CTOUR on Tour: Der Geschmack von Kampanien ist eine Reise wert

Vor Beginn der Grünen Woche 2014 in Berlin

Eine kleine Entdeckungs-Reise, um den Geschmack der Region Kampanien im Süden Italiens kennen zu lernen, muss in ihrer Hauptstadt Neapel beginnen. Hier startete auch zum Jahresende die Pressereise, die die italienischen Handelskammern dieser Region und in Deutschland organisierten. In Neapel wurde vor mehr als einhundert Jahren die Pizza erfunden, so heißt es, in der Pizzeria Brandi des Bäckers Esposito. Die Pizza, einst die Speise der einfachen Leute, erhielt damals ihren aristokratischen Ritterschlag durch die Königin Margherita. Davon zeugt heute ein eingerahmter Dankesbrief der Hochwohlgeborenen, der das Lokal schmückt. Die Pizza schmeckte und passte mit ihren drei Farben der italienischen Fahne (rote Tomaten, weißer Mozzarella, grüne Basilikumblätter) auch in die Gefühlswelt der Italiener. Doch die italienischen Gastgeber räumen auf Nachfrage gerne ein, dass wohl schon bei den Griechen etwas der Pizza sehr ähnliches auf den Tisch kam. Und selbst in Süditalien war sie schon früher verbreitet. Allerdings hatte der schlaue Bäcker Esposito dieses hochwohlgeborene Dankschreiben sorgsam aufbewahrt.

Neapel im Dezember (im Hintergrund der Vesuv)
Neapel im Dezember (im Hintergrund der Vesuv)

Dreieinigkeit Öl, Wein und Brot
In der Pizzeria Salvo traf ich mit dem Generalsekretär der italienischen Handelskammer der Provinz Avellino, Luca Perozzi, zusammen, natürlich zum gemeinsamen Pizza-Essen. Er erzählte von der Dreieinigkeit, die es nicht nur in der Religion seines Landes, sondern in der italienischen Küche gibt. In der Küche besteht sie aus dem Öl, natürlich kalt gepresst, dem Wein sowie dem Brot und all dem, was aus Weizen entsteht wie die Pasta. Die Pasta verbindet trotz ihrer Unterschiede in den Regionen alle Teile Italien. Die Wiege dafür lag im Süden, in Sizilien und Kampanien, den früheren Kornlagern Italiens. Gerade auch der Süden Italiens wurde über die Jahrhunderte durch eine Mischung der Kulturen geprägt, seine Köche waren immer offen gegenüber neuen Einflüssen und aus diesem Mix erwuchs diese ursprüngliche und exzellente Gastronomie. Luca Perozzi empfiehlt allen Touristen, nicht nur Neapel mit seiner malerischen Bucht und die berühmten Inseln Capri und Ischia zu besuchen, sondern auch neugierig auf ganz Kampanien zu sein.

Gaetano Petrillo
Gaetano Petrillo

Der Sommelier Petrillo im Wein-Bus
„Dort drüben auf den Hügeln liegt Montemiletto, der schönste Ort Italiens, “ rief Gaetano Petrillo und bekräftigte sein Urteil mit einem Lachen. Gaetano saß bei der Reise am Steuer des Kleinbusses auf der Straße von Neapel nach Bari. Eigentlich ist er Sommelier der umliegenden Weingüter. Aber vor fünf Jahren startete er mit drei Freunden ein Unternehmen, das Touristen zu den Weinbergen und Weinkellern der Gebirgslandschaft Irpinia östlich von Avellino bringt. Seinen Van benannte er um in „The Wine-Bus“ und seine ersten Gäste aus Europa, aber auch den USA, Australien und Japan machte er zu seinen Botschaftern, um neue Kunden anzulocken. Auf seinem Programm stehen auch Landgasthöfe mit dem Qualitäts-Siegel von agriturismo, wo den Touristen frische Zutaten und viel Hausgemachtes aufgetischt werden wie Carbonara, die klassische Pastasauce aus Knoblauch, Eigelb, Speck und Pecorinokäse oder die Spaghetti al Pomodore. Ein Markenzeichen der Region ist die Büffel-Mozzarella (La Mozzarella di Bufala) und nächste Station der Geschmacksreise.

