140.000 Besucher kommen jährlich zur Sandskulpturen-Ausstellung nach Sondervig. Diesjähriges Thema: die Winkinger Fotos: CTOUR/Fred Hafner

CTOUR on Tour: Zwischen den Meeren

Hvide Sande liegt auf der schmalen Landzunge Holmsland Klit. Auf der einen Seite braust die Nordsee, auf der anderen gibt sich der Ringkobing Fjord zahm.

So schmal, wie sie auf den Landkarten aussieht, ist sie dann auch wieder nicht: die berühmte Landzunge Holmsland Klit im westlichen Jütland. Aber sie fasziniert, und zwar sofort: Sand, Dünen, Strandhafer soweit das Auge reicht, dazwischen jede Menge Ferienhäuser mit jeglichem Komfort, in unterschiedlicher Preislage. Aber trotz der vielen Häuser – dazwischen ist jede Menge Platz. Selbst Hundehalter, die hier gern urlauben, kommen sich nicht ins Gehege.

Wasser spielt hier, 210 Kilometer nordwestlich von Flensburg, natürlich die größte Rolle. Beliebt sind in und um Hvide Sande vor allem das Surfen und Kitesurfen. „West Wind Nord“ heißt eine der größten Surfanlagen Dänemarks und im „Kabelpark Hvide Sande“ locken Wasserski und Wakebord-Erlebnisse. Wer aber meint, das sei „industrialisierte Freizeitindustrie“, liegt falsch. An der Küste laden weite Strände zu Wanderungen und im Sommer zum Baden ein. Im nahegelegenen Naturpark Skjern rasten tausende Vögel. Der Skjern ist der wasserreichste Fluss Dänemarks und mündet in diesem Gebiet in den Ringkobing Fjord. Vogelbeobachtungen, Radtouren (110 Kilometer sind es einmal um den Fjord) und Picknicks im Freien sind angesagt.

Radeln zwischen den Dünen – da trotzt man sogar dem Wind Ferienhäuser gibt es in Hvide Sande wie Sand am Meer – in allen Größen und Preislagen

Doch nicht nur Naturliebhaber, auch Technikfans kommen in Hvide Sande auf ihre Kosten: Der Leuchtturm Lyngvig blinkte 1906 erstmals. Er hat bis heute das höchste Leuchtfeuer (auf 55 Meter) Dänemarks. 228 Stufen steigt man hinauf, der Rundumblick beeindruckt. Das Leuchtfeuer wurde 1965 automatisiert, 2011 mit LED-Licht bestückt. Gebaut wurde Lyngvig übrigens aufgrund eines großen Schiffsunglücks in der Nordsee, bei dem wegen einer Grundberührung 24 Menschen ums Leben kamen. Das alles erfährt man während einer Führung auf dieses technische Wunderwerk. Geführte Aufgänge gibt es täglich, man darf aber auch individuell aufsteigen und einfach die zu Füßen liegende Landschaft genießen.

Wieder festen Boden unter den Füßen, ist der Besuch eines der zahlreichen Bunker aus dem 2. Weltkrieg ein weiteres lohnendes ZIel. 7.000 davon gab es allein an der dänischen Nordseeküste, weil die Nazis hier die Landung der Alliierten („Westfront“) erwarteten. Es kam anders: Briten und Amerikaner landeten an der französischen und belgischen Nordseeküste, die Bunker in Dänemark sind fast noch ursprünglich erhalten. „Krankenraum“, „Nachtglocke“, „Küche“, „Arzt“ „Funkraum“ ist in abgeblätterter Farbe, aber noch immer gut erkennbar“, hier zu lesen. Voraussetzung: Man schließt sich einer Führung an. Ausgerüstet mit Taschenlampe und Schutzhelm müssen die Besucher dann zwar auch schon mal auf allen vieren kurze Wege überbrücken, im Innern der riesigen Betonbunker staunen sie dann aber doch über deren Größe und Vielfalt. Individuelle Einstiege sind aus Sicherheitsgründen streng verboten, entsprechende Schilder warnen.

Wieder an Tageslicht, schauen die Touristen im Hafen von Hvide Sande gern den Fischern bei der Arbeit zu. Die fahren noch täglich aufs Meer hinaus und verkaufen ab späten Vormittag direkt an der Kaikante ihre frische Ausbeute. Hvide Sande hat zwar nur 3.000 Einwohner, ist aber der fünfgrößte Fischereihafen Dänemarks. Nach getaner Arbeit halten die kräftigen Fischer in Arbeitskleidung gern mal ein Pläuschchen. Andere Gäste unternehmen einen Segeltörn (200 Kronen, 28 Euro) mit dem alten Schoner „Maya“, wobei Anpacken beim Segelsetzen durchaus erwünscht, nicht aber Pflicht ist.

Doch es gibt auch Städtetourismus in der Region Hvide Sande. Landeinwärts am Fjord liegt Ringkobing. Die Stadt mit 9.700 Einwohnern wird „Westjütlands kleine Hauptstadt“ genannt. Sie existiert erst seit dem 15. Jahrhundert. Hier prägen malerische, gepflasterte Straßen noch heute ein mittelalterliches Bild. Stadt- und Kaufmannhäuser säumen die Wege, in der Altstadt herrscht reges Handelsleben.

Nach über 70 Jahren sind noch die deutschen Anschriften zu lesen

Noch so viel Natur-, Technik- und/oder Stadttourismus ist es Zeit für Gourmetgelüste. Fisch gibt es in allen Varianten und Zubereitungsformen – die Küche von einfach bis feinst. Aber es wartet noch eine Überraschung: Zehn Kilometer südlich von Ringkobing, in Stauning, wird in kleinen Mengen Whiskey gebraut. Das wäre hier im Norden Dänemarks schon überraschend genug, doch es gibt eine Steigerung: Der Whiskey aus Stauning ist inzwischen unter Kennern nicht nur hochgeschätzt und weltberühmt, er ist auch in internationalen Wettbewerben 2012 und 2013 immer wieder prämiert worden. Neun ehemalige Studenten verwirklichten auf einem alten Bauernhof ihren Traum – und brachten es richtig weit. Die Flasche kostet 700 Kronen (knapp 100 Euro), der Bedarf kann dennoch kaum gedeckt werden. Viele Spitzenrestaurants Dänemarks, auch in Kopenhagen, servieren Stauning-Whiskey. In der Destillerie ist alles Handarbeit – vom Korn bis zur fertig abgefüllten Flasche. Vision der drei Quereinsteiger ist, nicht nur einen guten, sondern den weltbesten Whiskey herzustellen. Produziert werden vorerst drei Sorten. Wem die Flaschen zu teuer sind, der nimmt an einer Führung und Verkostung teil. Mit 150 Kronen (21 Euro) ist man dabei. Besichtigen ohne Verkosten kostet geht übrigens auch, für 50 Kronen (7 Euro).

Hvide Sande bietet viele Möglichkeiten. Der Gast wird abseits vom Massentourismus sehr individuell behandelt, was bereits bei der Auswahl des Ferienhauses beginnt. Verständlich, dass viele Touristen „Wiederholungstäter“ sind. „Manche kommen seit 40 Jahren zu uns“, sagt Tourismusmanagerin Mette Trads Nielsen. Sie hat übrigens für ihre „Traumlandschaft“ sogar Kopenhagen hinter sich gelassen.

Info:
www.hvidesande.dk
www.visitnordjylland.dk

Fotos: CTOUR/Fred Hafner