Ohrwurm-Weltpremiere auf dem zweitgrößten europäischen Strom
Auslaufbereit liegt das Flusskreuzfahrtschiff „Swiss Crystal“ in Passau. Zu einer 4400 Kilometer-Reise auf der Donau. Durch sieben Länder bis hinunter ins Delta. Mit dabei: Gesine und Wolfgang Lippert von der Insel Rügen.
„Hallo, Lippi!“, schallte es mehrstimmig durch die 300 Meter lange Schleuse des Eisernen Tores. Überraschung: Selbst in den Schluchten des Balkans, an der engsten Stelle des Riesenflusses, wurde der bekannte Entertainer von seinen Fans erkannt und lautstark von Schiff zu Schiff begrüßt. Wie auch in Wien, Belgrad und Bratislava. Immer wieder gab es freudige Begegnungen. So auch in Budapest. Die Marktfrau, bei der Gesine Lippert Paprika-Salami einkaufte. „Das kann doch nicht wahr sein!“, fiel sie aus allen Wolken und ließ sich ein Autogramm geben. In der Fußgängerzone blieben Passanten stehen und bekamen ihren Mund nicht mehr zu. Den rund 100 Passagieren an Bord der „Swiss Crystal“ erging es nicht anders, als „Lippi“ völlig unerwartet an der Gangway auftauchte.
Sein Namenszug zierte später auch das Gipsbein des Stralsunder Schifffahrts- und Reisejournalisten Dr. Peer Schmidt-Walther. Die beiden befreundeten Ehepaare wollten eigentlich nur gemeinsam eine erholsame Flussreise erleben. Doch es kam anders, frei nach dem Motto: kleine Ursache, große Wirkung. Plantours-Kreuzfahrtdirektor Walter Hiller überschrieb wie dazu passend das Tagesprogramm: „Eile ist die Mutter der Unvollkommenheit“.
Eiltempo mit Folgen
Während die Vier noch gemütlich beim Capuccino auf dem Passauer Domplatz saßen, bimmelte plötzlich das Handy. Am anderen Ende meldete sich Johann Magner. Der Kapitän aus Bittkau bei Magdeburg, sonst mit der „Saxonia“ zwischen Elbe und Rügen unterwegs, drängte zum Ablegen: „Wenn wir vor den vielen anderen Schiffen die erste Schleuse schaffen, sparen wir ´ne Menge Zeit“. Im Eiltempo ging es zur Anlegestelle. Die Gangway war schon halb eingezogen. Schmidt-Walther sprang drauf und knickte um. Seinem Aufschrei folgte ein stechender Schmerz. Der rechte Fuß schwoll bedrohlich an. Schiffsarzt Dr. Ulrich Sauter erfasste treffend die Situation: „Ein starker Auftritt!“ und diagnostizierte vorsichtig eine Verstauchung. Eisbeutel aus der Bar sollten Linderung verschaffen.
Drei Tage später in Budapest: keine Besserung in Sicht, im Gegenteil. Auch Bandage und Stützstrumpf nützen nichts. „Ab ins Krankenhaus!“, verordnete der Doc dem „jugendlichen“ Gangway-Springer. Mit einem preiswerten 25-Euro-Gipsbein, angebrochenem Fuß und auf Krücken Modell Mittelalter humpelte er über den „Tatort Gangway“ zurück an Bord. Die vorläufige Endstation hieß Koje mit hochgelegtem Bein. Bange Frage: Ende der Reise? Fasst sah es so aus. Wären da nicht die Lipperts und Schmidt-Walthers Frau Rosemarie gewesen. Sie beschafften einen Rollstuhl und chauffierten fortan den Blessierten. Sowohl über die beiden Fahrstühle durchs Schiff als auch während der späteren Ausflüge an Land.
Nächste Krankenhausstation war das bulgarische Russe. Gegen 50 Euro bar in die Hand des Arztes wurde der Gips gewechselt und mit einem Gehpolster versehen. Als barmherziger Samariter übernahm fortan „Lippi“ die schwierigen Passagen von Anlegestellen, Treppen und maroden Bürgersteigen. „Fast so kräftezehrend“, meinte er grinsend, „wie meine ´Störtebeker`-Auftritte im Sand von Ralswiek“. In Budapest bugsierte er den Rolli nach Torero-Manier zwischen anrollenden Straßenbahnen hindurch, das Belgrader Verkehrschaos bewältigte er slalommäßig wedelnd. „Ein gutes Fitness-Training“, lachte er und versüßte die kilometerlangen Landgänge mit allerlei Jokes. „Wir sind ein echter Schub-Verband“, stellte er scharfsinnig fest. Als Schmidt-Walther eine Zeitlang allein war, drückte ihm ein mitleidiger Passant etwas in die Hand: eine Kastanie. Almosen auf jugoslawisch.
