CTOUR on Tour: Südamerika – Kreuzfahrt auf der Magellanstraße durch Feuerland

Die Hafenstadt Punta Arenas an der Südspitze des Kontinents ist der übliche Ausgangspunkt einer Kreuzfahrt durch die Magellanstraße. Die Stadt mit derzeit 120.000 Einwohnern galt lange Zeit als der Vorposten der Zivilisation am Ende der Welt. Prächtige Paläste künden von dem Reichtum, den die Dynastien der aus Europa eingewanderten so genannten Schafs-Barone anhäuften. Auf dem großen zentral gelegenen Plaza Munoz Gomera steht das erhabene wie imposante Denkmal, das Ferdinand Magellan ehrt.

Expeditionsschiff auf der Magellanstraße
Expeditionsschiff auf der Magellanstraße
Denkmal für Ferdinand Magellan
Denkmal für Ferdinand Magellan

 

 

 

 

 

 

Denkmal für Seefahrer Magellan
Hoch oben thront der portugiesische Seefahrer Magellan, der in spanischen Diensten als erster im Labyrinth der Inseln die Meerenge befahren hat, die den Atlantik mit dem Pazifischen Ozean verbindet. Er entdeckte den Seeweg zwischen den amerikanischen Kontinenten. Nachts erblickten die Seefahrer viele Feuer, die bei den Entdeckern dazu führten, dieser Gegend den Namen Feuerland zu geben. Der spanische Bildhauer Coedova, der zum 400jährigen Jubiläum der Magellan Straße dieses Werk schuf, fand auch einen Platz für die Ureinwohner, die Bewohner von Feuerland. Zwei von ihnen hocken unterwürfig am Sockel des Denkmals, während der Blick von Magellan in die Ferne schweift.
Im Hafen liegt die Kreuzfahrtschiff Stella Australis des chilenischen Unternehmens Cruceros Australis. Nur dieses Expeditions-Schiff mit maximal 200 Passagieren hat gemeinsam mit einem Schwesterschiff die Genehmigung der chilenischen Behörden, die Magellanstraße zu befahren. Damit entfällt jegliches Gedränge, was mitunter auf Wasserwegen auftreten kann wie an einigen Fjorden in Norwegen.

Unberührte Natur in der Ainsworth-Bucht
Unberührte Natur in der Ainsworth-Bucht

Besuch bei den Kormoranen
Erstes Ziel der Kreuzfahrt ist das Eisfeld der Darwin-Kordillere mit dem Marinelli-Gletscher, der sich in die Ainsworth-Bucht geschoben hat. Eine Wanderung führt durch ein mooriges Feuchtgebiet, auf dem sich Teppiche von unterschiedlichen Flechten ausbreiten. Wie haben hier vor hunderten von Jahren noch Menschen leben können? Im bergigen Gelände in einem dichten Wald finden sich die typischen Spuren von Bibern, die winzige Flussläufe zu Tümpeln und Teichen aufstauen. Über der menschenleeren Landschaft, in die jetzt kleine Gruppen von Touristen eindringen, kreist am Himmel ein Condor.

Kormorane beim Nestbau
Kormorane beim Nestbau
Insel der Blauaugen-Kormorane
Insel der Blauaugen-Kormorane

Auch die nächste Station der Kreuzfahrt, die Tucker-Inseln, werden wieder mit Schlauchbooten, den Zodiac-Booten, erreicht. Mit diesen Booten, in denen 12 Touristen Platz haben, kann man sich bis auf ein paar Dutzend Meter einer Kolonie von Magellan-Piguinen nähern sowie an einen riesigen Sammelplatz von Kormoranen heran kommen. Es beginnt das Trommelfeuer der klickenden Auslöser von Kameras in einem Dauer-Foto-Wettbewerb. Da das Boot manchmal schaukelt, verwackeln einige Aufnahmen. Auch ein turtelndes Condor-Pärchen ist in der Entfernung zu beobachten.

Der Pia-Gletscher
Der Pia-Gletscher

Allee der Gletscher
Weiter geht es mit der Stella Australis auf dem Beagle-Kanal, die Ufer mit der Landschaft sind nahe an die Reling heran gerückt. Dieser Kanal wurde von dem englischen Kapitän Fitz Roy nach seinem Forschungsschiff benannt. Einfahrt in den Pia-Fjord und eine Wanderung am Pia-Gletscher. Anschließend steuert das Schiff in die so genannte Gletscher-Allee hinein – unberührte Landschaften ziehen vorbei. Keine Häuser, keine Schiffe und Boote, nur Natur pur.

