CTOUR vor Ort: Lanze für kleinere Schiffe und Häfen

Norwegische Hurtigruten und Plantours beziehen Stralsund in ihr Ostsee-Kreuzfahrt-Programm ein

Große Schiffe, große Häfen – das liegt, so liest man´s in diversen Fahrplänen, anscheinend im Trend. Aber es gibt auch gegenteilige Entwicklungen. Wie es Expeditionskreuzfahrtschiffe seit langem vormachen: kleinere bis mittlere Schiffe mit deutlich weniger Passagieren und bisher wenig oder gar nicht bekannten Häfen.

MS+FRAM+vor+dem+Anlegen+(Foto
Während seiner einzigen Ostsee-Rundreise vom 12. bis 23.5.2013 läuft das bekannte Expeditionskreuzfahrtschiff MS „Fram“ am 13. Mai 2013 von Hamburg kommend via Nord-Ostsee-Kanal direkt die Hansestadt mit ihrer landschaftlich schönen Zufahrt zwischen Rügen und vorpommerschem Festland an. 2014 folgt die noch größere „Hamburg“ mit gleich zwei Anläufen und weiteren Optionen. Die UNESCO-Welterbestadt mit ihren Kulturdenkmälern der Backsteingotik hat es verdient! Wenn die Wetterbedingungen es erlauben und die Sicherheitsvorschriften erfüllt werden, könnte sogar am Hanse- oder Passagierkai direkt in der Altstadt vor Ozeaneum und „Gorch Fock“ (I) angelegt werden. Nicht nur optisch ein „Knaller“!
Nach „Bremen“ (6752 BRZ, Anlauf 2005) und „Vistamar“ (7478 BRZ, Anlauf 2008) wäre die „Fram“ das dritte Hochsee-Kreuzfahrtschiff in Stralsund. Die Abmessungen: 12.700 BRZ, 114 Meter Länge, 20,20 Meter Breite und maximal 5,50 Meter Tiefgang, 318 Passagiere.


Bezauberndes Ostseebad
Um einiges „dicker“ ist die 1997 in Wismar als „Columbus“ gebaute „Hamburg“: 15.000 BRZ, 144 Meter Länge, 21.5 Meter Breite und maximal 5,15 Meter Tiefgang. Sie wäre das größte Kreuzfahrtschiff, das jemals Stralsund angelaufen hat.
Beide Schiffe haben im Übrigen Maße, die gerade noch in den Hafen der Hansestadt passen. Was sicherlich auch für andere Häfen wie zum Beispiel Kalmar oder Rönne gilt. Die Ostsee ist nicht nur eines der weltweit beliebtesten Kreuzfahrtreviere, sondern bietet auch noch viele Häfen, an die bisher noch niemand ernsthaft gedacht hat. Zum Beispiel das bezaubernde Ostseebad Eckernförde zwischen Kiel und Flensburg. Die Reede bietet einen über 20 Meter tiefen Ankergrund direkt vor der Stadt und Ausflugsmöglichkeiten zum Beispiel ins Wikingerdorf Haithabu bei Schleswig an der Schlei.


Spektakulärer Meilenstein
Zu wünschen wäre auch, dass sich ein Sogeffekt einstellt und weitere Reedereien wie Veranstalter die attraktive Hansestadt in ihre Planungen einbeziehen. Dazu müssten natürlich die Konditionen stimmen und die jeweiligen Schiffsabmessungen zu den Hafenbedingungen passen. Stralsund würde als dritter Kreuzfahrthafen im Land – neben Wismar und Rostock – verstärkt in den Focus der Fahrplangestalter rücken. Der erste Anlauf am 13. Mai 2013 wäre nicht nur spektakulär, sondern auch ein Meilenstein in der kreuzfahrttouristischen Entwicklung. Neben Flusskreuzfahrtschiffen kann Stralsund als einziger Hafen im Land auch mit Hochseekreuzfahrtschiffen punkten. An den Planungen für ein Kreuzfahrtterminal auf der Insel Dänholm (nördlich der Rügenbrücke) wird bereits gearbeitet.


