CTOUR vor Ort: Karl und Aachen

Drei groß-Artige Ausstellungen über einen Großen der Geschichte

Printen“, „Dom“, „Karl der Große“ sind die Assoziationen der meisten Deutschen in punkto Aachen. In diesem Jahr gibt es in Aachen besonders viel im mehrfachen Sinne groß-Artiges über Karl den Großen zu sehen. Stadt und Dom zeigen ihre Schätze aus und nach der Zeit dieses Herrschers über halb Europa. Zahlreiche Museen und Privatsammlungen des In- und Auslandes senden Spitzen-Kunstwerke von unschätzbarem Wert befristet nach Aachen. Entstehen werden drei Ausstellungen über Macht, Kunst und Schätze in Bezug auf Kaiser Karl und die Wirkungen auf spätere Epochen. Es sind Ausstellungen, die so nicht wieder gezeigt werden (können).

Die Stadt am Rande Deutschlands an der Grenze zu Belgien, also inmitten von Europa, würdigt den Großen Karl, der sie begann groß zumachen. Seit 794 hat sich Karl der Große in der Pfalz Aachen aufgehalten bis er am 28. Januar 814 starb. Die warmen Quellen an diesem Ort taten seinem Körper gut und veranlassten ihn, hier eine feste Residenz errichten zu lassen. Damit entstand eine neue Regierungsform. Reisekönigtum, das Umherziehen der Herrscher zur Sicherung ihrer Macht, war bei anderen Potentaten im damaligen Europa noch üblich. Eine Residenz dagegen erforderte vom Kaiser Kraft zum Erhalt der Macht.


Karl-Statue vor dem Aachener Rathaus

Als wolle er sich verstecken, aber vielleicht doch etwas neugierig blickt Karl der Große über den unteren Rand des aktuellen und offiziellen Posters der Stadt Aachen. Besser gesagt es ist seine Büste aus getriebenem Silber. Bart, Haar, Brust und Krone sind vergoldet. Ein Künstler hat diese Karlsbüste, sie ist im Besitz der Aachener Domschatzkammer, erst nach 1349 hergestellt. Da war Karl bereits ein halbes Jahrtausend tot. Sie enthält allerdings die Schädeldecke vom großen Herrscher und Eroberer. Der Blick über den Rand des Posters erinnert an den Weitblick des ersten westeuropäischen Kaisers nach der Antike. Symbolisch sieht der Betrachter die Farbe des Hintergrunds vom Aachener Ausstellungsposter als Blut. Dieser Große hatte großzügig Blut vergossen, um immer mehr Länder und Völker für die Krone und das Papsttum zu kassieren bzw. zu befrieden. Karl der Große sorgte im mehrfachen Sinne für Ruhe in Europa: in Aquitanien im Südwesten Frankreichs, bei Dänen und Slawen oder im Südosten Europas mit dem Sieg über die Awaren. Schlimm waren die Massaker gegen die damals noch heidnischen Sachsen. Die Heerscharen Karls bekehrten die Sachsen aus Machtgründen und um dem Papst zu gefallen mit Blut und Eisen zum Christentum. Es gilt in punkto Karl die alte Regel für die historische Betrachtung: bewerte Persönlichkeiten in ihrer Zeit. Die Zeit war eben so.



Dorestadt-Fibel aus dem Rijksmuseum van Oudheden in Leiden

Karl und seine Zeit hatten zudem andere Seiten – die Kunst und Lehre. Zwar konnte der Kaiser selbst nicht lesen und schreiben. Die Zeit war eben so. An seinen Hof holte er jedoch Künstler und Gelehrte. Der Hof wurde zu einem geistigen und geistlichen Zentrum in Europa. Es erblühte europäisches Spitzen-Kunsthandwerk. Diese Kunst lässt sich heute noch und wieder sehen – in Aachen mit seinen drei Spitzenausstellungen „Karl der Große: Macht, Kunst, Schätze“.
Aachen hat sich – wie vor 1200 Jahren könnte man meinen – gegen europäische Mitbewerber durchgesetzt und wird die größte Ausstellung anlässlich des 1.200sten Todestages von Karl dem Großen präsentieren. Vor mehr als 1.200 Jahren waren es die Thermalquellen und heute sind es Karls Spuren: Thron, Grab, Dom, Krönungssaal sind schon da. Karl und Aachen gehören einfach zusammen.
Die Ausstellung zur
Macht wird im Krönungssaal im Mittelpunkt stehen. Orte der „Macht“ werden im Krönungssaal des Rathauses das Thema sein. Moderne 3D-Animation im alten Gemäuer führt zu den Pfalzen, erzählt Geschichten an den kaiserlichen Hof und zeigt die Sicherung der Macht durch das Vorführen eines Kriegers.