Glück gehabt!
Im rumänischen Teil des Donau-Deltas verfrachtete der unprätentiöse Star den lahmgelegten Journalisten sogar auf einen Ausflugsdampfer. So konnten alle das Naturparadies, Wendepunkt der 17-tägigen Reise, unbeschwert genießen. Kurz bevor die Region wegen Vogelgrippe gesperrt wurde. Glück gehabt, auch damit! Tagesmotto diesmal: „Es geschieht zu jeder Zeit etwas Unerwartetes; unter anderem ist deshalb das Leben so interessant“.
Die Zeit während der fast hochsommerlich sonnig-warmen Flusstage zwischen den Anlandungen nutzte Lippert auch zum Rollenstudium. Im Liegestuhl an Deck. Seine Frau hörte ihn von Zeit zu Zeit ab. Im Januar soll´s, verriet er, auf Tournee gehen. 50 Aufführungen sind geplant. Mit dabei die bekannten früheren DDR-Mimen Herbert Köfer, Achim Kaps und Dorit Gäbler. Regie führt Hartmut Ostrowsky. Titel des Stücks von Wilde: „Der Liebesfall“. „Den Fall hatten wir ja schon“, witzelte Lippert. Seine Mitreisenden unterhielt der vielseitige Sänger, Schauspieler und Moderator mit einem „Talk an Bord“. Höhepunkt seiner amüsanten Salon-Show war natürlich – was sonst? – „Erna kommt“. Ein in Ost und West bekannter Ohrwurm. Die Stimmung schlug Wellen. Während hoch oben auf der Brücke Magners österreichischer Kapitäns-Kollege Hermann Schuster, passionierter Reiter und Jäger, das 101 Meter lange schweizerische Kreuzfahrtschiff in eine der 14 Schleusen manövrierte. Zentimeter um Zentimeter tauchte der 1200-Tonner aus der 18 Meter tiefen Finsternis ans Licht. „Nicht nur ein gutes Omen, sondern auch eine Weltpremiere – für ´Erna`“, kommentierte Lippert unter großem Beifall spontan das Ereignis.
Interview mit Wolfgang Lippert auf der Donau
Am Ende der 17tägigen Donaureise an Bord MS „SWISS CRYSTAL“ von Passau durch sieben Länder zum Delta und zurück befragte ich den Musiker, Entertainer und Moderator Wolfgang Lippert nach seinen Eindrücken, Erlebnissen und Plänen.
PSW: Wolfgang, Du bis in Deinem Leben viel herumgekommen. Was hat Dich am meisten beeindruckt, was fehlt noch in Deiner Sammlung?
Lippert: Na ja, ich war schon mal am anderen Ende der Welt, also wenn man mal so von oben nach unten durchbohrt. Australien und Neuseeland haben mich sehr beeindruckt. Bis auf Süd-Ostasien haben meine Frau Gesine und ich fast alle wichtigen Highlights dieser Erde gesehen.
PSW: Alles per Schiff?
Lippert: Nicht unbedingt. Meine ersten Reisen hatten ja mit meinem Beruf zu tun, die gingen vornehmlich ins sozialistische Ausland. Woanders durften wir aus der DDR ja nicht hin; aber durch die Kultur, vor allem die Musik, war ich damals schon in der Sowjetunion. Die ist ja nach wie vor ein sehr interessantes Land. Es ging bis zur chinesischen Grenze, wo völlig andere Bedingungen herrschten, sogar ab und zu mal ein Dorf verschwand auf irgendeiner Seite und wo eigentlich immer so ein bisschen Kriegszustand herrschte. Das war unterschwellig auch nicht ganz ungefährlich. Später dann, nach der Wende – wiederum durch meine Arbeit bedingt -, war ich auch sehr oft in Amerika.
PSW: Du sagst, durch Deine Arbeit. Wie sah die denn aus während dieser Reisen?
