Wer vom Urlaub träumt, hat meistens viele Wünsche. Die Einen zieht es ins Gebirge, Andere schwärmen vom Meer oder wollen die Vielfalt der Pflanzen und Tiere im tropischen Urwald erkunden. Wer aber das alles und noch viel mehr auf einer Reise erleben möchte, dem sei eine Erlebnistour in die Andenrepublik Ecuador ans Herz gelegt, die kaum Wünsche offen lässt.
Was macht dieses kleine Land am Äquator so anziehend und sehenswert?
Antwort darauf fand ich bei einer Entdeckungsreise durch verschiedene Landschaften und Regionen des Landes.
Station 1: Quito – die höchstgelegene Metropole der Welt
Wer nach Ecuador reist, sollte in jedem Fall Zeit für einen ausgiebigen Besuch der Hauptstadt einplanen. Sie liegt in einem schmalen nur fünf Kilometer breiten Hochbecken in 2800 Meter Höhe und dehnt sich vom Norden nach dem Süden auf über 50 Kilometer aus. Umrahmt wird sie von den Bergketten der Anden, die von einigen mächtigen Vulkankegeln überragt werden. Ihre schneebedeckten Gipfel prägen das beeindruckende Bild dieser Bergkulisse. Sie wirken majestätisch, friedlich. Von den 55 Vulkanen des Landes sind vier aktiv. Sie können jederzeit ausbrechen und ihr feuerspeiendes Unheil ausbreiten. In dieser ständigen Gefahr leben auch die 2,8 Millionen Einwohner von Quito. Sie hoffen nach altem Glauben, dass „Patchamama“ – die Mutter Erde ihnen weiter gewogen ist und eine verheerende Katastrophe ausbleibt.
Doch der fast 6000 Meter hohe Vulkan Cotopaxi ist gegenwärtig aktiv, nur 50 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Er stößt regelmäßig mächtige Rauchschwaden aus. Befürchtet wird eine gewaltige Eruption, die auch Quito heimsuchen könnte. Wie lebt man mit dieser Angst frage ich unseren Reiseleiter Freddy Melo. „Es ist unsere Heimat, wir müssen und wollen bleiben. Lieber zuhause sterben, als woanders leben“ – so seine Antwort.
Wir tauchen ein in das pulsierende, quirlige Leben von Quito. Hauptanziehungspunkt für jeden Touristen ist die koloniale Altstadt, ein Schmuckstück der Architektur verschiedener Jahrhunderte. Hier fühlt man sich zurückversetzt in die Kolonial-Epoche, die 1534 mit der Stadtgründung der Spanier begann. Enge Gassen und Straßen durchziehen schachbrettartig die Altstadt. Die schmalen Gehsteige bieten den Fußgängern nur wenig Platz vorwärts zu kommen. Was für die Spanier damals ausreichend war, ist für die Millionenstadt heute zum Nadelöhr geworden. Stoßstange an Stoßstange wälzt sich der Autoverkehr mühsam durch die Altstadt. Staus sind an der Tagesordnung.
Den Touristen fesseln aber hier vor allem die vielen Pracht- und Prunkbauten aus der Zeit der spanischen Herrschaft, die die Straßen und Plätze säumen. Was besonders ins Auge fällt sind die vielen Kirchen, Klöster und Kapellen, die weithin sichtbar das Stadtbild des alten Quito dominieren. Erbaut wurden sie von den verschiedenen kirchlichen Ordensgemeinschaften, die in diesen prachtvollen Gotteshäusern den katholischen Glauben predigten.
Franziskanermönche waren die ersten, die einen ausgedehnten Kirchenkomplex mit angeschlossenem Kloster nach europäischem Vorbild errichteten. Er zählt zu den ältesten und größten Sakralbauten in Mittel- und Südamerika. Das Ensemble steht am Franziskaner-Platz, einem für damalige Verhältnisse weiträumigen Areal und nimmt eine Seite des rechteckigen Platzes ein, der von schönen Bürgerhäusern im alten Kolonialstil umgeben ist.