Klein, aber fein
In der schon legendären Hurtigruten-Flotte laufen im Übrigen drei auf der Stralsunder Volkswerft gebaute Schiffe, die den Grundstein für einen neuen Typ gelegt haben: „Kong Harald“ (6/1993), „Richard With“ (12/1993) und „Nordlys“ (4/1994). Neben dem Besuch der Hansestadt möchte die Reederei ihren Gästen auch die Geburtsstätte dieser Linienschiffe zeigen, die zu ihrer vollen Zufriedenheit das ganze Jahr auf der Route zwischen Bergen in Südnorwegen und Kirkenes an der russischen Grenze verkehren.
Auf dem Programm der Ostseereise 2013 stehen auch Gdynia/Polen, Tallin/Estland, Sankt Petersburg/Russland, Helsinki/Finnland, Mariehamn/Aalands Inseln, Kalmar/Schweden.
Die Ostsee-Reisen der „Hamburg“ stehen 2014 unter dem Motto „Auf den Spuren der Hanse“, wobei in Kiel gestartet wird und via Nord-Ostsee-Kanal Wismar, Stralsund, Heringsdorf, Flensburg und wieder Kiel angelaufen werden. Kleine, aber feine Häfen, die von den ganz Großen nicht angelaufen werden können, aber für viele Gäste, die alles Andere schon kennen und keinen Massenbetrieb mögen, umso interessanter sind. Wobei sie zu moderaten Preisen mitfahren können.

MS Hamburg läuft aus
MS Hamburg läuft aus

„Cruise Baltic“ bietet Chancen
In der rasch wachsenden Kreuzfahrtbranche werden frische Ideen gebraucht. Zum Beispiel der Zusammenschluss von Ostseehäfen, den man auch die „moderne Hanse” nennen könnte.
„Cruise Baltic” lautet der offizielle Name der Organisation. Unter dem Slogan „10 countries on a string” (Eine Kette von zehn Ländern) haben sich insgesamt 19 Ostseehäfen zusammengeschlossen, um den Nutzen ihrer Geschäfte gemeinsam zu mehren. Nur sind nicht – wie einst im Mittelalter – Handel und Kaufleute der Deutschen Hanse das Ziel, sondern „Traumschiff“-Reedereien.
Die Städte haben erkannt, dass sie im Werben um Kreuzfahrtschiffe in Wirklichkeit keine Gegner, sondern Partner sind: Je mehr Schiffe im Sommer die Ostseeregion besuchen, desto mehr Anläufe von Kreuzfahrtschiffen können die Häfen verzeichnen. Eine Partnerschaft mit Synergieeffekten. So sieht es auch Stralsunds Touristik-Chef André Kretzschmar, der den Gedanken unterstützt: „Stralsund würde von seiner Mitgliedschaft nachhaltig profitieren“. Unter dem Siegel der „Neuen Hanse“ kann viel wirkungsvoller bei Reedereien und Veranstaltern für mehr Anläufe von Fluss- und Hochseekreuzfahrtschiffen geworben werden.

Belebung des Bäderverkehrs
Bis zu 139 Anläufe mit 16.215 Passagieren konnte die Stralsunder Hafen- und Lagerhausgesellschaft (SHL) zeitweilig (2002) im Nordhafen registrieren. Die Nachfrage in diesem beliebten Fahrtgebiet stieg bis dahin so stark an, dass sich mehrere Reedereien dazu entschlossen, weitere für das Revier maßgeschneiderte Schiffe zu bauen. Insgesamt wurde es schließlich ein Dutzend.
Nach der Eröffnung des Ozeaneums, Museum des Jahres 2011, auf der nördlichen Hafeninsel im Sommer 2008 konnten vermehrt Anläufe von Flusskreuzfahtschiffen am Sund verzeichnet werden. In diesem Zusammenhang wird auch an eine Belebung des Bäderverkehrs von den Seebrücken Rügens und Usedoms zur neuen Attraktion des Hafens gedacht (eine Route zur Seebrücke in Devin mit der Weißen Flotte gibt es schon). Die über 750 Jahre alte Meer- und Hafenstadt Stralsund mausert sich wieder zum maritimen Mittelpunkt des Nordostens.

Fotos: CTOUR/Dr. Peer Schmidt-Walther