IN DEN SCHLUCHTEN DES BALKANS: RILA-KLOSTER, ROSENÖL UND THERMALBÄDER

Von Fred Hafner

Wer einmal an der Schwarzmeerküste war, glaubt Bulgarien zu kennen. Doch die wahre Seele des Landes offenbart sich erst im Hinterland .

Plovdiv. Bulgarien verbindet Europa und Asien. Der Schwarzmeerstaat liegt im Südosten unseres Kontinents. Er wird von der Türkei, Rumänien, Serbien, Mazedonien und Griechenland begrenzt. Das Land ist vergleichsweise klein – und dünn besiedelt: Auf einer Fläche von ca. 110.000 Quadratkilometern (entspricht der Fläche der früheren DDR) leben rund 8 Mio Einwohner (Vergleich DDR: 17 Mio).
Im Vergleich zu Deutschland ist Bulgarien ungefähr ein Drittel so groß, hat aber nur ein Zehntel soviel Bewohner.
Ein Drittel des Landes ist gebirgig. Die größte Bergkette ist der Balkan. Im Westen Bulgariens befinden sich die zwei Hochgebirge Rila und Pirin. Mussala (2925m) im Rilagebirge ist der höchste Gipfel des gesamten Balkans. Das vierte Gebirgsmassiv sind die Rhodopen in Südbulgarien.
In fast allen Teilen Bulgariens gibt es Heilbäder. Denn mit über 500 ist Bulgarien eines der Länder Europas mit den meisten Mineralquellen. Bulgarien ist weltweit führender Produzent von Rosen- und Lavendelöl und der größte Produzent von Kräutern in der EU.

Die Vorspeisen in Bulgarien sind immer zahlreich, immer von ausgesuchter Qualität und immer lecker. Vielen Bulgaren und Gästen genügen sie völlig – Hauptspeise und Dessert müssen gar nicht sein. Allerdings: das wäre ein Fehler, denn auch diese sind köstlich

Das Land hatte bereits zu Zeiten des „Eisernen Vorhangs“ große Bedeutung für Ost und West – gerade auch für Deutsche. DDR-Bürger hatten mit Bulgarien ein erreichbares Reise-Sehnsuchtsziel. Für Westdeutsche bot das Land viele Jahrzehnte preiswerten Tourismus mit Sonnengarantie. Zudem nutzten „Ossis“ und „Wessis“ Bulgarien für Familientreffen – sozusagen auf neutralem Boden. Manch Ältere können davon bis heute spannende Anekdoten berichten.

Seit der Wende sind mehr als 30 Jahre vergangen. Zeit, Bulgarien wieder einmal zu besuchen. Im Kopf sind viele Fragen: Hat sich das Land wirtschaftlich ebenso entfaltet wie andere frühere Ostblockstaaten? Spielt der (für Urlauber günstige) Tourismus weiterhin die Hauptrolle der Wertschöpfung? Wie haben sich Bevölkerung und Infrastruktur entwickelt. Die Antworten sind gemischt, teils sehr überraschend und hochinteressant.

Zunächst: Für einen Urlaub in Bulgarien gibt es weiter gute Gründe: Das Land bietet einen Mix aus imposanter Natur, vielfältiger Kultur, einzigartiger Folklore und Traditionen sowie eine 1300-jährigen Geschichte. Die Küste ist vielerorts einladend – mit kilometerlangen Sandstränden und türkisfarbenem Wasser. Dazu kommen interessante historische Städte und liebenswerte, herzliche Gastgeber. 

Allerdings: Wer die Seele des Landes erfahren möchte, reist in die Städte und ins Hinterland. Unsere Rundreise startet in Sofia. Sie wird uns in fünf Tagen über exakt 1.060 Kilometer längs und quer durch das Land führen.

Große Rundreise durch Zentral-Bulgarien: mehr als 1.000 Kilometer in fünf Tagen

Wer das Herz Bulgariens erkunden möchte, beginnt natürlich mit dem Rila-Kloster. Der Weg dorthin verläuft über neue Autobahnen und entlang von Ansiedlungen internationaler Konzerne. Die A1 und A3 führen direkt bis ins griechische Thessaloniki. Reiseleiterin Bily erklärt, dass viele Bulgaren gern an die griechischen Strände fahren. Der Weg von Sofia ist mit 3,5 Stunden Fahrzeit einfach viel kürzer als der nach Varna und Burgas (5,5 h).