Aber auch die Dominikaner, Augustiner und Jesuiten haben in der Altstadt eindrucksvoll ihre Spuren hinterlassen. Zeugnisse sind davon ihre Kirchen in unterschiedlichen Baustilen. Jeder wollte besser sein als der andere in der Architektur, aber auch in der überladenen, prunkvollen Ausgestaltung des Kircheninneren. Der Anblick der üppigen Blattgoldarbeiten und Schnitzereien ist überwältigend. Außerhalb der Gottesdienste können auch Touristen die meisten Kirchen besichtigen.
Nur wenige Schritte vom Franziskaner-Platz entfernt erreicht man den „Placa Grande“, den heutigen Unabhängigkeitsplatz. Viele Sehenswürdigkeiten lassen sich hier bestaunen. Das politische und kirchliche Zentrum von Quito ist hier vereint. Den quadratischen Platz umgeben das Rathaus, der Bischofssitz, die Kathedrale und der Regierungspalast. Am Haupteingang des Präsidentenpalastes stehen zwei Wachsoldaten in schmucken Uniformen aus dem 19. Jahrhundert. Sie halten eine historische Lanze in ihren Händen. Auf Wunsch lassen sie sich gern fotografieren.
Seit 2007 residiert hier Rafael Correa. Weit stärker als seine Vorgänger hat er sich den Armen und bedürftigen der Gesellschaft zugewandt. Er setzte 2008 eine beispiellose Verfassung in Kraft. Sie sichert allen Bürgern ein erfülltes Leben zu. Arme erhalten monatlich einen staatlichen Zuschuss von 50 Dollar. Schulkleidung und Lehrbücher werden den Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt. Doch nicht allen gefällt diese sozialorientierte Politik des Präsidenten. Besonders in letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die mit einigen seiner Entscheidungen unzufrieden sind und auch zu Demonstrationen auf die Straße gehen. 60 Prozent der Bevölkerung – so wird geschätzt – stehen aber nach wie vor hinter ihrem Präsidenten.
Der Regierungspalast ist auch für Touristen zugänglich. Sie können an den kostenlosen Führungen durch einige Säle und Galerien teilnehmen, wenn sie einen gültigen Ausweis vorzeigen.
Viele der Kirchen und Kolonialbauten der Altstadt sind im Laufe der Jahrhunderte erweitert und umgebaut worden, tragen Elemente des Barock, der Gotik, der Renaissance, des Klassizismus und Neoklassizismus. Der Charme der alten Zeit aber ist ihnen erhalten geblieben, dank umfassender Restaurierungs- und Wiederaufbauarbeiten. Verschiedene koloniale Gebäude beherbergen heute Museen, Hotels, Restaurants, Cafeterias und kleine Einkaufspassagen. Auch Bildungsstätten, Banken und Verwaltungen sind hier eingezogen.
Wer bei seinem Rundgang durch die bewundernswerte Altstadt noch nicht müde geworden ist, dem sei eine Fahrt auf den nahegelegenen „Penecillo-Hügel“ empfohlen. Zur Kolonialzeit diente er als militärischer Beobachtungsposten um die Stadt vor Feinden zu schützen. Heute thront hier als übermächtige 41 Meter hohe Statue die Schutzpatronin der Stadt – die heilige Jungfrau von Quito. Sie ist die einzige Madonna mit Flügeln, nachempfunden einer Figur auf dem Hauptaltar der Franziskus-Kirche. Das Riesenmonument ist aus tausenden Aluminiumplatten zusammengesetzt und besteigbar. Der Blick von oben auf die roten Ziegeldächer der Stadt ist atemberaubend.
Direkt am Fuße der „Jungfrau“ befindet sich eines der gefragtesten Restaurants der Stadt, das „Pim’s“. Ein Besuch ist lohnenswert, besonders am Abend, wenn die Stadt in vollem Lichterglanz erstrahlt. Im Dämmerschein der Kerzen bei nationalen und internationalen Speisen kann man die fantastische Aussicht durch die große Glasfront des Restaurants in vollen Zügen genießen und die Fülle der Eindrücke vom Gang durch das alte koloniale Quito Revue passieren lassen. Bereits 1978 wurde der Altstadtkern von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt. Mit Recht.
Touristisch interessant ist in Quito auch ein erloschener Vulkan am südlichen Stadtrand. Seine Bergspitze in 3100 Meter Höhe ist mit dem Auto bequem zu erreichen. „El Crater“ – ein modernes Hotel und Restaurant lädt hier zum Verweilen ein und bietet einen ungewöhnlichen Einblick in den Krater.