Karls Kunst – eine zweite Ausstellung – wird im heutigen „Centre Charlemagne“ zu sehen sein. Die Wirkung der Kunstwerkstätten soll in der Zeit des Großen Karl und auf die folgenden Epochen gezeigt werden. Dazu gehört ein Elfenbeinbuchdeckel der Lorscher Evangeliarien aus den Vatikanischen Museen und einer aus England. Diese Buchdeckel gehören zu den bedeutendsten Elfenbein-Schnitzereien aus der Zeit Karls. Sie werden in Aachen vereint. Oder: Die Dorestad-Fibel aus Leiden, aus Gold, Emaille und Edelsteinen, war ursprünglich als Schmuckteil für ein Reliquienkästchen hergestellt worden. 1.100 Jahre lag dieses Schmuckstück in einem Brunnen. Heute gehört es dem Museum in Leiden.

Bucheinband des Lorscher Evangeliars

In die Domschatzkammer nahe der karolingischen Marienkirche werden neben vorhandenen und verlorene Schätze, d.h. Kostbarkeiten des Kirchenschatzes der Karolingerzeit und des Mittelalters an ihrem ursprünglichen Platz für kurze Zeit zurückkehren. Da wird vom Kreuzritter Richard von Cornwall sein Aachener Königsmantel wieder zusammengesetzt. Besagter Mantel wurde vor Jahrhunderten zerschnitten und die Stücke in ganz Europa verkauft. Zu den 30 hochkarätigen Exponaten, die seit Karl dem Großen wieder zusammen finden werden, gehört der antike Proserpina-Sarkophag, in dem er 814 beigesetzt worden sein soll. Weitere Kunstschätze gehörten bereits Karl dem Großen, und wieder einige sollen aus seinem Grab stammen. Lassen wir uns überraschen.

Ja und was wäre Karl ohne Dom und der Dom ohne Karl? Als erstes deutsches Denkmal wurde der Aachener Dom 1978 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. In diesem am besten erhaltenen Bau aus der Karolingerzeit wurde Karl begraben.
Die Ausstellungstrilogie „Karl der Große – Macht, Kunst, Schätze“ findet vom 20. Juni bis 21. September 2014 im Aachener Zentrum statt
. Drei Präsidenten, der französische, der italienische und der deutsche, haben die Schirmherrschaft für das Große in Aachen übernommen.
Aachen feiert das Karlsjahr 2014 jedoch nicht nur mit den drei großen Ausstellungen. Das ganze Jahr über gibt es ein buntes Begleitprogramm mit mehr als 100 Veranstaltungen zahlreicher städtischer und freier Kulturschaffender: Lesungen, Konzerte, Tanz, Vorträge, Kunstaktionen, eine Oper usw. usf.

Epilog: Auf der Pressekonferenz während der ITB wurden die Ausstellungen vom Oberbürgermeister Marcel Philipp, von Dr. Jutta Bacher, Leiterin Marketing und Werner Schlösser, Leiter der Tourist-Information vorgestellt. Prognose vom Autor: Wenn diese Ausstellungen so gestaltet sind wie der Ablauf dieser Pressekonferenz, dann werden sie wie die Presseveranstaltung ein Erfolg. Letztere verdient die Attribute: lebhaft, interessant, verständlich, informativ, kurz und bündig. Das könnte auch für die drei Ausstellungen zutreffen.

www.karldergrosse2014.de

Fotos/Plakat: Stadt Aachen, Andreas Herrmann, Leiden, Rijksmuseum van Oudheden, Rheinisches Bildarchiv Köln