In der Gletscher-Allee
In der Gletscher-Allee

Dann tauchen die Gletscher auf, die alle einen Ländernamen tragen. Die Bordküche lässt sich inspirieren und serviert den Passagieren, die die in Abständen auftauchenden Eis-Massen bestaunen, kleine kulinarische Häppchen. Beim Gletscher Italia winzige Pizza-Stückchen, beim Gletscher Francia Käse mit Champagner, beim Gletscher Holanda Quark-Bällchen und schließlich beim Gletscher Alemania die unvermeidlichen kleinen Würstchen mit Bier. An den Ufern sind viele kleine Wasserfälle zu sehen, Kormorane schwimmen hier und tauchen dann blitzschnell ab – wie bei uns zu Hause in den Brandenburger Seen die Haubentaucher, um sich Fische zu fangen.

Kap Hoorn
Kap Hoorn

Der Albatros auf Kap Hoorn
Die Stella Australis ist am südlichsten Zipfel von Amerika angekommen mit den Koordinaten S 55 Grad 56′ und W 67 Grad 19′ – am Sagen umwobenen Kap Hoorn. Die Mannschaft lässt die Schlauchboote zu Wasser. Hier an der Wasserscheide zwischen Pazifik und Atlantik herrscht eine permanent hohe Windstärke mit 5 bis 6 Knoten und zeitweise noch viel mehr. Für den Landgang liegt die Windstärke noch in der Norm und auch der Wellengang am Schiff zeigt Messdaten unter 1.50 Meter – also auf geht`s. Nach dem Erreichen des Felseninsel Isla Hornos führt der Weg über viele Holztreppen und einen Pfad aus Holzplanken auf die Anhöhe. Auf dem höchsten Punkt hat der Chilene José Balcells Eyquem aus zwei 2×5 Meter großen Stahlplatten ein Kunstwerk geschaffen. Es zeigt die Silhouette eines Albatros mit seinen ausgebreiteten Schwingen. Die unerlässliche Bedingung des Monuments: Es muss Windgeschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Stunden trotzen. Nach Zerstörungen durch Sturmböen wurde der Albatros im Oktober 2015 wieder erneuert.

Größter Schiffs-Friedhof der Welt
Auf der Anhöhe befindet sich auch ein Leuchtturm. Hier lebt jeweils für ein Jahr ein Leuchtturmwärter mit seiner Familie, für die der Besuch von Touristen eine willkommene Abwechslung und Umsatz im Souvenir-Laden bedeutet. Der unablässige stürmische Wind lässt erahnen, dass die Umrundung von Kap Hoorn bis heute zu den gefürchtetsten Schiffspassagen zählt. Im Seegebiet um Kap Hoorn sollen mehr als 800 Schiffe gesunken sein. Damit befindet sich hier der größte Schiffs-Friedhof der Welt. Zum Gedenken an die mehr als zehntausend Opfer erinnert ein Gedicht am Fuß des Denkmals, das mit den Zeilen beginnt:
Ich bin der Albatros, der auf dich wartet am Ende der Welt, Ich bin die vergessene Seele der toten Seefahrer, die über alle Meere der Erde kamen, Kap Horn zu umsegeln…

Die Wulaia-Bucht
Die Wulaia-Bucht

Charles Darwin an Bord
Auf der Route durch die Inselwelt von Feuerland geht die Stella Australis in der Wulaia-Bucht vor Anker. Ein Wanderweg in hügeligen Gelände führt durch Wälder und mündet in einen Pfad, der in den Bergen auf einen Biber-Damm stößt. Hier wurden auch Überreste von Siedlungen der Ureinwohner den Yagan gefunden. Unten am Ufer der Bucht steht ein Haus, das einstmals zu einem Stützpunkt des chilenischen Militärs gehörte. Für die heutige Zeit hat der Reiseveranstalter Stella Australis für seine Touristen hier in mehreren Räumen ein sehr informatives Museum eingerichtet. Ein Thema im Museum war auch die zweite Schiffs-Expedition von Fitz Roy mit drei Passagieren an Bord. Darunter war ein gerade von der Universität kommender junger Naturkundler – ein gewisser Charles Darwin. Die Ergebnisse seiner Studien in Feuerland flossen auch in die von ihm begründete Evolutionstheorie ein.

