ITB 2024 – REISEMESSE FÜR PROFIS

von Sylvia Acksteiner

Wohl kaum einer hat berechnet, wieviel Zeit man brauchte, um an jedem Stand der 5.500 Aussteller ein Gespräch zu führen oder jeden Pressetermin wahrzunehmen oder jede der 200 Foren in 17 Thementracks beim Kongressprogramm zu besuchen.

Also hieß es wie immer bei einer redaktionellen Arbeit, zu recherchieren, abzuwägen, auszuwählen. Dabei vermittelte sich eine grundlegend positive Stimmung in der Branche. Die Pandemiefolgen scheinen fast vollständig überwunden. In den 27 Messehallen zeigte sich die bunte und aufregende Vielfalt des Reisens, die wieder erstarkte Lust am Entdecken und Erleben, die große Kraft des Tourismus für friedliche Begegnungen und Wirtschaftswachstum.

Ohne Visa nach China

Meine ITB-Reise begann am Stand von China. Das Land feierte nach vier Jahren Abstinenz sein Comeback.

Und der Tourismus soll durch Visafreiheit angekurbelt werden: seit dem 1. Dezember des letzten Jahres können Touristen aus Deutschland ohne Visum für 15 Tage einreisen. Verschiedene Regionen präsentierten sich auf dem wieder ansehnlichen Stand.

Und zum offiziellen Opening kam der Präsident des Deutschen Reiseverbandes Norbert Fiebig (links im Bild) mit dem Wunsch, das Tourismusgeschäft zwischen beiden Ländern wieder zu beleben.

Alle Zeichen stehen für das Jahr 2024 auf Wachstum, nachdem die strengen Corona-Regeln und die erst spät veranlassten Erleichterungen den Tourismus schwer getroffen hatten. Experten rechnen damit, dass mehr Chinesen wieder auf Reisen gehen, aber auch dass sich die Zahl der deutschen Gäste in China deutlich erhöhen wird.

Gastland Oman

Der osmanische Tourismusstaatssekretär S.E. Azzan bin Qassim al Busaidi berichtete bei der Eröffnungspressekonferenz über die Erfolge seines Landes, besonders bei der Infrastruktur – dabei werde sorgfältig auf Nachhaltigkeit und Diversität geachtet.

Tourismusstaatssekretär S.E. Azzan bin Qassim al Busaidi in der Mitte

Wegen des kulturellen und natürlichen Erbes seines Landes kommen immer mehr Touristen in das Sultanat. 2023 verzeichnet die Statistik vier Millionen, darunter 231.000 Deutsche.


In Halle 2.2. war der opulente Stand von Oman dicht umlagert. Und das „nur“ von Fachbesuchern – denn zum zweiten Mal folgte die Messe diesem Konzept mit dem Fokus auf Business, Innovation und Networking. Knapp 100.000 Messebesucher kamen, darunter über 3.000 Journalisten aus 103 Ländern.

Außerdem ist die ITB ein Treffpunkt von Politikern und Diplomaten. So begrüßte u.a. die USA-Botschafterin Amy Gutmann die Medienvertreter zum traditionellen ITB-Pressefrühstück.

Auch der Tourismus in den USA hat das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Ihr sei es besonders wichtig, dass die Regierung den Tourismus unterstützt und dass er sich weiter nachhaltig entwickelt.

Dass es zwischen Deutschland und den USA über 90 Direktverbindungen gibt, liege ihr besonders am Herzen,

weil der Tourismus Menschen zusammenbringe und auch 2024 ein gutes Reisejahr werde.

Deutschland unter einem Dach

hub 27 war die Adresse für die Destinationen aus Deutschland sowie aus Österreich und der Schweiz. Einige Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen/Bremerhaven, Hessen oder Berlin/Brandenburg leisten sich noch größere eigene Stände, die Mehrzahl aber war am Gemeinschaftsstand der Deutschen Zentrale für Tourismus vertreten.