Das Rila-Kloster ist das größte Bulgariens. Und zugleich eines der meist besuchten Sehenswürdigkeiten des Landes.  Es liegt am Ende einer 50 km langen Stichstraße und mitten in den jahrhundertealten Wäldern des Rila-Gebirges, ca. 130 km von Sofia entfernt. Die tausendjährigen Gemäuer ziehen Pilger und Touristen gleichmaßen an. Es gibt 300 Pilgerräume und 100 Räume für die hier lebenden Mönche.

Jeder Bulgare kommt mindestens einmal im Leben hierher. Auch Touristen können im diesem Männerkloster übernachten.

Rila ist ein reines Männerkloster. Jeder Bulgare besucht es mindestens einmal in seinem Leben.

Die Klosteranlage beherbergt ein Museum, eine ethnografische Ausstellung und jede Menge Wand- und Deckenmalereien.

Touristen können hier oder in der Umgebung übernachten. 

Nicht nur das Kloster, auch die umliegende Natur fasziniert Besucher. Bemerkenswert ist, dass Bulgarien über eine riesige Fläche an Park- und Schutzgebieten verfügt. Beeindruckende 498.000 Hektar erstrecken sich über das Land, aufgeteilt in viele Nationalparks. Der erste, der Nationalpark Witoscha, wurde bereits 1934 gegründet.
Auch die Tierwelt ist zahlreich: Bulgarien beherbergt Rothirsche, Luchse, Wildkatzen, Füchse, Schakale, Marder, Gemse, Steinadler, Dachse – um nur einige zu nennen. Auch Wölfe und Braunbären finden in den Bergen einen verlässlichen Schutz. Steinadler und Fledermausarten, die woanders längst ausgestorben sind, erobern noch die Lüfte. Auch Auerhähne und Fasane zählen zum bulgarischen Tierleben. Reich an Fisch sind die Gebirgsflüsse. In ihnen und in den Stauseen haben viele Arten ihren Lebensraum, unter ihnen Forellen, Saiblinge, Zander und Hecht. Eine weitere Rarität der bulgarischen Tierwelt ist die Kaspische Wasserschildkröte. Insgesamt werden die vorkommenden Tierarten des Landes auf 40.000 geschätzt.

​​Wir reisen weiter nach Kyustendil im Südwesten nahe der Grenze zu Nordmazedonien und Serbien. Das ist eine der ältesten Städte Bulgariens. Erste Siedler waren die Thraker. Im 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. gründeten sie hier wegen der heilsamen Mineralquellen eine Siedlung. Später kamen die Römer, dann die Bulgaren, deren Siedlungsgebiet um ein Vielfaches größer war als die heutigen Landesgrenzen. Das türkische Bad ist bis heute in Betrieb.

Das archäologische Museum in Kyustendil: das nebenan gelegene türkische Bad ist bis heute in Betrieb
Das „Derwisch-Bad“ aus dem 14. Jahrhundert, mitten in Kyustendil, zeichnet sich durch seine runde Architektur aus

Oberhalb Kyustendils liegt auf dem gleichnamigen Hügel die Festung Hisarlaka. Sie wurde im 4. Jahrhundert erbaut und bis zum 15. Jahrhundert ununterbrochen genutzt. Heute ist ein Teil der Festungsmauer restauriert und in den Waldpark „Hisarlaka“ integriert. Die Einwohner kommen gern hierher: wegen der Ausblicke auf Stadt und Umgebung, zum Wandern und Sport treiben. Die Parkanlagen sind sehr gepflegt, der Eintritt ist kostenlos.