Erinnerung an vertriebene Yàmana
Erinnerung an vertriebene Yàmana

Borniertheit gegenüber Eingeborenen
Ein großer Teil der Ausstellung ist den Begegnungen der Seefahrer mit den Eingeborenen, den Yàmana eingeräumt. Schon bei den allerersten europäischen Seefahrern zeigte sich die ganze Borniertheit und Arroganz gegenüber den Ureinwohnern. Der große und stolze Entdecker und Kapitän Fitz Roy glaubte, so belegen historische Tagebücher und Schriften, dass die Eingeborenen nur einhundert Wörter kennen und Kannibalen sind. Spätere wissenschaftliche Untersuchungen widerlegen diese Vorurteile. Es existierte kein Kannibalismus. Der Wortschatz der Ureinwohner lag etwa bei 32.000 Wörtern und es wurde dazu sogar ein Wörterbuch heraus gegeben. In der Ausstellung wird auch über ein Massaker an den Eingeborenen berichtet, das nach Konflikten mit den Seefahrern stattfand. Von den 3000 Ureinwohnern, die bei Ankunft der Weißen hier siedelten, überlebten nach einigen Jahren nur einhundert. Heute gibt es noch eine reinrassige Frau dieses Stammes, die 77 jährige Cristina Calderón, die als eine der letzten bekannten Vertreter noch die Sprache der Yàmana beherrscht. Per Videobotschaft spricht sie über die Situation der Ureinwohner von Feuerland in Museen.

Yàmana-Familie (Archivbild)
Yàmana-Familie (Archivbild)

Die Europäer waren die Barbaren
Angesichts dieser deprimierenden historischen Tatsachen kommt mir der kühne Seefahrer Magellan und sein pompöses Denkmal in Punta Arenas in den Sinn. Als der große Entdecker Magellan diese Küste erreichte, nannte er die Bewohner Aonikenks, was soviel bedeuten soll wie Barbaren. Aber in Wahrheit waren die „zivilisierten“ Europäer die Barbaren. So werden beispielsweise elf „Aonikenk“ Eingeborene 1889 zur Weltausstellung nach Paris gebracht und dort als Kannibalen herumgezeigt. Besonders bewegend ist die Geschichte des letzten großen Führers der Aonikenk. Er erhielt für seine Familie und seinen Stamm 10.000 Hektar Land übertragen, das eigentlich schon ihnen gehörte. Schließlich lebte ihr Volk tausende Jahre hier in dieser Region. Doch die Eingeborenen wurden von Landspekulanten aus dem Rio Zurdo Valley vertrieben. Sie beschwerten sich vergeblich in Santiago bei der Regierung und viele fanden Wochen später den Tod.

Gesichtsmasken der Ureinwohner
Gesichtsmasken der Ureinwohner

Genozid und Landraub
In einem Begleittext zum Museum sprechen die Autoren wie Professor Luis Alfonso Calleja von der Nationalen Universität La Plata unverhohlen von einem Genozid, der stattgefunden hat. Kritisch betrachtet wird auch der kriminelle Landraub einiger weniger aus Europa eingewanderter Familien, denen wiederum zuallererst auch Eingeborene zum Opfer fielen. Trotz dieser Politik der Ausrottung ist es um so erstaunlicher, so die Autoren, dass heute bei den Argentiniern 52 Prozent indianisches Blut in ihren Adern fließt. www.museoyamana.com

Im Nationalpark Tierra del Fuego
Im Nationalpark Tierra del Fuego

Ruta 3 ans Ende der Welt
Die Kreuzfahrt der Stella Australis endet in Ushuaia in Argentinien, eine der wichtigsten Städte auf Feuerland mit heute 65.000 Einwohnern. Vor 25.000 Jahren war diese Region von Ushuaia noch mit einer Eis-Schicht von 1200 Metern bedeckt. Ushuaia war auch einer der ersten Orte, an dem die Kultur der Yàmana auf die englischen Missionare stieß. Nur ein knappes dutzend Kilometer entfernt befindet sich der Nationalpark Tierra del Fuego, einfach erreichbar immer am Rio Lapataia entlang. Eine Schmalspurbahn, vor mehr als 100 Jahren von Strafgefangenen errichtet, die hier in der Einöde leben mussten, wurde 1994 für die Besucher wieder belebt und tuckelt quer durch den Park. Die Betreiber lassen es sich nicht nehmen, ihre Bahn als Zug am Ende der Welt zu bezeichnen; „El Tren del Fin del Mondo“. Und der nahe Golfclub mit dem 9-Loch Golfplatz wirbt mit dem Slogan:“Golfen am Ende der Welt“.
Der Naturpark bietet für Argentinien eine einmalige Mixtur von Schnee bedeckten Bergen, dicht bewachsenen Wäldern und dem Meer. Und natürlich sind hier viele endemische Pflanzen und Tiere aus dieser Region zu finden wie die Baumsorten Canelo, Guindo, Nire und Lengra oder Tierarten wie die Caranca-Gänse und natürlich die Guanakos.
Im Naturpark gibt es eine weitere Besonderheit. Die berühmte Ruta Nr. 3 in Argentinien, die in Buenos Aires beginnt, benötigt bis ins Seengebiet des Parks insgesamt 3079 Kilometer. Auch sie führt ans Ende der Welt.