Der Hochsommer machte gerade eine kurze Pause und schraubte die Temperaturen auf Normalmaß, als sich am 30. Juli eine Gruppe CTOURisten auf den Weg nach Leipzig machte.
Pünktlich sieben Uhr ging‘s los mit „MeinFernbus“. Gegründet 2011von Torben Greve und Panya Putsathit bietet das Unternehmen seit 2012 Fahrten mit Fernreisebussen im Linienverkehr an, erklärte Marie Gloystein von der Kommunikationsabteilung, die die Gruppe bis Leipzig begleitete. Inzwischen führen 27 Linien quer durch Deutschland und bis nach Zürich und Luxemburg, weitere sollen hinzukommen. Die Busse haben all das, was man heute von modernen Fahrzeugen erwartet. Darüber hinaus sind sie mit kostenfreiem WLAN ausgestattet, eine Fahrradmitnahme für 9 Euro pro Fahrt ist möglich. Der Kundenservice ist 24 Stunden erreichbar, Passagiere werden per SMS über Verspätungen informiert. Ziel sei es, der beliebteste und bekannteste Fernbusanbieter zu werden, nicht unbedingt der billigste, wie Marie Gloystein betonte. Günstiger als eine Zugfahrt seien sie sowieso, ihre Preise lägen bis zu 70 Prozent unter denen der Deutschen Bahn.
Leitidee ist „Fahr grün!“, ersichtlich nicht nur am einheitlichen grünen Busdesign. Großer Wert wird auch auf niedrige CO2-Emissionen und weniger Kraftstoffverbrauch gelegt. Wer möchte, kann gegen einen geringen Aufschlag klimaneutral reisen, ermöglicht durch eine Zusammenarbeit mit dem Verband myclimate. „MeinFernbus“ arbeitet mit derzeit 44 regionalen mittelständischen Busunternehmen und zahlreichen Kooperationspartnern wie TUI oder car2go zusammen.
In Leipzig wurde die Gruppe von Andreas Schmidt (im Bild rechts) von der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH und Karl Detlef Mai (im Bild links) von der RUNDUM LEIPZIG Mai-Regio-Tour empfangen. Karl Detlef Mai erwies sich auf der sich anschließenden Fahrt durch das Leipziger Neuseenland als äußerst kundiger Reiseführer und steuerte zu fast jedem Haus, jeder Kirche, jedem See Wissenswertes oder eine kleine Anekdote bei.
Erster Stopp war der Kanupark Markkleeberg am gleichnamigen See, gebaut für die Olympia-Bewerbung Leipzigs 2012. Dort trainiert nicht nur die nationale und internationale Kanu-Slalom-Elite, jeder kann die Rafting- und Kajak-Angebote nutzen, auch ohne Vorkenntnisse. Auf dem See kann gesurft und gesegelt, am Ufer gebadet werden. Er ist auch Ausgangspunkt für rund 100km Wanderstrecken zu Fuß und zu Rad. Unweit des Sees befindet sich das Museum der Völkerschlacht 1813 mit einem Großdiorama, im Oktober gibt es historische Gefechtsdarstellungen und Biwaks. Im Bergbau-Technik-Park können die Besucher u.a. einen Schaufelradbagger aus einem ehemaligen Tagebau besichtigen.
Weiter ging‘s zum Schloß Güldengossa am Nordufer des Störmthaler Sees. Der einstige Rittersitz dient heute dem Unternehmen Geiger Edelmetalle als Firmensitz. Der Park mit dem kleinen Café ist öffentlich zugänglich. Auf dem Weg zum Hainer See kam die Gruppe auch durch Störmthal mit seiner kleinen Kirche, deren Hildebrandt-Orgel noch fast im Original erhalten ist und einst von Johann Sebastian Bach eingeweiht wurde.
Die Fahrt zum Tagebau Vereinigtes Schleenhain führte vorbei an Dörfern, die zum Teil nur knapp dem Abriss entgangen waren oder durch die Aufgabe von Tagebauen eine Aufwertung erfuhren, so wie Mölbis. Das einst „schmutzigste Dorf Deutschlands“, gerade wegen dieses Rufes 1991 von Prinz Charles besucht, ist heute saniert und wird manchmal sogar scherzhaft „Luftkurort“ genannt.
In Kahnsdorf gab es in historischem Ambiente bei Kaffee und Kuchen eine kurze Verschnaufpause im Café „Schillerhaus“. Dort traf der große deutsche Dichter 1785 auf seinen späteren Gönner Christian Gottfried Körner.
Auf dem Weg zum Aussichtspunkt im Tagebau rumpelte der Bus vorbei an kilometerlangen Förderbändern und Bandabsetzern, die pro Jahr bis zu 11 Mio. Tonnen Braunkohle fördern. Das war eine Extratour für die CTOURisten, andere Besucher können nur die grandiose Aussicht auf das Baufeld genießen. Und sie bekommen wahrscheinlich auch nicht so ein zünftiges Bergbau-Picknick mit selbstgemachten sächsischen Spezialitäten, das die RUNDUM LEIPZIG Mai-Regio-Tour organisiert hatte.
Während in Schleenhain noch gebaggert wird, sind andere Betriebe bereits zu Beginn der 1990er Jahre stillgelegt worden. Bis 2060 soll durch Rekultivierung und Renaturierung ehemaliger Braunkohletagebaue und gefluteter Tagebaurestlöcher der Touristische Gewässerverbund Leipziger Neuseenland entstehen, rund 200 km schiffbare Gewässer, die teilweise mit Kanälen verbunden sind. Zum einen dient er dem Hochwasserschutz, zum größten Teil aber dem Wassertourismus. Dabei müssen eine Vielzahl von Einzelprojekten koordiniert und gesteuert werden. Die beteiligten Akteure wie die Stadt Leipzig, Kommunen und die Bergbauverwaltungsgesellschaft haben deshalb ein „Wassertouristisches Nutzungskonzept“ erarbeitet.
