzeugtyp Foto: Manfred Weghenkel
Auf Autobahnen und Fernstraßen jetzt öfters zu sehen: der chice, komfortable, modern ausgestattete und umweltfreundliche Fahrzeugtyp
Foto: Manfred Weghenkel

André Schwämmlein, einer der drei Geschäftsführer von FlixBus, formulierte: „Unser Erfolgskonzept, die enge Kooperation mit dem Mittelstand ist international einzigartig. Durch zwei Jahre harten Konkurrenzkampf haben wir uns gegenseitig stark gemacht. Jetzt können wir diese Erfahrung aus dem deutschen Markt international anwenden.“ Und Co-Chef Daniel Krauß konstatierte: „Nicht nur technisch ist der Zusammenschluss von MeinFernbus und FlixBus äußerst komplex. Unsere größte Herausforderung in den nächsten Wochen ist die erfolgreiche Zusammenführung der beiden Teams. Wir haben in Berlin und München nun ein gemeinsames Ziel. Zusammen sind wir technologisch weit voraus. Mit einem innovativen eTicketing-System, LTE in den Bussen, Fahrer- sowie Kunden-App und GPS-Livetracking setzen wir in den Bereichen Service, Sicherheit und Transparenz neue Maßstäbe.“ Sein Kollege Jochen Engert bekräftigte: „Mit einem finanzstarken Investor im Rücken nehmen wir das weitere Wachstum in die Hand. Gemeinsam machen wir Europa grün!“

Übrigens, bei dem „finanzstarken Investor“ handelt es sich um die US- Beteiligungsgesellschaft General Atlantic. Welche Ziele sie verfolgt, ist unklar. Auf der Pressekonferenz war sie auch nicht präsent. Die Frage eines Journalisten, wie hoch denn überhaupt die Investitionssumme für die ehrgeizigen Pläne des neugeschaffenen Berlin-Münchener Unternehmens sei, blieb unbeantwortet. Branchenkenner rechnen damit, dass die junge expandierende Firma früher oder später an den Finanzmarkt gehen dürfte. Ein künftiger Börsengang wurde jedenfalls auf der Pressekonferenz nicht ausgeschlossen.

Informationen
www.meinfernbus.de
www.flixbus.de