Lippert: Ich habe eine gehörige Zeit für das ZDF gearbeitet; da gab es eine Sendung, die hieß „Wintergarten“, mit der sind wir verreist. Es kam damals relativ neu auf, dass Fernsehsender mit Reiseveranstaltern kooperierten. So haben wir immer eine Anzahl von Fans, die diese Sendung mochten, zusammen gesammelt – manchmal waren das 300 bis 400 Leute. Mit denen sind wir dann irgendwo hingefahren; verbunden war das mit einem Preisausschreiben.
PSW: Hat das zu DDR-Zeiten bei Deinen Zuschauern nicht auch besondere Sehnsüchte geweckt?
Lippert: Ja sicher, man war sozusagen das Vögelchen, das immer ein bisschen mehr durfte als die anderen. Ich durfte allerdings erst recht spät ausreisen, aus privaten Gründen, weil meine damalige Freundin noch zu DDR-Zeiten in den Westen ging. So waren für mich vorerst alle Aktivitäten gesperrt. Aber etwa zwei Jahre vorher habe ich es mir ertrotzt, in den Westen zu fahren. Auf Einladung von Radio Bremen, denn die wollten mich in eine Talk-Show haben. Die Künstleragentur, die dafür zuständig war, hat immer zurückgeschrieben, dass ich keine Zeit hätte. Irgendwann bekann ich dann selber ´raus, welcher Schriftverkehr da so hin und her ging und habe dann einfach mal nachgefragt, warum sie immer schreiben, ich hätte keine Zeit, ganz im Gegenteil. Irgendwann durfte ich dann fahren – aus einem mir bis heute unerfindlichen Grund. Ich machte damals, wie gesagt noch zu DDR-Zeiten, ein kleines bisschen Westkarriere. Ich hatte dann als erster Moderator im West-Fernsehen bei Radio Bremen sogar eine eigene Sendung und die hier hieß „Stimmt´s?“.
PSW: Wenn ich Dein buntes Leben Revue passieren lasse, frage ich mich, ob Du schon als Kind oder Jugendlicher den Drang verspürtest, die Welt über die Grenzen der DDR hinaus zu sehen?
Lippert: Sagen wir mal, richtige oder tiefe Sehnsucht in die Welt hinein, die hat man natürlich immer dann, wenn man Literatur liest, zum Beispiel damals Karl May. Diese Sehnsucht war bei uns ein bisschen größer als anderswo, weil wir ja nicht die Möglichkeit hatten, uns alles anzuschauen. Das ging erst später los, sozusagen als Nebenfolge meiner Arbeit.
PSW: Wie Du mir gesagt hast, habt ihr schon eine ganze Reihe von Seereisen hinter Euch. Was fasziniert Dich eigentlich daran?
Lippert: Eine Seereise hat deshalb eine besondere Qualität, weil man ja das Ufer verlässt, auf dem besonderen Ort Schiff lebt und damit quasi unerreichbar ist. Faszination übt auch die moderne Schifffahrt auf mich als Segler aus, die nach wie vor den Launen der Natur ausgesetzt ist. Außerdem hat man sein Hotelzimmer immer dabei, ein großer Vorteil. Wenn man in einer neuen Stadt ist, muss man nicht jedes Mal den Koffer ein- und auspacken, sondern hat als Ausgangspunkt diese mitreisende Kabine und kann sich von da aus alles erobern. Dann finde ich, dass eine Seereise eine gute Möglichkeit bietet, sich einen Überblick zu verschaffen über die Orte, die man später vielleicht in Ruhe noch mal näher kennen lernen möchte.
PSW: Nun hast Du eben gesagt, eine Seereise habe etwas Uferloses, man sei losgelöst vom Land. Nun sind wir ja 4.400 km von Passau in das Mündungsgebiet der Donau und zurück gefahren. Diese Uferlosigkeit gab es hier nicht. Hat Dir denn diese andere Art, „zur See“ zu fahren, gefallen?
Lippert: Also, auch wenn wir mal stromab- und mal stromauf gefahren sind, ist das trotzdem nicht das Gleiche. Was wir auf der Hinfahrt nicht sehen konnten, weil es Nacht war, haben wir dafür auf der Rückreise geboten bekommen. Jeder Stromkilometer bietet neue Ausblicke, ganz anders, als wenn man auf hoher See ist und rundum nur Wasser sieht. Hier dagegen ist man in ständigem Kontakt mit einer großartigen Natur. Und die steht, je näher man ab Budapest dem Delta am Schwarzen Meer kommt, schon in einem eigenartigen Widerspruch zu den sozialen Verhältnissen in Südost-Europa. Das kann auch schon mal bedrückend sein. Ein Gefälle, das so gesehen größer ist als die 170 Meter Höhendifferenz und 14 Schleusen zwischen Passau und dem Delta.