Geburtsort der Pizza in Neapel
Geburtsort der Pizza in Neapel

Nilpferdische Büffel mit blutroten Augen
Die kleine Gemeinde Belizzi in der Provinz Salerno ist geprägt durch die Büffel-Mozzarella, das weiße Gold einer Region. Hier trafen wir Domenico Raimondo, den Präsidenten des Konsortiums „Mozzarella di Buffala Campana DOP“ mit Herkunftsgarantie. Mit 116 Molkereien, 1500 Züchtungsbetrieben für Büffel und 15.000 Beschäftigten in neun Provinzen entstand rund um diese Käse-Spezialität der viertgrößte landwirtschaftliche Handelsbetrieb Italiens. Bereits im 7. Jahrhundert kamen die ersten Büffel aus Ägypten nach Süditalien. In späteren Jahrhunderten arbeiteten sie wegen ihrer Kraft und der Leichtigkeit, mit der sie sich auf sumpfigem Boden bewegten, verstärkt als Lasttiere in den Ebenen Kampaniens. Sogar der Dichterfürst Goethe wird von seiner Italienreise aus dem Jahr 1787 zitiert, in der er über den Süden notierte… „wo wir den nilpferdischen Büffeln in die blutroten wilden Augen sahen”.

Erst später begannen die Büffelhalter damit, die Milch in den Räumen, in denen die Büffel gemolken wurden, durch Käsemeister aufzubereiten. Aus der Milch entstand Käse, Ricotta, Butter und der berühmte Mozzarella. Aufgrund seiner Verderblichkeit wurde der Mozzarella zunächst nur von den Familien verzehrt, die ihn produzierten und galt mithin als “Arme-Leute-Essen” von geringem Wert. Wenn heute die Touristen den Weichkäse, Zopf oder das Ricotta der frischen Büffel-Mozzarella verspeisen, nur mit Tomaten und Basilikum, auch in der geräucherten Variante, dann ist es für die Mehrzahl genauso wie für die Einheimischen ein Festessen. Er hält sich nur wenige Tage, denn er ist nicht pasteurisiert und wenn man ihn anschneidet, ist er weich und voller Buttermilch. Wer diesen Käse einmal gegessen hat, will nie mehr etwas anderes zu Tomaten und Basilikum auf seinem Teller haben. Und der Besucher kann vielleicht ein wenig nachempfinden, dass diese Käsesorte zum Bestandteil des Lebens der Süditaliener avancierte. Büffel-Mozzarella trat seit den 70er Jahren seinen Siegeszug überall in Europa an.

Pasta vom Fließband
Pasta vom Fließband

Doch der Erfolg hat auch seine Schattenseiten. Heute will die ganze Welt Mozzarella essen. Woher aber soll die ganze Büffelmilch kommen? In Italien gibt es nur etwa 600.000 Büffel, das heißt pro Tier etwa 20 Mozzarellas am Tag. Also kann man sich denken, dass ein Teil der Büffelmilch durch Kuhmilch ersetzt wird oder der Käse ganz aus Kuhmilch hergestellt wird.
Will man also sicher gehen, dass man einen Mozzarella aus 100% reiner Büffelmilch hat, muss man auf das DOP-Siegel, die geschützte Herkunftsbezeichnung, und den Namen Mozzarella di Bufala Campana achten.
www.lestradedellamozzarella.it
Der Barolo der Nudeln
Ein weiteres Symbol von Kampanien wie der italienischen Lebensweise insgesamt war eine knappe Autostunde von Neapel entfernt in dem Ort Gragnano zu finden. Er bezeichnet sich als ältester Ort der Herstellung von Pasta. Bereits zu Zeiten der Römer wurde der Hartweizen in Gragnano gemahlen und dann später die Tradition der getrockneten Pasta verbreitet. Seine Lage zwischen der Lattari Berggruppe und dem Meer sorgte für eine andauernde feuchte Brise, ideal zum Trocknen der Spaghetti, die damals im Freien auf langen Stöcken aufgehängt wurden.
Vor sechs Jahren hat sich an dieser traditionellen Stätte das junge Unternehmen Pastificio die Campi angesiedelt. Hier lernt der Besucher, dass die Pasta-Macher die Pasta nur aus Hartweizengries und Wasser, ohne Zugabe von Eiern, herstellen mit einem höheren Anteil an pflanzlichen Proteinen gegenüber herkömmlicher Produktion. Besonderer Wert wird auf die Qualität des Weizens gelegt, der von speziellen Getreidefeldern Apuliens stammt. Der hohe Aufwand, insgesamt werden täglich nur drei Tonnen Weizen verarbeitet, zahlt sich aus. Die „Luxus-Pasta“ aus Gragnano versorgt die Gourmet-Köche in aller Welt und natürlich auch den Touristen, der sich auf die Suche des Geschmacks von Kampanien begibt. Er hat die Wahl zwischen einer Pasta, die kurz, lang und in Form einer Muschel kreiert ist. Ein halbes Kilo der der teuersten Nudeln der Welt kann man schon ab fünf Euro nach Hause mitnehmen.
www.pastificiodeicampi.it
Wandern zu den Kastanien-Hainen
Das kleine Dorf Bagnoli Irpino in den Bergen von Avellino befindet sich im Herzen des Picentini Regional Parks. Der 80.000 Hektar große Park präsentiert grüne Täler und tiefe Schluchten mit Wasserfällen sowie in tausend Meter Höhe Kastanienhaine. In der Bergkommune leitet Salvatore Malerba in fünfter Generation einen zertifizierten Betrieb, der Kastanien verarbeitet. Er führt die Touristen mit Stolz durch alte Scheunen, in denen unter dem Feuer von Kastanienholz die Kastanien getrocknet und geröstet werden. In einer neueren Produktionshalle sortieren Frauen aus dem Dorf Kastanien auf dem Fließband. Und wie schon zur Römerzeit löffelt man die Kastaniensuppe, beißt in den Kastanienkuchen „Pancerotto“ und trinkt den Kastanienschnaps. Salvatore glaubt auch zu wissen, was die Touristen mögen und verkündet: „Im neuen Jahr werden wir ein Kastanienbier brauen“. Auf jeden Fall wollen seine Besucher die Kastanien-Haine sehen. Zu den altehrwürdigen Kastanienbäumen führt direkt von Salvatores Fabrik ein Wanderweg in die nahen Berge.
www.malerbacastagne.it
www.castagneperrotta.it
Weißwein aus dem Süden
Ohne den Wein ist der Geschmack von Kampanien nicht zu entdecken. Der Weinanbau reicht im Gebiet Kampanien bis ins 12. Jahrhundert vor Christus zurück. Erst die Etrusker, später dann die Griechen und Römer bauten in diesem Landstrich erste Reben an. Lange Zeit war die Region in Vergessenheit geraten, doch neue Qualitätsansprüche der Winzer lassen die Region langsam wieder aufleben. Dazu trägt auch der Weinbus von Gaetano Petrillo bei. Zu seinen Favoriten zählen die Weingüter Antonio Caggiano mit seinem wunderschönen wie ein Kunstmuseum gestaltetem Weinkeller in Taurasi, Mastroberardino, Feudi di san Gregorio und Salvatore Molettieri. Aus Taurasi stammen die besten Rotweine. Sie sind extraktreich mit Aromen von Pflaumen, schwarzen Kirschen, Gewürzen und Nüssen. Der Sommelier Petrillo ist beim Besuch der Weinkeller in seinem Element.