Keine alten Lavareste sind hier zu sehen. Im weiträumigen Grund stehen Häuser, umgeben von bestellten Feldern. Es ist der einzige Krater, der bewohnt und bewirtschaftet ist. Auch wenn der letzte Ausbruch des Vulkans 6000 Jahre zurückliegt, so muss man schon großes Vertrauen in die Natur haben, sich hier anzusiedeln.
Station 2: Entdeckungen im nördlichen Andenhochland
Quito ist ein idealer Ausgangspunkt zur Erkundung von Ecuadors faszinierender Vielfalt. Wir reisen auf unserer Entdeckungstour ins nördliche Andenhochland.
Nur 23 Kilometer von der Hauptstadt entfernt erreichen wir den „Mitad del Mundo“ – den Mittelpunkt der Erde. Hier verläuft die Äquatorlinie. Ihre erste Vermessung erfolgte 1737 durch eine Gruppe hauptsächlich französischer und spanischer Wissenschaftler. Ihnen zu Ehren entstand hier ein großzügiger touristischer Komplex, der viele Besucher anlockt. In seiner Mitte steht das Denkmal.
Es ist ein gewaltiger Monolith auf dem eine mächtige Kugel sitzt umgeben von einem Metallring. Sie symbolisieren Erde und Äquator. Das rund 30 Meter hohe Bauwerk kann bestiegen werden. Von ihm verläuft ein schmaler gelber Streifen durch die gesamte Anlage, der genau auf der Äquatorlinie liegen soll. Nach neuesten Messungen aber trifft das nicht zu. Um 240 Meter haben sich die damaligen Wissenschaftler verrechnet. Die meisten Touristen lassen sich von dieser Tatsache nicht beeindrucken und wandern auf der gelben Linie mit einem Schritt zur Süd- oder Nordhalbkugel.
Zu Füßen des Äquatordenkmals breitet sich eine Parkanlage aus mit Gebäuden, die einem typischen Kolonialdorf nachempfunden sind. Darin befinden sich Ausstellungen, ein Planetarium, Restaurants und Touristenshops. Sehr interessant ist ein kleines Experiment für die Besucher, wo ein rohes Ei ohne Probleme zum Stehen gebracht werden kann. Die ersten Äquatorvermessungen waren auch Anlass für die Umbenennung des „Königreiches Quito“ in den heutigen Landesnamen Ecuador.
Unser nächstes Ziel ist Otavalo. Das Bild dieser kleinen Stadt wird vor allem von den Indios geprägt. Rund 60 Prozent der Einwohner haben indianische Wurzeln. Die Frauen tragen lange, schwarze Röcke und weiße, buntbestickte Blusen. Ihr Hals ist behängt mit vielen Ketten, ein Ausdruck von Reichtum. Typisch für die Männer ist ein dunkelblauer Poncho, eine weiße Hose und ein schulterlanger Zopf. Er ist für sie heilig, weil sie darin die Kraft ihrer Seele ruhen sehen. Ihnen den Zopf abzuschneiden, ist für sie die größte Strafe.
Berühmt ist Otavalo vor allem durch die traditionellen Indiomärkte. Sie sind die größten und ursprünglichsten in ganz Ecuador. Das bunte Treiben findet auf dem „Plaza de los Ponchos“ statt. An den dichtgedrängten Verkaufsständen versuchen die meist hübschen Verkäuferinnen mit einem freundlichen Lächeln Kundschaft anzulocken und lassen sich auch gern fotografieren. Webartikel aller Art in verschwenderischen Farben, Hüte, Bilder Keramik, Schmuck und vieles andere mehr werden hier feilgeboten. Da viele Stände das Gleiche anpreisen, ist Handeln üblich. So lässt sich manches Schnäppchen machen bei den zahlreichen Textilien aus der weichen Alpaka Wolle, auch wenn sie meist industriell gefertigt sind.
Nach dem Indiomarkt fahren wir in das kleine Dorf Peguche, nur vier Kilometer von Otavalo entfernt. Wir besuchen die Frauenkommune „Huarmi Maqui“ – Frauenhände. Freundlich empfängt uns die Hausherrin Matilde Lenna. Sie hat 1999 in ihrem Vaterhaus die Frauengemeinschaft ins Leben gerufen.