Nach Abschluss des Projektes soll Leipzig über die bestehenden und neuen Seen per Boot erreichbar sein. 2011 konnte man erstmals ohne Aussteigen vom Stadthafen Leipzig zum Cospudener See paddeln. Wenn 2014 auch der Störmthaler und der Zwenkauer See geflutet sind, wird eine etwa 44 km2 große Seenlandschaft südlich von Leipzig mit der Pleiße, der Weißen Elster und der Neuen Luppe sowie mit den Kanälen großräumig verknüpft sein.
Dabei ist die Idee gar nicht so neu. Leipzig blickt auf eine über 150-jährige wassertouristische Tradition zurück. Bereits 1835 gab es vier öffentliche Flussbadeplätze an der Pleiße und der Weißen Elster, ab 1864 verkehrten regelmäßig kleine Dampfer auf der Weißen Elster.
Wer nicht so lange warten will, bis die Gewässer durchgängig befahrbar sind, kann im größten Freizeitpark im Osten Deutschlands „BELANTIS“ schon mal seine seemännischen Qualitäten testen: Auf der Mega-Achterbahn „Huracan“ mit einem senkrechten Anstieg auf 32 Metern, der Wildwasserfahrt im „Tal der Pharaonen“ oder auf der Schiffsschaukel „Santa Maria“. 2003 auf dem Gelände eines ehemaligen Tagebaus eröffnet, gehört er inzwischen zu den Top Ten der 75 Freizeitparks in Deutschland mit mehr als einer halben Million Besucher pro Jahr. Auf 30 Hektar gibt es Angebote für Familien mit Kindern jeden Alters – acht Themenwelten mit über 60 Fahrattraktionen. Neben den Vergnügen können die kleinen Entdecker und Abenteurer auch noch etwas lernen, zum Beispiel auf dem Waldlehrpfad im „Land der Grafen“. Eine Besonderheit des Parks ist, dass man auch selbst Essen und Trinken mitnehmen kann.
Letzter Höhepunkt der Tour war „Gondwanaland“, die Tropenwelt im Leipziger Zoo.
Rund 90 exotische Tierarten und rund 500 verschiedene Baum- und Pflanzenarten aus den tropischen Regenwäldern Afrikas, Asiens und Südamerikas finden unter der Kuppel Platz. Auf verschlungenen Dschungelwegen oder dem schwebenden Baumwipfelpfad geht es vorbei an Tapiren, Faultieren, Totenkopfaffen, Dik Diks und Zwergflusspferden. Bei einer Bootsfahrt auf dem Urwaldfluss Gamanil kann die Entstehung des Urkontinents Gondwana multimedial erlebt werden.
Die verbleibende Zeit nutzten einige CTOURisten für einen Besuch im Zoo, andere erkundeten die Innenstadt Leipzigs. Leider waren sie einige Tage zu früh dort, sonst hätten sie sich das am 3. August eröffnete 360°-Panorama „Leipzig 1813 – In den Wirren der Völkerschlacht“ von Yadegar Asisi ansehen können.
Es ist Bestandteil zahlreicher Aktionen im Rahmen des Doppeljubiläums, das die Messestadt in diesem Jahr begeht: Der 200. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 und die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals 1913. Zu den Veranstaltungen zählt auch die Ausstellung „Helden nach Maß“ vom 4. September 13 bis 5. Januar 14 im stadtgeschichtlichen Museum Leipzig. Höhepunkt der Feierlichkeiten ist eine Gedenkwoche vom 16. bis 20. Oktober, u.a. mit einem Festgottesdienst am 17. Oktober mit dem Thomanerchor in der russisch-orthodoxen St.-Alexij-Gedächtniskirche und einem „Fest der Menschen“ am 19. Oktober.
2013 war und ist ein Jahr mit vielen Highlights in Leipzig, zu denen auch die Events im Rahmen des Richard-Wagner-Jahres 2013 zählten, die zusätzliche Besucher anzogen. Deshalb ist man bei der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH optimistisch, dass auch das Doppeljubiläum die Gästestatistik des Vorjahres deutlich übertreffen wird, so deren Geschäftsführer Volker Bremer. Bereits im ersten Quartal dieses Jahres konnten große Zuwächse verzeichnet werden, die das Rekordjahr 2012 noch übertreffen könnten. 5,9 Prozent mehr Gäste kamen, bei den Übernachtungen gab es sogar eine Steigerung von 10,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit liegt Leipzig hinter Berlin auf Platz 2 der Magic Cities, einem Verbund von elf deutschen Großstädten, die speziell im Auslandsmarketing sehr aktiv sind. Besonders die Übernachtung deutscher Gäste zeigte erfreuliche Steigerungen, aber auch Touristen aus Polen und Tschechien kamen vermehrt in die Stadt. Bei den ausländischen Besuchern führen die USA, Österreich und Großbritannien.
Um die Region als Ganzes erfolgreich zu vermarkten, sind der Tourismusverband „Sächsisches Burgen- und Heideland“ e.V. und die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH im Juli mit einem Geschäftsbesorgungsvertrag eine Marketingkooperation eingegangen. Damit soll nicht nur der Tourismus als enormer Wirtschaftsfaktor weiterentwickelt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit des Leipziger Umlands erhöht werden. Deshalb sind in dem Konzept auch 26 Kommunen integriert. Angestrebtes Ziel sind über fünf Millionen Übernachtungen im Jahr 2015.
Fotos: CTOUR/H.-P. Gaul, R. Friedrich, Repro Grafik LTM