BUS-AKTIONSTAG IN BERLIN

170 Millionen Euro für Reisebusunternehmen

„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!“ – „Europa ohne Reisebus ist wie Dolce ohne Vita!“ – „Verein ohne Reisebus ist wie Tor ohne Jubel!“.
Solche und ähnliche kreative Sprüche waren auf vielen Karossen der rund 1000 (tausend!) Reisebusse aus allen Teilen Deutschlands zu lesen, die am Mittag des 17. Juni zu einer großangelegten Sternfahrt in die Berliner City zur Straße des 17. Juni bis zum Brandenburger Tor gerollt waren.
Anliegen dieses bereits 2. Aktionstages war es, die durch die Corona-Pandemie seit März stark gebeutelte, ja existenzbedrohte Busbranche am Leben zu erhalten. Unter dem Motto „Honk for Hope“ (Hupen für Hoffnung) zwängten sich die Buskarawanen auf verschiedenen Routen hupend durch die Hauptstadt, um der Bundesregierung und den Parteien den Ernst der Lage deutlich zu machen.

Pünktlich zum Start der Sommerreisesaison ging es um nichts weniger als den Erhalt des komfortablen, flexiblen, sicheren und umweltfreundlichen Verkehrsmittels Omnibus und das  Weiterbestehen des mittelständisch geprägten Busgewerbes als wichtiger Faktor von Tourismus und öffentlichem Nahverkehr.

Straße des 17. Juni – Richtung Brandenburger Tor

Veranstalter des „2. Aktionstages zur Rettung der Reisebusunternehmen aus der Coronakrise“ waren die drei Spitzenverbände der Branche: Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo), Internationaler Bustouristk-Verband (RDA) und Gütegemeinschaft Buskomfort (gbk). Sie hatten im Vorfeld darauf verwiesen, dass es um die Sicherung von immerhin 420 000 Arbeitsplätzen in rund 3 500 Betrieben gehe.

Blickrichtung Siegessäule

Einer der vielen Busfahrer – Ralf Schibich aus Aalen-Ebnat in der Schwäbischen Alb – hatte die 560 Kilometer von seiner Heimat an die

Spree im Interesse der Sache gern zurückgelegt.
„Am 1. Aktionstag war ich in Stuttgart dabei. Weil damals nicht viel für uns herausgekommen ist, stand für mich fest, diesmal mit nach Berlin zu fahren und hier zu protestieren.“ 

Ralf Schibich arbeitet für das Unternehmen „Beck+Schubert“ (Verkehrslinien / Omnibusreisen),  das insgesamt 23 Busse betreibt. Hier sein kurzer Lagebericht:

„Als der Lockdown und das Verbot von Busreisen begann. sahen wir uns gezwungen, trotz voller Auftragsbücher sofort alle 13 Reisebusse stillzulegen und abzumelden. Dadurch entstanden erhebliche Einnahmeausfälle, die wir ohne staatliche Hilfe nicht verkraften können. Die Büro- und Verwaltungskräfte sind in Kurzarbeit gegangen. Jetzt, da die Reisebeschränkungen wegfallen, arbeiten wir daran, die Busreisen mit dem nötigen Abstands- und Hygienekonzept wieder in Gang zu bringen. Doch wir haben es nun mit vielen verunsicherten Kunden zu tun, hoffen aber, unser Publikum wiederzugewinnen. Denn die Vorzüge der Bustouristik liegen ja auf der Hand.“

Eines macht diese Schilderung aus der Praxis auf jeden Fall deutlich: Die Busreisebranche ist noch nicht über den Berg…

Sichtbarer Protest gegenüber der Redner-Tribüne

Die Spitzenverbände der Busbranche  bdo, RDA und gbk legten auf dem Aktionstag einen 6-Punkte-Katalog „Dringende Maßnahmen zur Rettung der Reisebusunternehmen aus der Coronakrise“ vor, zu dem sie mit der Regierung und Parteien im Gespräch sind. Obenan steht der fahrzeugbezogene Fixkostenersatz für die Zeit des Verbotes von Busreisen in geschätzter Höhe von 170 Millionen Euro.

bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonhard und Verkehrsminister Andreas Scheuer (r.) sprachen auf der Abschlusskundgebung

Und genau dazu hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) etwas Positives aus der Regierung mitgebracht. Auf der Abschlusskundgebung kündigte an, dass in Absprache mit Kanzlerin Merkel und Finanzminister Scholz im geplanten Nachtragshaushalt eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 170 Millionen Euro zusätzlich für Reisebusunternehmen bereitgestellt werden. Wenn der Bundestag, voraussichtlich nächste Woche, den Haushalt billigt, könnten die Busbetriebe bereits im Juli über das Geld verfügen. Natürlich gab es für diese Mitteilung viel Lob und Beifall am Brandenburger Tor.

Der Präsident des bdo Karl Hülsmann, selbst erfahrener Busunternehmer, sagte mir exklusiv zu dem alles in allem erfreulichen Aktionstag:

„Wichtig war, dass die Dinge in unserem Verband gründlich vorbereitet und mit dem Ministerium abgestimmt wurden, so dass die zugesagten 170 Millionen Euro jetzt auch fließen können. Ebenfalls wichtig war, dass die Unternehmen gesagt haben, wir sind bereit herzukommen und damit zu demonstrieren, wie groß die Not ist. Beides gemeinsam hat am Ende dazu geführt, dass Minister Scheuer seine Ankündigung umsetzen konnte, aus seinem Haushalt das Geld zu nehmen und die Politiker der wesentlichen Parteien das mitgetragen haben. Ich bin optimistisch: Falls es weitere Probleme geben sollte, haben wir die richtigen Ansprechpartner, mit denen wir darüber reden können.“

Geballte Bus-Power im Herzen der Hauptstadt, womit sicher auch in Zukunft zu rechnen ist

So gesehen, ist an diesem 17. Juni 2020 durch ideenreiche und robuste Aktion ein wichtiges Etappenziel zur Rettung der Busunternehmen und damit auch und gerade zur Wiederbelebung der Bustouristik erreicht worden. Als Reisejournalisten-Vereinigung CTOUR werden wir bei diesem Thema natürlich am Ball bleiben.

Weitere Informationen:
Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo)
www.bdo.org
Internationaler Bustouristik-Verband (RDA)
www.rda.de
Gütegemeinschaft Buskomfort (gbk)
www.buskomfort.de

Fotos (8): Manfred Weghenkel