PSW: Was hat Dich besonders an diesen 4.400 Donau-Kilometern fasziniert, gereizt oder beeindruckt?
Lippert: Sicherlich am Schönsten ist es zu Beginn der Strecke, wenn man in Passau ablegt und die Wachau passiert. Dann nach Wien, Bratislava, Budapest, Belgrad. Es ist einfach faszinierend, eine Stadt vom Fluss aus zu begrüßen. Sicherlich ist dies die älteste Art, wie man sich eine Stadt erobern kann, ich glaube, so fing das, historisch gesehen, alles mal an, denn die Städte sind ja an wichtigen Stellen dieser Lebensader gegründet worden. Man spürt geradezu, dass die Grundstrukturen noch existieren, selbst wenn jetzt Verkehrswege dazwischen sind wie Eisenbahnen und Straßen.
PSW: Es gibt ja dieses Wort von der Langsamkeit, mit der man sich hier fortbewegt. Ist das auch ein Reiseaspekt für Dich gewesen?
Lippert: Ja, denn wir leben heute in einer sehr schnellen Welt. Man bewegt sich hier, ich schätze mal, mit 20 bis maximal 30 Stundenkilometern durch die Gegend wie im Radfahrertempo. Das hat eine geradezu beruhigende Wirkung, so dass man auch sein eigenes Tempo für diese Zeit reduziert. Obwohl ich auch das Tempo mag, aber das Leben besteht nun mal aus Kontrasten.
PSW: Nun bist Du ja ein Mensch, der mit dem Tempo lebt. Wie bist Du eigentlich damit umgegangen in den 17 Tagen auf dem Fluss, ohne dass Du Dein Temperament richtig ausleben konntest?
Lippert: Ich gebe zu, dass das für mich ein bisschen schwierig ist. Dazu fällt mir Goethe ein, der nach Italien wanderte. Das wirkte sich auch auf seine Lyrik aus. Das irgendwie erzwungene Innehalten wird dadurch belohnt, dass man genauer, weil in Ruhe, hinsieht, beobachtet und fühlt.
PSW: Hast Du Dich nach der langen kräftezehrenden Zeit bei den „Störtebeker-Festpielen“ auf Rügen hier an Bord regenerieren können?
Lippert: Absolut! Nach einer wirklich anstrengenden Zeit von 68 Spieltagen vor täglich 6.000 bis 9.000 Menschen. Das macht zwar wahnsinnig viel Spaß, aber man muss eben auch versuchen, als Künstler auf der Bühne den Letzten in der letzten Reihe zu erreichen. So was kostet viel Konzentration und Kraft. Deswegen war diese Erholungspause dringend nötig. Ich habe die Bordzeit außerdem genutzt, um etwas Text zu lernen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich in dieser Umgebung einfach nicht so fleißig sein konnte. Nun geht es wieder frisch gestärkt an neue Aufgaben.
PSW: Klar dürfte schon jetzt sein, dass es wieder ein lustiger, spannender Lippi wird, Dein Markenzeichen. Du hast in Ralswiek abendlich vor Tausendenden gespielt, nun hier an Bord vor nur 100 Gästen. Wie hast Du das empfunden?
Lippert: Das ist schon ein ziemliches Gefälle. Es ändert aber nichts daran, dass man sich genau so viel Mühe geben muss und das Lampenfieber genauso groß war. Es ist auch eine ganz andere Art, hier zu arbeiten. Mal nicht das perfekte Bühnenumfeld, wie man es kennt, dass nämlich alles auf dich, auf das Stück zugeschnitten ist. Hier auf der „Swiss Crystal“ muss ich mich der Umgebung anpassen. Es gibt so eine kleine Programmform, wo die Menschen, die mir zuhören, Buchstaben nennen und ich erzähle dann dazu Anekdoten, Geschichten, Gereimtes, von Tucholsky zum Beispiel über Kästner bis Ustinov. Ich hoffe, dass das kurzweilig und unterhaltend war für die Leute.