Eine Konsequenz der ITB-Neuausrichtung als Fachmesse, aber auch die Erinnerung an Zeiten, als die ITB noch eine Publikumsmesse war und viel Geld und Personal in aufwändig gestaltete Messestände floss und so mancher Gast seine Urlaubsreise gleich vor Ort buchen konnte.

Mecklenburg-Vorpommern sorgte für Aufmerksamkeit mit einer neuen Form der Pressekonferenz. Poetry-Slam-Meister Lars Ruppel nahm die Gäste mit auf eine fiktive Reise mit Caspar David Friedrich und präsentierte in Gedichtform, was man an einem Tag in MV erleben kann.

Pressekonferenz mit Poetry-Slammer (links) und Tourismus-Staatssekretär Jochen Schulte (rechts)

So machte der Tourismusverband auf die „Leuchttürme 2024“ aufmerksam, zu denen vor allem der 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich gehört. Pfarrer Dr. Tilman Beyrich lud dazu ein, die neu gestalteten Fenster im Greifswalder Dom ab 7. April zu besichtigen.
Eine Auswahl an Veranstaltungen sind hier zu finden.

Weitere Höhepunkte des touristischen Jahres sind die neue Prerower Seebrücke – mit 720 Metern die längste an der Ostseeküste – und die Neueröffnung des Meeresmuseums in Stralsund. Dabei will das Bundesland mehr internationale Gäste in den Norden locken.
Mehr zu dieser Strategie sind hier zu finden.

Mecklenburgische Seenplatte ©TMV_Gross

Auch Sachsen-Anhalt stellt eine neue Initiative vor: „Unsere Besten“, die Teil der Landeskampagne „Echt schön. Sachsen-Anhalt“ ist.

Pressekonferenz des Bundeslandes Sachsen-Anhalt

Unter den Besten sind Reise- und Ausflugsziele, die nach aktuellen Marktforschungen die wichtigsten Gästegruppen bedienen. Angebote sind zum Beispiel: ein Familienwochenende in Magdeburg, ein romantisches Wochenende zu zweit in Halle, Kultur und Gartenreich komplett in Dessau. Dahinter steht die Idee, Gäste zu inspirieren und es ihnen leicht zu machen, einen Tag oder ein Wochenende oder einen Kurzurlaub in Sachsen-Anhalt zu planen.
Mehr zur Tourismusstrategie ist hier zu finden.


Ähnliches gibt es auch für internationale Gäste, zum Beispiel ein Schweden-Paket mit Kultur und Kulinarik, ein USA-Paket mit Weltkulturerbe-Regionen, oder ein Harz-Spezial für Gäste aus den Niederlanden und Dänemark.

Und Sachsen-Anhalt lädt mit der Landesgartenschau nach Bad Dürrenberg ein, nur 30 Autominuten vom Weinanbaugebiet Saale-Unstrut entfernt.

Auch sie gibt es noch: die Einzelanbieter wie das Waidlerland aus Bayern. Der Architekt Manfred Stockinger hat sich im Nationalpark Bayerischer Wald mit zwei Feriendörfern einen Traum erfüllt. Er wollte einmal etwas Eigenes machen, etwas, dass regional und nachhaltig ist.

In seinem Heimatort Mauth und am Erlauzwieseler See baute er individuelle Luxuschalets für Familienurlaube, Zeit zu zweit, Freundinnentreffen, Hochzeiten und vieles mehr. Die Häuser folgen jeweils einem Thema, zum Beispiel Feuer, Wasser, Abenteuer, Licht, Wildnis…und sind von den Farben bis zu jedem Einrichtungsstück thematisch passend. Zwei Chalets sind als Erdhäuser gebaut – direkt an den Hang und mit großen Terrassen.

Und Stockinger ist stolz darauf, die beiden einzigen Hausboote im Bayerischen Wald zu vermieten.

