CTOUR-Stammtisch: Städtereisende immer selbständiger und anspruchsvoller

Städtereisen sind nach wie vor beliebt. In Zeiten der „lieber mehr kurze, als einen langen“ Urlaub(e) sind die 3- bis 5-Tage-Trips ideal, um sich von und in Barcelona, London oder Rom inspirieren zu lassen und Kraft für den Alltag zu tanken. Sind das also auch goldene Zeiten für die Veranstalter von Städtereisen? Mitnichten. Die Wirklichkeit ist (wie immer) viel differenzierter.

Einen sehr offenen Einblick in das Geschäftsfeld Städtereisen gab Frank Stoll, verantwortlicher TUI-Generalmanager für dieses Segment, am 2. Dezember in der Berliner World of TUI in der Markgrafenstraße. TUI-Kommunikationschef Mario Köpers hatte dazu CTOUR und weitere interessierte Journalisten eingeladen.

Frank Stoll und Mario Köpers nach einem Pausengespräch mit den CTOURisten Lutz Schönfeld, Margrit Manz und Margot David (v. l.)
Frank Stoll und Mario Köpers nach einem Pausengespräch mit den CTOURisten Lutz Schönfeld, Margrit Manz und Margot David (v. l.)

Stoll beschrieb zunächst die Entwicklung des Städtetourismus: „Vor 20 Jahren war das noch ein Reiseabenteuer mit beschränktem Katalogangebot.“ Die Kunden wurden rasch selbständiger, Veranstalter reagierten darauf vor 15 Jahren mit Pauschalangeboten: Flug, Hotel, Transfer. Vor 10 Jahren dann beflügelten die Billigflieger das Reisesegment, worauf Veranstalter ihr Städteangebot vervierfachten. Und die Kunden verlangten keine Pauschalreise mehr, sondern Baustein-Leistungen. Doch das war noch lange nicht das Ende der Entwicklung.
Vor fünf Jahren verlangten die Kunden nicht nur Bausteine, sondern Erlebnisse in fremden Städten. Auch das bieten Veranstalter wie die TUI seitdem mehr und mehr an. Allerdings wurde der Kunde nochmals selbständiger: Jetzt ist er mit Baustein-Leistungen und Erlebnis-Gutscheinen gern völlig unabhängig unterwegs, weshalb die Veranstalter (natürlich auch, um Kosten zu sparen) die örtlichen Reiseleitungen abschafften.

TUI Deutschland-Kommunikationschef Mario Köpers (r. vorn) mit CTOURisten und Gästen in der World of TUI Berlin
TUI Deutschland-Kommunikationschef Mario Köpers (r. vorn) mit CTOURisten und Gästen in der World of TUI Berlin

Und damit ist die Crux für Reiseveranstalter wie der TUI schon benannt: Einer weiter stark wachsenden Zahl von Städtereisenden (jährlich plus 4 Prozent im Durchschnitt seit 2002) steht deren höhere Selbständigkeit gegenüber. Die Kunden wandern zu oft gleich ins Internet ab (Buchungen im Netz jährlich in den vergangenen vier Jahren plus 8 Prozent, bei Veranstaltern plus 2 Prozent). Der im Netz getätigte Umsatz schmerzt die klassischen Veranstalter natürlich.

Städtereisende sind Aktivurlauber. Sie wollen die individuellen und besonderen Seiten einer Metropole genauso erleben wie deren Kultur, Essen und Mode. Stoll sprach in diesem Zusammenhang sehr treffend von einer „Drei-Wetter-Taft“-Symbolik: In Rom, London und Paris sitzen nicht nur die Haare (wie es ein damaliger Werbespot versprach), sondern mit dem Besuch solcher Städte wollen sich die Reisenden unter Bekannten und Verwandten auch soziales Ansehen verschaffen. Motto: „Ich bin urban und flexibel und kenne mich aus in Europa.“

Berlin gehört zu den wichtigsten Städtereisezielen weltweit
Berlin gehört zu den wichtigsten Städtereisezielen weltweit

Und die Kundenanforderungen steigen massiv: Reisende möchten die Stadt ihrer Wahl rasch erreichen, um maximale Zeit vor Ort zu haben. Die Hotels müssen zentral gelegen sein. Die Kunden favorisieren Ausflüge, Erlebnisse und Kontakt zu den Einheimischen vor Ort. Speziell Letzteres sei nicht immer einfach zu organisieren, gab Stoll zu. Natürlich ist Mobilität vor Ort noch wichtig, aktuelle Infos vor Ort (per App) und Late-Check-out in Hotels. Auch daran arbeitet die TUI mit ihren Partnern erfolgreich.

Und was erwartet den Städtereisenden in fremden Gefilden? Ein unabhängiges Ranking zeigt es: Sightseeing (79 Prozent) steht weiter an der Spitze der Interessen, gefolgt vom Kennenlernen von Lebensart und Atmosphäre (52), Kultur und Events (49), Shopping (37), Essen und Trinken (34), Nachtleben (20) und Zweisamkeit genießen (15 Prozent). Letzter Platz der favorisierten Reisegründe sind örtliche Sportveranstaltungen, die nur 3 Prozent erwarten.

Stolls Vortrag war informativ und die sich anschließende Diskussion sehr rege. Fazit des Abends: Städtereisende werden immer individueller, anspruchsvoller, auch selbständiger. Veranstalter müssen dem nicht nur Rechnung tragen, sondern wegen des Abwanderns von Kunden ins Internet, gerade in diesem Reisesegment, ihre internen Abläufe effizienter und kostengünstiger gestalten. Dann allerdings bieten sie dem ausschließlichen Webbucher eine sehr gute Alternative.

Info
www.tui.com

Fotos: Wolf-Georg Kirst – fotac (2), Karl-Heinz Kraemer