PSW: Du bist inkognito an Bord gekommen, denn niemand wusste vorab, dass Gesine und Wolfgang Lippert mit von der Partie sind. Das war für die Leute eine Überraschung – und es gab noch weitere am Flussrand mit Menschen. Wie hast Du das empfunden?
Lippert: Es ist natürlich schön, wenn Menschen dich erkennen als der, der du bist, als Fernsehmensch, als Kulturmensch, als Freudespender – und wenn man diese Dinge auch mal zurückgesagt bekommt. Fernsehen, und damit habe ich die meiste Zeit des Lebens verbracht, ist ja anonym, wenn man so will. Man sieht seine Zuschauer nicht, aber es ist dann doch schön, wenn man fühlt, dass man sie berührt hat. In dieser schnelllebigen Zeit, wo Personen, Formate und Sender so schnell weg sind, dass man kaum noch hinterherkommt, ist es schon etwas Besonderes, wenn man bei den Menschen haften bleibt. Wenn man nicht nur gesagt bekommt, „ich hab´ Sie dort und dort gesehen“, sondern „Sie haben mich berührt, Sie haben mir über dieses oder jenes hinweggeholfen und deswegen mag ich Sie“. Darüber freue ich mich sehr.
PSW: Du bist ein bekannter Entertainer, aber „Lippi“, wie Du überall heißt, ist Mensch geblieben. Wie schafft man das eigentlich?
Lippert: Das weiß ich nicht. Mir ist es immer peinlich gewesen, wenn man sich so besonders aufführt. Es gibt ja ein Leben neben der Kamera, außerhalb des Mediums, und da ist man ein völlig normaler Mensch. So ganz normal ist das zwar auch wieder nicht, weil man bekannt ist, weil Leute auf dich reagieren und du damit umgehen musst. Mir war immer sehr unangenehm, wenn es damit verwechselt wird, dass man irgendwie etwas Besonderes ist. Ich freue mich zwar, wenn Leute mich erkennen, aber ich empfinde mich als nicht so wichtig.
PSW: Du bist für uns ein lustiger Mensch, so haben wird Dich alle erlebt. Ist das schwierig, wenn man beruflich lustig sein muss und dann auch noch privat?
Lippert: Ich kann sowohl sehr ernst sein als auch Unterhaltung als Beruf betreiben. Schwierigkeiten gibt´s wie in anderen Berufen natürlich auch. Einen Witz zu erzählen in einer fröhlichen Runde nach drei Gläsern Wein, das gelingt einem vielleicht besser, als wenn man diesen Witz 400 Mal hintereinander erzählen muss, mit derselben Freude, derselben Hingabe und demselben Esprit. Aber das erwarten die Menschen nun mal von mir. Menschen, Kommunikation, Nähe herstellen, Ängste und Vorurteile abbauen, mit Humor irgendwelche Nüsse knacken, so etwas hat mir schon immer Freude gemacht und deswegen ist es schon fast so etwas wie ein Hobby.
PSW: Auf dem Fluss kommt man hin und wieder in Funklöcher, ist also nicht so gut erreichbar. Man hat aber schon gemerkt, dass Du nachgefragt wirst. Produktionsgesellschaften, Sender und Regisseure haben Dich trotz allem angerufen. Was haben wir also in nächster Zeit von Dir zu erwarten?
Lippert: Ich beschäftige mich gerade mit einer Geschichte, die hat nicht vor, sondern hinter der Kamera zu tun. Ich arbeite manchmal für den Kinderkanal, und da gibt es ein schon fertiges Projekt, das heißt „Politbingo“. Es erklärt Kindern Demokratie anhand des Deutschen Bundestages. Es ist wirklich kindgerecht gemacht. Wir sind die einzigen, und darauf bin ich ein bisschen stolz, die im Bundestag drehen durften immer zu den jeweiligen Folgen. Die Patenschaft dazu hatte der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse übernommen. Ich habe übrigens auch von ihm diesen Auftrag bekommen.
Dann gibt es ein paar Anfragen von Sendern und Formatideen. Man wird sehen, ob sich die umsetzen lassen.
Vom Ende Juni bis Anfang September stehe ich dann wieder fast täglich auf der Freilichtbühne in Ralswiek auf Rügen als Mitwirkender der „Störtebeker-Festspiele“.
