CTOUR vor Ort: Rosenrausch in Bulgarien

Der Auftakt der Verführung war ein leuchtend rotes Rosenposter am von Touristen gern frequentierten Hackischen Markt in Berlin. An einem Stand voller rot rosa leuchtender Fläschchen und Gläschen. Hergestellt von der Expertin Ekaterina, mit Blütengirlande im Haar.

Es heißt, sie hätte magische Kräfte. Und einige ihrer Kunden glauben das nach einer Rosenreise auch.
Kopfschüttelnd: „Nein, nicht zu süß, die Wildrose ist einen Hauch bitter. Wie Bitterschokolade! Oh, haben sie schon jemals Rosenschokolade gekostet?“ Und schwups eine Sekunde später, zerlief ein Rippchen davon im Mund der neugierigen Fragestellerin. Knäckebrot mit Rosenmarmelade bestreichend, umgarnte Ekaterina mit ihrer Verführungskunst. „Riechen sie hier, fühlen sie da. Möchten sie den Rosensirup für das morgendliche Müsli kosten,….?“
Dem kritischen guckenden Gatten flüsterte sie im Puderzuckertonfall fast ins Ohr:
„Sensitivität und Sinnlichkeit sind die Basiszüge, die Rosenliebhaber so an sich haben.“ Inzwischen durfte die rechte Hand der „fast schon Kundin“ erleben wie sich Rosencreme auf ihrer Haut anfühlt. Das dieser Samstagmorgen nasskalt war, der Wind zog, zählte nicht mehr. Nach der schnöden „Kaufabwicklung“, Geldwechseln hin und her , kam sie auf die „Verzauberungen“auf ihren Rosenreisen zu sprechen. Jährlich zweimal verführt sie Touristen in das Tal der wilden Rosen nach Bulgarien. Ihrer ursprünglichen Heimat. In der Zeit der Rosenernte im Mai/Juni sind alle umliegenden Dörfer von einem Duft umhüllt. Ein Duft, der sich in Haare und Kleider zieht. Eine halbe Autostunde entfernt, auf einem kleinen Gemüsemarkt, konnten die Menschen noch riechen, woher die Reisegruppe kam.
Weit über den Verkaufstisch gebeugt, flüsterte Ekaterina dem Pärchen zu: „Wissen sie, die Rosen machen etwas mit den Menschen. Manche blühen richtig auf. Sie entkrampfen, sie werden weich. Auf meinen Rosenreisen erlebe ich, dass Menschen die beim Hinflug noch froh wären wenn der Sitz neben ihnen frei bliebe, genau diese vormals „Eisigen“, auf der Heimreise ihren Sitznachbarn intimste „Episödchen“ erzählen. Von Rosen bleibt eben niemand unberührt.

Damaszenerrosen
Damaszenerrosen

Im Tal der Damazener-Rosen, 150 km von der Hauptstadt Sofia entfernt, zwischen Sredna Gora und den Nordhängen des Balkan Gebirges, liegt Bulgariens Rosenparadies. Ab 20. Mai beginnt die Erntezeit. Eine Rosenreise ist nach wie vor aus verschiedenen Gründen ein Abenteuer. Bulgarisch zu können ist ein Muß. Englisch spricht keiner. Wer sich in die Natur einfühlen will, braucht einen heimischen Wanderführer. Markierungen für Touristenströme passen nicht in die wilde Natur.

Rosenmaske
Rosenmaske

Ekaterina El Batal bucht für ihre höchstens zwei Dutzend Gäste im Jahr ganz spezielle Pensionen bei Rosenbauern. Bekocht werden die Gäste aus dem Gemüsegärtchen hinterm Haus. Und wenn schon Fleisch, dann das gackernde Huhn vom Nachbarn nebenan.

Geerntete Rosen
Geerntete Rosen

 

 

 

 

 

 
Die um das kleine Handwerksstädtchen Kalofer herum geernteten Rosenblätter sollen die Ölqualität der türkischen, iranischen und afghanischen, haushoch übertreffen. Etwa 75 % des Rosenöls weltweit wird in Bulgarien gewonnen. Für einen Liter Rosenöl braucht man 3 1/2 Tonnen Blütenblätter. Früher tauschten die Händler ein Kilo Rosenöl für ein Kilo Gold. Heute liegt der Preis bei € 7000,-. Versierte Pflücker schaffen bis zu 70 kg Blüten an einem Tag. Geerntet wird kurz bevor die Sonne aufgeht bis 11.00 Vormittags. Bis dahin enthält die Blüte eine gute Öl-Konzentration. Der Lohn liegt um die 15 Euro Meist sind es Roma-Familien. Vom Schulkind bis zur Oma, mit strahlendem Lächeln und blinkenden Silberzähnen. Die nächste Ernten fallen in den Lavendelfeldern an. Könnte sein, dass dann noch die üppig wachsenden Kamillenstauden hinzukommen. Das einzig verschwenderische, was die bescheiden lebenden bulgarischen Landfamilien erleben, sind die Düfte. Die Rosen haben noch viele Dornen. Anders als die domestizierten, auf edel getrimmten Gartensorten. Man sagt mit dem Verlust der Dornen ging der Verlust des Duftes einher.

Bild 5
Wie der Duft in die Flasche kommt:
Zunächst werden die Rosenblüten in einem Kessel gekocht, der Dampf mit dem ätherischen Öl wird gekühlt und das grüne 1. Öl wird in einem Florentiner-Gefäß separiert. In einem zweiten Destillationsvorgang wird dann das verbliebene Rosenwasser ein zweites Mal gekocht. Das dabei entstehende gelbe 2. Öl wird mit dem 1. Öl zum dann fertigen Rosenöl gemischt.
Damit ist der wertvollste  Basisstoff für Chanel No.5 gesichert. Christian Dior, Nina Ricci, Kenzo, Givenchy und Gucci gehören zu den weltbekannten Marken, die alle Rosenöl als einen wesentlichen Bestandteil für ihre Parfüme verwenden.

Bild1 titelfoto Rosen

Auch die Rosenreisenden sitzen nachmittags nicht untätig vor ihren
Rosenblütenblätterkörben. Unter freien Himmel, im allgegenwärtigen Duft der Rosen, folgen sie Ekaterinas Anleitungen zur Erstellung von Rosencreme, Zahnputzcreme mit Blütenblätterstaub und dem Gebirgsrosensalz. Nach Sonnenuntergang gehts an den Herd. Zum Rühren der Rosenkonfitüre, des Rosenhonigs und des Sirups.
Wer in seiner Experimentierfreude mit Rosen später zu Hause noch Nachhilfe braucht, kann sich Rat in ihrer Berliner Küche holen.

Weitere Infos:
www.Rosenreise.de