Die Festung Hisarlaka oberhalb von Kyustendil ist bestens restauriert und liegt in einem gepflegten Park. Die Bulgaren flanieren hier gern oder treiben Sport

Der Eintritt ist frei, Sauberkeit wird groß geschrieben: Putzfrauen mit großen Reisigbesen sind ständig unterwegs

Wir übernachten in Kyustendil im 5*Strimon Garden Hotel, mit SPA, Massage und Außenpool. Jetzt sind wir auf den Geschmack gekommen, wollen uns in den nächsten Tagen weitere neu erbaute SPA-Hotels anschauen. Etwa in Sapareva Banya, das für seinen heißesten Geysir Kontinentaleuropas (also außer Island) bekannt ist. Mit 103 Grad spritzt das Thermalwasser aus der Erde. Mit dem gleichnamigen „103-Grad“ und dem „Five-Elements“ sind hier 2018 und 2021 zwei hochwertige SPA-Hotels entstanden. Natürlich gibts Thermalswasser, SPA, Jacuzzi, Saunen. Bulgaren machen 90 Prozent der Gäste aus, erklären die Hotelmanager. 

Wir fahren weiter ins das Dorf Belchinski Bani, übernachten im 4*SPA Hotel Belchin Garden. Auch hier steht den Gästen das volle SPA-Programm, Massagen und Anwendungen zur Verfügung. Die Preise liegen zwischen 200 und 400 Lewa (100 bis 200 Euro) für ein Doppelzimmer mit Frühstück, teils sogar mit Halbpension. Die Häuser sind auch hier gut gebucht, und auch hier zu 90 Prozent von Bulgaren. Gerade für Sofioter sind die vielen neu entstandenen Hotels in den Bergen schneller zu erreichen, als die Strände am schwarzen Meer oder in Griechenland. Und die SPA-Annehmlichkeiten wissen die Gäste ebenfalls sehr zu schätzen …

Wir reisen am Iskar-Stausee entlang (30 km lang, der größte Bulgariens) ins Tal von Kazanlak. Bulgarien hat viele Stauseen und 15 Wasserkraftwerke. Es ist der zweitgrößte Stromexporteur Europas.

In Kazanlak befindet sich mit dem Thrakischen Grabmal ein UNESCO-Welterbe.

Es geht auf das 4. Jahrhundert v. Chr. zurück (ist also 6.000 Jahre alt!) und ist das am besten erhaltene Kunstwerk aus der Zeit der Thraker in Bulgarien. Die Grabstätte besteht aus einem rechteckigen Vorraum, einem schmalen Korridor und einer runden Grabkammer mit Kuppel. Vorraum und Grabkammer sind mit antiken Wandmalereien verziert. Allerdings: Die originale Grabstätte darf nicht betreten werden. Menschliche Ausdünstungen, etwa Kohlendioxid, würden sie beschädigen.

Der Besucher bekommt eine Kopie im Maßstab 1:1 zu sehen, die ihre Architektur, Wandmalereien und archäologischen Materialien detailgetreu nachstellt.

In Kazanlak steht das Rosenmuseum.

Das Rosenmuseum in Kazanlak wirkt von außen eher nüchtern und klobig

… innen allerdings sind die Geschichte und Produktion von Rosenöl gut und teils autodidaktisch dargestellt

Bulgarien ist berühmt für die hohe Qualität seines Rosen- und Lavendelöls. Für einen Liter Rosenöl benötigt man drei bis vier Tonnen Rosenblätter! Verkauft wird das reine Rosenöl in 0,1 ml Fläschchen für 40 bis 60 Lewa (20 bis 30 Euro). Daneben gibt es natürlich jeden Menge verdünntes Öl, ebenso Seifen, Körperlotion, Spray, Reinigungsmilch, Haarwaschmittel, Haarbalsam und viele mehr mit dem Wirkstoff. 

Mit dem 2022 eröffneten Kings Valley Hotel hat auch Kazanlak ein sehr gutes SPA-Angebot. Wir übernachten im nicht weit entfernten Hotel Pavel Banya, ebenfalls ein 5*Sterne-Haus mit Poollandschaft, SPA, Massagen und Anwendungen. Alles zu erschwinglichen Preisen. 

5*Grand Resort „Pavel Banya“ in Kazanlak: SPA, Massagen, Saunen im Innenbereich

Am nächsten Tag fahren wir „über die Dörfer“. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Man spürt den Aderlass, denn das Land nach der Wende hinnehmen musste. Zwei Millionen Bulgaren haben damals das Land verlassen (inzwischen ist eine Million zurückgekehrt), insbesondere die Dörfer verwaisen. Junge ziehen weg, Alte sterben aus. Entsprechend sind viele Häuser renovierungsbedürftig oder gleich so baufällig, dass sie abgerissen werden müssen. Inmitten dieser Tristesse findet sich aber immer wieder Besonderes, wenn man aufmerksam durchs Land fährt.

