Der Morgen ist frisch in Leipzig am letzten Mittwoch im November (27.11.2013). Gedränge herrscht im historischen Backsteingewölbe der Moritzbastei um halb neun Uhr. Am Rande bemerkt: CTOURisten, die in Leipzig studiert haben, kennen dieses Kleinod als Studentenklub. Etwa 200 mehr oder weniger Hungrige kommen. Geladen hat die Leipziger Tourismus und Marketing GmbH zum bereits 186. Tourismusfrühstück. Seit 17 Jahren kommen Hoteliers, Gastronomen und Tourismusmacher, Stadtführer, Werbeagenturinhaber, Eventmanager, regelmäßig fast jeden Monat, um Neuigkeiten und Vorhaben auf dem Gebiet des Tourismus mitzuteilen, aufzunehmen und zu diskutieren.
Im Angebot sind zum Frühstück Käse, Wurst und Salate aus Leipzig und dem Umland (!), Süßigkeiten von Halloren aus der Nachbarstadt Halle (!) und jede Menge Informationsmaterial z.B. zur Vorbereitung des 1000jährigen Jubiläums der Stadt im Jahr 2015. Bischof Thietmar von Merseburg erwähnte 1015 mit „urbe libzi“ die Stadt zum ersten Mal in seiner Chronik. Diese Ersterwähnung wird in zwei Jahren Basis für ein tausendjähriges Jubiläum sein. „Wir sind die Stadt“ – wirbt Leipzig selbstbewusst auf Flyern, die von Karoline und Nadine von der Tourismus und Marketing GmbH verteilt werden. Sie werben eifrig für die Mitgliedschaft im einschlägigen Förderverein, der Ideen realisieren soll (www.leipzig 2015.de).
Doch das Stadt-Jubiläum in zwei Jahren wird demnächst permanent das Hauptthema sein. Bei diesem letzten Treff im Jahr 2013 geht es um eine erste Bewertung des zurückliegenden Jahres. Leipzig kann touristisch zufrieden sein. Bei den ‚Magic Cities‘, einer Vereinigung von zwölf der touristisch wichtigsten deutschen Großstädte – darunter Berlin, Hamburg, München, Nürnberg, Dresden – nimmt Leipzig hinsichtlich Steigerung der Gästezahlen einen vorderen Platz ein. 2,7 Millionen Übernachtungen zählte die Marketinggesellschaft LTM (von Januar bis August). Sie sollen bis 2016 auf 3 Millionen wachsen. Das Ziel ist also bereits sehr nah… 17,5 % beträgt das Wachstum im Vergleich (Januar bis August zum Vorjahr) bei ausländischen Gästen. Die meisten Besucher kommen aus den USA. Platz ‚2‘ belegen die Briten gefolgt von Touristen aus der Schweiz, den Niederlanden, Österreich und Frankreich. Auch die Besucher aus den östlichen Nachbarländern Polen und Tschechien werden wieder zahlreicher.
Touristische Höhepunkte waren 2013 Konzerte und Veranstaltungen zum 200. Geburtstag Richard Wagners, die Berufsweltmeisterschaft ‚Working Skills‘, von der wohl die meisten Leipziger das erste Mal in ihrer Stadt etwas hörten, sowie das herbstliche ‚Lichterfest‘ und die ‚Schlacht‘ um die Völkerschlacht. Das Nachspielen des mörderischen Getümmels der Völkerschlacht, bei der sich 1813 zehntausende Menschen aus ganz Europa abschlachteten, fand bei nicht wenigen Leipzigern nur geteilten Zuspruch.
Der Geschäftsführer vom Leipzig Tourismus und Marketing, Volker Bremer, betonte erfreut die Zunahme des Kongress- und Tagungstourismus in Leipzig. 65 % aller Geschäftsreisenden sind Teilnehmer an derartigen Veranstaltungen.
Ein Blick ins Jahr 2014: Das Mendelssohn-Haus wird mit Erlebnisräumen erweitert. „Man wird sich z. B. als Dirigent versuchen können“, frohlockt Bremer. Leipzig bereitet seine Bewerbung als ‚Musikstadt‘ bei der UNESCO-Weltkulturerbe-Kommission vor. Es gibt schließlich nicht viele Städte, in denen so viele berühmte Musiker und Komponisten mehr oder weniger lange wirkten.