Sein Wunsch ist es, dass die Gäste in seine Heimat kommen und die Natur genießen können.
www.ins-waidlerland.de

Gesundheitstourismus in Bulgarien

Bulgarien ist schon seit längerem auf dem Weg, ein Reiseziel für Gesundheitstouristen zu sein. In Europa ist es das zweitreichste Land an Thermalquellen. Über 600 Mineralquellen wurden bisher entdeckt, etwa 80 davon haben eine heilende Wirkung. Dieser Reichtum, das angenehme Klima, gute Lebensmittel und eine vergleichsweise leichte Anreise ermöglichen mittlerweile einen Vier-Jahreszeiten-Tourismus. Bei der Präsentation im Medical & Health Tourism Pavillon verwiesen die Akteure auf eine Kombi im Sommer mit Schwarzmeerküste und Bäderheilkur oder Thalasso und im Winter mit Ski und Relaxen in warmen Heilbädern.

Viele moderne Hotels sind entstanden, und Ärzte sowie Pflegepersonal genießen eine hohe Kompetenz. Mit den deutschen Krankenkassen gibt es eine Vereinbarung, dass medizinische Vorsorgeleistungen in Bulgarien anerkannt und bezahlt werden.

Mehr Informationen auf der Webseite des Bulgarischen Verbandes für Balneologie und SPA-Tourismus BUBSPA

Kongressprogramm und neusta Grafenstein

Aus dem großen Kongressprogramm hatte ich mir auf der Green Stage dieses Panel ausgesucht: How to Acquire Big Events – Insights into the Strategies of Destination Management Organizations.
Moderiert wurde es von unserem CTOUR-Präsidiumsmitglied Frank Grafenstein.

Seine Agentur neusta Grafenstein war erneut nach dem erfolgreichen Start 2023 Partner des ITB Kongresses. Das Team war verantwortlich für die Programmgestaltung inklusive Organisation von Top-ReferentInnen, für die kommunikative Vor- und Nachbereitung sowie die Content-Produktion rund um den Kongress. Sie „bespielten“ vier Live-Bühnen mit insgesamt 17 Thementracks – und das interessierte 24.000 TeilnehmerInnen.
Die wichtigsten Themen waren Generative Künstliche Intelligenz, Klimagerechtigkeit und Fachkräftemangel.

Ausblicke für 2025

Tatsächlich spielte auch das Jahr 2025 immer wieder eine Rolle. Nicht nur, dass dann Albanien Gastland ist und der Zeitraum vom 4. bis 6. März schon feststeht, einige Jubiläen und herausragende Ereignisse wurden bereits beworben.

So informierte das Vorbereitungsteam über den Deutschland-Pavillon bei der Expo 2025 im japanischen Osaka. Unter dem Motto „Wa! Germany“ dreht sich alles um den Kreis – als Form und im Konzept. Zentrales Thema wird die Kreislaufwirtschaft sein. „Wa“ bedeutet im japanischen „Kreis“. Es bedeutet „Harmonie“ und repräsentiert so den Einklang von Natur und Technik, dem Ziel der Kreislaufwirtschaft. Und es soll auch als „Wow“ verstanden werden und für die Begeisterung der Besucher stehen.

www.expo2025germany.de

Neben Chemnitz werden auch die slowenische Stadt Nova Gorica und die italienische Nachbarstadt Gorizia (Görz) den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 tragen. Beide Städte haben eine gemeinsame Geschichte und waren nach dem Zweiten Weltkrieg für lange Jahre getrennt. Der eine Teil gehörte zu Jugoslawien, der andere zu Italien.

Zum ersten Mal wird damit ein grenzüberschreitender Ort zur Kulturhauptstadt. Beide Bürgermeister sehen darin eine Chance, ihre Städte touristisch neu zu erkunden und Geschichte neu zu schreiben. Denn beide wollen zeigen, wie eine Grenze heute nicht mehr trennt, sondern die Länder Slowenien und Italien verbindet.

Etwa 2.000 Events werden geplant und der Wunsch aller Akteure ist es, dass die Menschen zusammenkommen und vieles auch nach 2025 erhalten bleibt.
www.kulturhauptstadt-goerz.com

Fotos: Sylvia Acksteiner, Mario Zeidler (Titelbild)