Etwa im Dorf Staro Zhelazare: Hier leben derzeit nur 401 Einwohner. Die Region ist landwirtschaftlich reich. Angebaut werden vor allem Obst, Gemüse und Weintrauben. Auch die Viehzucht ist gut entwickelt, hauptsächlich Rinder, Schafe und Hühner. Die Besonderheit sind aber die Wandmalereien von Staro Zhelazare: Das Kunstdorf beherbergt weltberühmte Persönlichkeiten wie Königin Elisabeth II., Marilyn Monroe, Freddie Mercury, die Beatles, Louis Armstrong, Lech Walesa und viele andere.

Angela Merkel war sicher nie in Staro Zhelazare, aber nun lächelt sie von der Hauswand: Inzwischen sind viele Politiker dazugekommen. Davor verkauft ein Bauer seinen geschnittenen scharfen Paprika

„Surrealistische Absurdität“ – so beschreibt Katarzyna Piriankov, Polin und Ehefrau des bulgarischen Künstlers Ventzislav Piriankov, diese Kunst. Sie sind es, die hinter der Idee stehen, das Aussehen von Staro Zhelezare zu verändern. Die beiden Künstler leben und arbeiten in Polen und haben 2015 etwas begonnen, das später zu einem jährlichen Kunstfestival wurde. Sie beschlossen, das Haus von Ventsislavs Familie durch verschiedene Zeichnungen und Inschriften umzugestalten und in einen Kunstraum zu verwandeln. Zunächst finden die Einheimischen ihre Idee seltsam, aber schließlich beginnen sie ihr Interesse zu wecken. Gemeinsam mit ihren polnischen Studenten bemalten und gestalteten sie in den nächsten Jahren die Wände des gesamten Dorfes! Nun wetteifern die Bewohner von Staro Zhelezare darum, Entwürfe mit berühmten Wahrzeichen zu bestellen. Es geht weiter, denn es gibt immer noch viele unerfüllte Wünsche … Das ganze Dorf ist eine Art Freilichtmuseum!

Das Kuriose daran ist, dass jeder Anwohner auswählt, welcher Prominente neben ihm abgebildet werden soll. Auf diese Weise entstehen interessante Werke, wie z. B. Großmutter Velika, die mit der Königin von England zusammensitzt. Oder Großvater Ivan, der auf seinem Traktor sitzt und einen Wagen zieht, auf dem seine Enkelin und Donald Trump fahren. Wundern Sie sich nicht, wenn Karl Lagerfeld einer Großmutter aus Staro Zhelezare das Kopftuch umbindet… Übrigens: Die Einheimischen begrüßen jeden Besucher, der sich entscheidet, durch diesen offenen Kunstraum zu gehen, mit einem Lächeln.

Wir können uns kaum trennen von den wirklich gut gemachten Wandmalereien, fahren weiter nach Starosel. Das Dorf liegt in Zentralbulgarien, Gemeinde Hisarya, Oblast (Bezirk) Plovdiv, am Fuße des Sredna Gora-Gebirges und des Flusses Pyasachnik. Bis vor ein paar Jahren war Starosel ein in Ruhe und Gemächlichkeit versunkenes Dörfchen, weitab von Touristenpfaden und menschlicher Neugier.

Was für eine Bilderbuch-Landschaft: Weite Ausblicke ins dörfliche Bulgarien, hier in der Umgebung von Starosel 

Ein Ereignis jedoch hob das in Anonymität versunkene Dorf aus der Versenkung. Im Jahr 2000 entdeckten Archäologen unter Leitung des verstorbenen Georgi Kitow in der Nähe von Starosel den bisher größten thrakischen Kultkomplex aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Der Fund gilt als einzigartig und katapultierte Starosel ins Rampenlicht der Wissenschaftler, Journalisten und … Touristen. Menschen aus dem In- und Ausland strömen herbei, um das geheimnisumwobene Denkmal aus dem Altertum, auch Tschetinjowa Mogila genannt, zu sehen. Einige Archäologen vermuten, dass hier der Stammesführer der Odrysen, Sitalk, begraben ist, der einer der mächtigsten thrakischen Herrscher war. Der Komplex beeindruckt mit gewaltigen Ausmaßen. In der Umgebung von Starosel gibt es weitere neun Hügelgräber mit einzigartigen architektonischen Elementen und farbigem Dekor. Alle sind erforscht, jedoch noch nicht für Besucher freigegeben.

