Es begann am 14.Januar. Zwei Tage vor meinem Abflug ins 12.000 Kilometer entfernte Durban in Südafrika. Dort wollte ich an Bord des Hamburger 78.000-Tonnen-Containerfrachters CMA CGM BAUDELAIRE gehen, um für mein nächstes Buch „Frachtschiffreisen“ und einen CTOUR-Beitrag zu recherchieren.
Als Stralsunds Oberbürgermeister Dr. Alexander Badrow davon erfuhr, dass zwei Stralsund-Flaggen mit auf die lange Reise gehen sollten, war er spontan begeistert. Vor allem von meiner Idee, sie von ihm zu signieren zu lassen. Für Kapitän Udo Wölms, der von allen seinen Kollegen am Strelasund das mit Abstand größte Schiff unter deutscher Flagge führt: 300 Meter lang, 40,30 Meter breit, 14 Meter Tiefgang, 100.000 PS. Der Oberbürgermeister verabschiedete mich mit seinen Wünschen für allzeit gute Fahrt und glückliche Heimkehr von Wölms, seinen 23 Männern und dem Schiff.
Signiertes Hansetuch mit Patina
Vier Tage später war es so weit: Am Signalmast stieg das rote Stralsunder Tuch mit Pfeilspitze und Hansekreuz am Mast auf und flatterte munter im warmen Kap-Wind neben der südafrikanischen Gastlandflagge. Der Tischwimpel ziert inzwischen das Kapitänsbüro. „Eine tolle Werbung für unsere schöne Stadt!“, befand Badrow. Und das kostenlos und weltweit. Nebenbei: Was griechische Kapitäne schon lange pflegen, die Flagge ihrer Heimatstadt zu zeigen, sollte einem hanseatischen Kollegen allemal recht sein.
Als erster blickte der Lotse in Durban erstaunt nach oben, weil ihm diese Flagge unbekannt war. „Sschtralsund? Never heard before, but now!“ – Stralsund? Nie gehört, aber jetzt!“ Auch im nächsten Hafen Port Elizabeth östlich vom Kap der guten Hoffnung gab es diese Blicke und Fragen – die Kapitän Wölms und ich geduldig beantworteten. Schließlich auch im 2000 Seemeilen nordöstlich gelegenen Port Luis auf der Insel Mauritius, wo das Hansetuch inzwischen schon maritime Patina angesetzt hatte: sonnengebleicht und durch Ruß aus dem mächtigen Schornstein leicht angeschwärzt. Doch OB Badrows Namenszug überstand auch diesen Open-Air-Test unbeeinflusst.
OZ zum Bord-Sonntagsfrühstück
Und die Flaggenparade geht weiter: 3362 Seemeilen quer über den Indischen Ozean nach Singapur, von dort weitere viele tausend Seemeilen über diverse chinesische, koreanische und japanische Häfen bis nach Mittel- und Südamerika nördlich von Kap Hoorn. „Das hat´s mit Sicherheit noch nie gegeben“, glaubt Udo Wölms, der in seinem Seemannsleben schon einiges erlebt hat. Dass neben kleinen Geschenken seiner Frau Barbara auch eine aktuelle OZ vom Abreisetag in meinem Gepäck war, gehört ebenso dazu.
Das Bord-Sonntagsfrühstück am Südzipfel des Schwarzen Kontinents mit seiner Heimatzeitung hat der Stralsunder Kapitän und Karatesportler, der sein Hobby auch an Bord betreibt, besonders genossen und freut sich schon auf die Ablösung im März nach viereinhalb Monaten Fahrtzeit: „Dann ist hoffentlich auch der Winter vorbei!“
In meinem Buch, das vor Ostern in 3. Neu bearbeiteter Auflage im Hamburger Köhler-Verlag erscheinen wird, ist der Reisebericht nachzulesen.
Fotos: Dr. Peer Schmidt-Walther, Büro des OB, NSB, Wolfgang Gillrath