Mit ihrer Arbeit wollen sie die jahrhundertealten indianischen Traditionen bewahren und ihre Kenntnisse und Fertigkeiten an die junge Generation weitergeben. Sie wollen als Indiofrauen zeigen, dass sie viel mehr können als nur Kinder betreuen. Was unter ihren Händen auf alten Webstühlen und Spinnmaschinen entsteht, ist echte Handwerkskunst. Es sind Blusen, Tücher, Tischdecken bestickt mit alten indianischen Mustern und Motiven. Sie werden in Galerien der Großstädte des Landes verkauft.
Wir haben hier im Haus oder auch in Heimarbeit nur Frauen, die arbeiten wollen – erzählt uns Matilde und setzt fort: Jede wird gleich behandelt, verdient das Gleiche, egal was sie macht, damit keine schlechte Stimmung aufkommt. Wir handeln – so sagt sie – nach der alten überlieferten Weisheit: „Nicht stehlen, die Wahrheit sagen und nicht faul werden“.
Zum Mittagessen kehren wir ein in die Hacienda „Pinsaqui“, ein Gebäude von 1790.
Aus der einstigen Textilfabrik entstand ein reich ausgestattetes herrschaftliches, mondänes Anwesen mit vielen kostbaren Möbeln, Bildern und einem herrlichen alten Garten. Schon Simon Bolivar, der berühmte Freiheitsheld Südamerikas, hat hier 1827 übernachtet. Die Hacienda – eine Adresse zum Wohlfühlen.
Nach dem Essen geht es nach Cotacachi – ein schönes Andenstädtchen mit traditionsbewusster indianischer Bevölkerung. Bekannt ist dieser Ort durch die „Lederstraße“. 200 Lederwarengeschäfte reihen sich dicht an dicht in dieser Straße.
Schuhe, Taschen, Koffer, Stiefel, Jacken, Mäntel, Rucksäcke, Gürtel, Hüte, Handschuhe und Brieftaschen, alles aus Rindsleder, sind hier preisgünstig und in guter Qualität zu erwerben.
Letztes Ziel unserer Reise in den Norden Ecuadors die „Cuicocha“ – Regenbogen-Lagune. Sie ist die wohl schönste Lagune des Landes. Entstanden ist dieser Kratersee aus dem längst erloschenen Vulkan „Cotacachi“. Zwei kleine Inseln in der Mitte des Sees, dazu das weite Panorama der majestätischen Berglandschaften der Anden bieten dem Betrachter einen malerischen, unvergesslichen Anblick.
Das tiefblaue Wasser der 200 Meter tiefen Lagune lädt zum Baden ein. Doch das ist trügerisch bei nur 5 C° Wassertemperatur. Wer Zeit und Lust hat, kann den See zu Fuß in vier bis fünf Stunden umrunden. Diese Höhenwanderung an den Hängen des Kraterrandes ist für jeden ohne Schwierigkeiten zu bewältigen. Für eilige Touristen aber gibt es auch einen gut ausgebauten flachen Kammweg an einem Teilstück des Sees. Er ist eine Art botanischer Garten mit vielen Pflanzen des Hochparamo – der grünen Grenze, die hier in 3000 Meter Höhe zu Hause sind.
Wir übernachten in der Hacienda „Cusin“, ein im Kolonialstil erbautes Haus von 1602, ein ehemaliges Klostergut. Die anheimelnde Atmosphäre der alten Zeit ist hier noch überall spürbar. Eine verwunschene, weitläufige Gartenanlage mit großen Bäumen, vielen Vögeln und Schmetterlingen unterstreicht diesen Eindruck.
In den Zimmern gibt es keine Fernseher. Das ist gut so. Es ist viel romantischer in das flackernde Kaminfeuer zu schauen, umgeben von alten Bauernschränken und einer Balkendecke im Stil der Anden. Dabei eilen meine Gedanken schon voraus auf die nächsten Etappen unserer Entdeckungsreise durch Ecuador.
Fotos: Matthias Dikert
Weitere Informationen:
Botschaft von Ecuador
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