Dafür kann man den hiesigen „Weinkomplex“ besuchen. Dessen Verkostungsraum gleicht einer Rotunde und ist eine vergrößerte Nachbildung der Tschetinjowa Mogila.

Schluck für Schluck genießen wir fünf bulgarische Weine. Sie haben inzwischen alle Spitzenqualität. In der Rotonde werden thrakische Rituale zur Vorhersage des Wetters, der Ernte und verschiedene religiöse Bräuche nachgestellt. 750.000 Liter Wein werden jährlich gekeltert, 17 Weinsorten gibt es.

Die Weinprobe kostet je nach Probenmenge (drei, fünf oder sieben Weine) 15 bis 30 Lewa (7,50 bis 15 Euro) pro Person.

Das Weingut gehört zum Hotel Starosel („Starosel-Komplex“) am Rande des gleichnamigen Dorfes. Es ist im traditionellen bulgarischen Stil mit natürlichen Materialien wie Holz, Stein und Wolle eingerichtet. Hier gibt es Thermalwasser, SPA-Einrichtungen, Saunen, Seminarräume. Das Hotel ist riesig, aber keine „Bettenburg“, eher wie ein Dorf mit vielen Häusern. 650 Betten gibt es, sieben Pools.

Thermalbad und SPA im „Starosel-Komplex“

Auf den ersten Blick wirkt das Ganze überdimensioniert und etwas unübersichtlich. Das mag sich ändern, wenn man länger verweilt. Stolz sind die Betreiber auf ihren großen Konferenzsaal mit moderner Technik, der bis zu 600 Menschen fasst. Seminartourismus ist im Hotel Starosel fest eingeplant.

Wir fahren weiter nach Hisarya (Chissarja), eine wieder wunderschöne, grüne, geschichtsträchtige Stadt. Sie liegt nur 44 km von Plovdiv entfernt an den südlichen Ausläufern des Balkangebirges. In der Stadt gibt es 22 Thermalquellen mit nachgewiesener Heilwirkung, die sich auf einem kleinen Gebiet konzentrieren und unterschiedliche Temperaturen und chemische Zusammensetzungen haben.

Hisarya ist eine der grünsten Städte Bulgariens mit über 170 Hektar Parks für eine Bevölkerung von weniger als 8.000 Menschen. Die Thermalquellen sind ein weiterer Grund für ihre Beliebtheit – seit der Antike. Die Mineralwässer in Hisarya haben sich bei verschiedenen Krankheiten und Beschwerden als heilend erwiesen, und einige der Kur- und Sanatorieneinrichtungen behaupten, so gut oder sogar besser zu sein, als die der antiken römischen Aristokraten. 

Doch Hisarya besitzt eine weitere Besonderheit: Hier steht die am besten erhaltene römische Befestigungsmauer Bulgariens. Besucher können die Überreste eines römischen Amphitheaters, Kasernen, Villen, öffentliche Bäder, frühchristliche Kirchen und mehr sehen. Außerhalb der Stadtmauern befindet sich ein römisches Grab, das gut erhalten und für Besichtigungen geöffnet ist. Es verfügt über einen beeindruckenden Korridor und helle Fußbodenmosaike. Natürlich übernachten wir hier (im Hotel Hissar 4*), schon, um abends noch einmal entlang der Stadtmauer zu flanieren. 

Stadttore und Stadtmauer sind in Hisarya die besterhaltenen in ganz Bulgarien. Die Stadt ist für ihre vielen Parks und Thermalquellen berühmt

Überreste eines römischen Amphitheaters, Kasernen, Villen, öffentliche Bäder, frühchristliche Kirchen – das alles gibt es in Hisarya

Nach soviel Landschaft und SPA möchten wir noch zwei Städte besuchen, die zur Seele Bulgariens unbedingt dazugehören: Plovdiv und Sofia.