Werkstatt der Kastanienräucherei Fotos: R. Keusch
Werkstatt der Kastanienräucherei
Fotos: R. Keusch

Der meisterzeugte Wein in Kampanien ist allerdings der Weisswein Greco di Tufo, der DOCG Status besitzt. Der Greco di Tufo ist vom Aroma her fruchtig mit Anklängen an Äpfel, Birnen und reife Aprikosen. Ein weiterer DOCG-Weißwein aus Kampanien ist der Fiano di Avellino. Das Produktionsgebiet erstreckt sich über 26 Gemeinden der Provinz und umfasst das historische Gebiet von Lapio, wo die Griechen nach Überlieferung ihren ersten Weinstock gepflanzt haben. Die Trauben für diesen Wein kommen von den höher gelegenen Hügeln rund um das alte Dorf Lapio, im Herzens Irpiniens. Die Aromen sind geprägt von Ananas, Birne, Apfel, Honigmelone, Akazien, Mandeln, Haselnüssen und weiße Blüten. Am Gaumen füllig, saftig, mineralisch, zarte Würze, feinfruchtig, elegant …Können Worte den Geschmack ausreichend beschreiben?

Einladung zum Espresso
„Die beste Jahreszeit für eine Tour mit dem Wein-Bus liegt zwischen April bis Oktober“, resümierte Gaetano Petrillo. Aber natürlich habe auch die Nachsaison wie der Monat Dezember noch seine Reize. Schließlich erlaube auch zu dieser Jahreszeit meist sonniges Wetter, zum Mittagessen im Restaurant an Tischen im Freien zu sitzen und seinen Espresso zu trinken. Unterwegs macht Gaetano gern in einer kleinen Bar eines winzigen Ortes mit seinen Gästen Station. Dann sei es nicht selten, so der Reiseführer, dass die dort versammelten italienischen Pensionäre die weit gereisten Besucher sehr herzlich begrüßen und zu einem Espresso einladen. Nicht selten wohnen die Touristen in sehr teuren Hotels. Aber der Kaffee schmeckt überall gleich gut. Vor allem, wenn sie den Kaffee mitten in Kampanien trinken, dem Ziel ihrer Reise: das unverwechselbare Italien.
www.av.camcom.gov.it
www.thewinebus.it