Gestärkt werden solle das Segment ‚Junges Reisen‘, d.h. der Individualtourismus zwischen 18 und 58 Jahren – so Bremer. Leipzig biete für diese Altersgruppen vieles: Klubs, Shopping, Entwicklung von Kreativität für Künstler und andere Selbständige. Leipzig habe Szene-Straßen und kleine Läden und Werkstätten für Designer – Bremer wörtlich: „…das Flair des Unfertigen.“ Das locke übrigens manchen Kongress-Veranstalter, der nach einem entsprechenden Beiprogramm suche. Kommentar: Die 60plus-Altersgruppen könnten sich ausgeschlossen fühlen.
Doch zurück zum letzten Tourismusfrühstück im Jahr 2013: Wichtigster Punkt – wie immer am Jahresende – ist die Übergabe des „Leipziger Tourismuspreises“. Mit diesem Ehrenpreis werden jedes Jahr hervorragende touristische Leistungen von Unternehmen bzw. Institutionen sowie von einer einzelnen Persönlichkeit gewürdigt, die den Tourismus in der Stadt voran gebracht haben. Die Wahl laufe neutral außerhalb von der Marketinggesellschaft LTM, versichert ihr Chef. Jeder kann von jedem vorgeschlagen werden. Die eingereichten Vorschläge werden einer Jury vorgelegt. „Diese Jury setzt sich aus fachkundigen Entscheidern der Bereiche Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen“, so die Verlautbarung der LTM. „Die Jury ermittelt anhand eines Bewertungsschemas den Gewinner des Leipziger Tourismuspreises“, so LTM.
Es wird spannend im Backstein-Tonnengewölbe der Moritzbastei. Denn 12 Unternehmen sowie 13 Persönlichkeiten wurden nominiert. Aus großen Briefumschlägen werden die von der Jury bestimmten Preisträger des Jahres 2013 gezogen und verlesen: das „Kuratorium Richard-Wagner-Jahr 2013“ als Institution und der Künstler Yadegar Asisi als Persönlichkeit sind die diesjährigen Gewinner des „Leipziger Tourismuspreises 2013”.
Den zweiten Platz sprach die Jury dem Kunst- und Galeriezentrum Baumwollspinnerei im Leipziger Westen zu. Bis zu 100 Künstler wirkten und wirken hier. Dieses Zentrum wurde weltweit bei Kunstinteressierten bekannt. Den dritten Preis erhielt der 1998 gegründete Förderverein ‚Völkerschlachtdenkmal‘, der sich für die Restaurierung des wohl größten Stein-Denkmals in Deutschland einsetzte und einsetzen wird. Zum 1000. Stadtjubiläum Leipzigs soll – so hofft der Förderverein – das Denkmal komplett fertig sein. Eifrig sammeln sie Spenden für die Restaurierung der Außenanlagen.
Der Künstler Asisi erhält den ersten Preis für sein aktuellstes Panorama im Panometer „Leipzig 1813 – in den Wirren der Völkerschlacht“. Seine monumentale Riesenleinwand ‚spielt‘ nicht auf dem Schlachtfeld. Der Betrachter findet sich auf dem Dach der Thomaskirche wieder und blickt auf die in den herbstlichen Kriegstagen des Jahres 1813 leidende Stadt und die angrenzenden Dörfer. Innerhalb von vier Monaten schauten bereits 150.000 Besucher auf dieses Leipzig inmitten der mörderischen Schlacht, bis dahin ein trauriges Superlativ in der Weltgeschichte.
Yadegar Asisi deutet an, dass es Überlegungen gibt, dieses Panorama als Dauerausstellung für Touristen zu belassen. Die Idee ist da, Gespräche werden geführt. Warum nicht? Schließlich tobte die Schlacht auch auf dem Boden des ehemaligen Gasometers der Stadtwerke, dem heutigen Panometer von Asisi. Übrigens, das Panometer Leipzig wurde bereits 2004 für sein erstes und sehr erfolgreiches Panorama „8848 EVEREST 360 Grad“ geehrt.
Zu ergänzen wäre: auf Grund von Punktegleichheit gibt es zwei zweite Preise in der Kategorie ‚Persönlichkeiten‘. Ausgezeichnet wurden die Leistungen von Thomas Krakow als Koordinator „Richard-Wagner-Jahr 2013 der Stadt Leipzig“ und von Klaus-Michael Rohrwacher als erster Vorsitzender des Fördervereins ‚Völkerschlacht-Denkmal‘.
Resümee: Wagner und Völkerschlacht waren die wichtigsten Themen für den Leipziger Stadttourismus 2013. Die Hauptträger dieser Themen wurden entsprechend gewürdigt. Denn sie waren die Magneten für Gäste aus dem In- und Ausland.