Plovdiv ist eine alte südbulgarische Stadt, die ähnlich wie Rom auf 7 Hügeln erbaut wurde. Im Archäologischen Museum wird die Geschichte unter anderem anhand von Mosaikplatten, Tonlampen und frühen Münzen dokumentiert. Das von den Römern erbaute Theater von Philippopolis (Amphitheater) bot einst rund 6.000 Besuchern Platz. Heute finden hier Opern und Konzerte statt. Im antiken Stadion aus der Zeit Kaiser Hadrians lässt ein 3D-Film das 2. Jahrhundert n. Chr. wieder aufleben. 

Plovdiv bietet Moderne und Tradition zugleich. Hier gibt es ein modernes Messezentrum und eine wunderschöne Altstadt. Plovdiv war 2019 Kulturhauptstadt Europas. Und sie ist mit ihrer mehr als 8.000-jährigen Geschichte (erste Siedler 6.000 v.Chr.!) die drittälteste Stadt Europas sowie die sechstälteste Stadt der Welt. Einige Wissenschaftler behaupten sogar, dass Plovdiv die älteste Stadt Europas sei – älter als Athen und Argos in Griechenland …

Die wichtigste Sehenswürdigkeit ist zweifellos die malerische Altstadt. Sie gleicht einem rund um die Uhr geöffneten Freilichtmuseum. Als historisches und kulturelles Herz der Stadt führt kein Weg an ihr vorbei.

Die hübschen Gassen sind – Vorsicht! – kopfsteingepflastert und größtenteils autofrei.

Hier, etwa in der „Ulitsa Saborna“ mit ihren liebevoll restaurierten Häusern, römischen Ruinen, verwinkelten Straßen und attraktiven Cafés, bekommt man ein gutes Gefühl für Plovdivs Vergangenheit und Gegenwart.

Zu den ältesten und besonders reich ausgestatteten Häusern des Viertels gehört das Klianti-Haus, das sich der Wollstoffhändler Georgi Klianti um 1750 erbauen ließ. Es ist liebevoll restauriert und bietet Einblick in die damalige Lebensweise.

Eine Besonderheit ist auch die alte, kleine Apotheke Hippocrates.

Das Haus von Dr. Sotir Antoniadi war von 1872 bis 1947 ein gut funktionierendes Medizingeschäft.
Seit 1981 gibt es dort eine in Bulgarien einzigartige Apothekensammlung zu sehen. 

Keramik in allen Formen und Farben gibt es natürlich auch

Plovdiv bietet ein Antikes Theater, das Ethnografische Museum, ein Derwisch-Kloster, die Große Basilika. Und es gibt mit rund drei Kilometern eine der längsten Fußgängerzonen Europas.

Die drei Kilometer langen Fußgängerzone in der Neustadt

Abends wählen wir das 5*Hotel Residence City Garden, direkt am großen Park „Tsar Simeon Garden“ mit seinen zahlreichen Fontänen. Plovdiv ist eine junge Stadt mit vielen Studenten. Und so erstaunt es kaum, wieviel Menschen im Park, in der Fußgängerzone und auch im Szeneviertel Kapana gegen 0 Uhr noch unterwegs sind. In Plovdiv kann man gern ein paar Tage verbringen, uns fehlt leider die Zeit. 

Schon früh am nächsten Morgen fahren wir auf der auch um diese Zeit gut besuchten A1 ins 149 km entfernte Sofia. Die bulgarische Hauptstadt bietet wie Plovdiv viele Sehenswürdigkeiten. Herausragend sind die „Alexander-Nevski-Kathedrale“, das Parlament, Nationaltheater, die Russische Kirche, die Heilige Kathedrale von Sophia, das Heilige Sophia Denkmal, der Regierungssitz und das Haus der Volksversammlung. Die Wahrzeichen der Stadt stammen aus über 2.000 Jahren unter teilweise griechischer, römischer, osmanischer und sowjetischer Herrschaft. 

Sofia heißt übrigens „Weisheit“ auf griechisch. Zwei Millionen Einwohner leben hier. Aber so exakt weiß man es nicht, weil sich bei Volkszählungen nie alle Menschen anmelden. 