PSW: Da wird ja wieder viel Publikum hinströmen. Doch zurück zu unserer Kreuzfahrt. Wir dampfen gerade durch die wunderschöne Wachau bei herrlichem Herbstwetter, geradezu ein Genuss. Sollte das nur älteren Leuten vorbehalten sein oder könnte man auch jüngeren Leuten empfehlen, sich hier mal auf dem Fluss zu entspannen?
Lippert: Das kann man auch jüngeren Leuten empfehlen, bloß denke ich, dass das irgendwie eine Quadratur des Kreises ist. Jüngere Leute haben meist nicht so viel Zeit am Stück, wie wir sie jetzt hier verbracht haben – auch mal ein Zufall, dass ich so lange hintereinander Pause habe.
Die Leute, die im Arbeitsleben stehen, haben das meist auch nicht. Für Kinder ist es, glaube ich, langweilig, aber für jüngere Leute sicherlich schon machbar. Aber dann müssten sich die Veranstalter auch speziell auf die Bedürfnisse dieser Leute einstellen. Bei den einwöchigen Reisen Passau-Budapest- Passau wäre das okay. Aber die müssten vitaler sein, eben nicht nur Entspannung bieten, sondern auch ein spezielles Entertainment. Dazu gehört auch eine andere Aufbereitung des Themas Donau oder Flussschifffahrt.
PSW: Könntest Du Dir vorstellen, nach den Theatervorstellungen im Januar und Februar mal wieder etwas fürs Fernsehen zu machen? Vielleicht auf einem Schiff?
Lippert: Kann ich mir gut vorstellen. Was mich wirklich mal interessieren würde, wäre eine von den vier 125 Meter langen und 23 Meter breiten LKW-Fähren, die zwischen Passau und Bulgarien pendeln. Wir haben sie ja auf dieser Strecke gesehen, 49 auf der Donau schwimmende LKWs, das ist schon eine ganz besondere Art von Trucking. Das hab´ ich mich gefragt: wo fahren die eigentlich hin, was machen die, von wo nach wo bewegen die sich, was transportieren die? Das könnte ein spannendes Fernsehthema sein.
PSW: Lippi zur Abwechslung auch mal als Trucker?
Lippert: Warum nicht? Ich habe einen LKW-Führerschein. Das heißt natürlich nicht, dass ich mir zutrauen würde, so eine Fahrt hinter dem Lenkrad auf Anhieb zu bestreiten. Es würde mich aber auf jeden Fall mal reizen, das Leben dieser Fernfahrer und Schiffer kennenzulernen. Und die Kulturkreise, durch die man da schwimmt und rollt. Diese umweltfreundliche Kombination Wasserweg-Straße finde ich darüber hinaus großartig. Schauen wir mal!
PSW: „Mit Lippi auf Achse“ – das könnte ein Renner werden, der hohe Einschaltquoten garantiert. Dafür drücken wir die Daumen, auch für weitere Fernsehprojekte und schöne Reisen! Vielen Dank, Wolfgang!
Das Interview führte Dr. Peer Schmidt-Walther (PSW)
Kurzvita Wolfgang Lippert: Als Sohn des Kapellmeisters Walter Lippert absolvierte der 1952 in Berlin/Kaulsdorf geborene Lippert ein zweijähriges Gesangs- und Klavierstudium an der Musikschule Berlin-Friedrichshain. 1982 wurde er mit einem Schlag landesweit bekannt: Sein Hit „Erna kommt“ (im Westen von Hugo Egon Balder gecovert) stürmte die DDR-Hitparade. 1984 bekam „Lippi“ seine erste eigene Samstagabendsendung im DDR-Fernsehen („Meine erste Show“).
Bekannt wurde er als Showmaster, Moderator und Sänger – in der DDR war er in den Achtzigern so populär wie Thomas Gottschalk im Westen. Kein Wunder, dass die Wahl auf „Lippi“ fiel, als 1992 ein Nachfolger für Gottschalk bei „Wetten dass..?“ gesucht wurde.
Mit der Benefiz-Show „Künstler für Kinder“, seinem Gastspiel für den erkrankten Wim Thoelke bei „Der große Preis“ (1991) und der Moderation der NDR-Talk-Show „III nach neun“ qualifizierte er sich endgültig für die Erfolgs-Show des ZDF, die er 1994 aber wieder an Thomas Gottschalk abtrat.
Im März 2011 stellte er auf der Leipziger Buchmesse seine Biografie „Lippi Bekenntnisse“ vor