So leben allein rund 250.000 Roma in Bulgarien, nach den Türken die zweitgrößte Minderheit im Land. Um ihren Status gibt es unter den Einheimischen viele Diskussionen. Die Politiker geben ihnen monatlich Geld, kostenloses Wasser und Strom, um ihre Stimmen zu erhalten. „So lernen sie, ohne Arbeit zu leben, das kann doch nicht richtig sein“, hören wir immer wieder.
Bulgaren haben oftmals im Alltag zu kämpfen: Die bulgarischen Löhne liegen bei durchschnittlich 1000 Lewa/500 Euro. Ärzte, Rechtsanwälte und andere gefragte Berufsgruppen verdienen allerdings 6000 Lewa/3000 Euro monatlich und mehr. Frauen gehen mit 62, Männer mit 65 in Rente.
Überall fehlen Arbeitskräfte, sodass auch Rentner weiter arbeiten. Bei den geringen Durchschnittslöhnen kommt vielen Bulgaren allerdings zugute, dass sie ihre Wohnung oftmals erworben und schon abbezahlt haben. Die Miete entfällt also – zumindest für die älteren Einwohner des Landes.
Viele Jüngere wandern hingegen aus, um im Ausland mehr zu verdienen. Seit 1990 haben netto mehr als eine Million Bulgaren ihr Land verlassen. Das ist ein großer Aderlass für das ohnehin bevölkerungsschwache Land. 

Unsere Rundreise zeigte uns ein sehr authentisches, geschichtsträchtiges, aber auch modernes Land. Die Bulgaren sind sehr gastfreundlich. Die Anzahl der neu erbauten SPA-Hotels überrascht positiv. Auch als individuell Reisender findet man Unterkünfte überall im Land, fast immer in guter Qualität und zu günstigen Preisen.  Die Unterschiede zwischen Stadt und Land sind beträchtlich, ebenso zwischen Jung und Alt. Bulgarien befindet sich auch mehr als 30 Jahre nach der Wende weiterhin in einem wirtschaftlichen Wandel. Einerseits ist das Land längst, exakt seit 2007, in der EU. Andererseits wird die angestrebte Euro-Einführung aber immer wieder verschoben, weil Finanzen und Wirtschaft noch nicht die nötige Stabilität aufweisen. Es ist ein langer Weg … 

Fotos: Fred Hafner

Video vom Saale-Info-Kanal Saalfeld

BULGARISCHE SPEZIALITÄTEN

Der Joghurt gilt als bester Joghurt weltweit! Denn nur in Bulgarien gibt es den einzigartigen Lactobacillus bulgaricus, der dem Joghurt seinen unvergleichlichen Geschmack und seine Festigkeit verleiht.       

Schopska-Salat ist die wohl bekannteste bulgarische Speise. In den Zutaten spiegeln sich die Farben der Flagge wieder: Weiß (Schafskäse), Grün (Gurke, Petersilie) und Rot (Tomate, Paprika).

Bulgarischer Wein gewinnt alljährlich einige der besten Auszeichnungen in Europa und weltweit. Auch der typische Weintraubenschnaps ist eine Spezialität.

Banitza ist eine Art Blätterteig mit Schafskäse.

INFOS

https://bulgariatravel.org
https://www.mi.government.bg

HOTELS WÄHREND DER RUNDREISE

https://strimon.bg/
http://belchin-garden.com/
https://www.spahotel103.bg/en
https://thefiveelementshotel.com/
https://kingsvalleyhotel.bg/
https://pavelbanyagrand.com/
https://hotelhissar.com/
http://residencecitygarden.com/

Viele Hotels in Bulgarien bieten in Zusammenarbeit mit deutschen Krankenkassen Kur- und Erholungsaufenthalte. Am besten direkt bei der eigenen KK nachfragen.

ANREISE

Flug ab 20 deutschen Flughäfen
Buchung: über viele große Veranstalter, u.a. TUI, Alltours, DER

WÄHRUNG

2 Lewa entsprechen 1 Euro

PREISE

Hauptgerichte im Restaurant ca. 10 Euro, Getränke ca. 2 Euro,
DZ für zwei Personen mit Frühstück ca. 80 bis 120 Euro,
Benzin/Diesel: 1,25 Euro/Liter

Weitere Berichte von Fred Hafner auf seiner Webseite
https://www.reiseblick.net/

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